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EINLEITUNG

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der reformatorischen Katechetik, auch wenn diese beiden katechetischen Schriften in
Straßburg selbst wohl weniger den kirchlichen Unterricht bestimmt haben18. Ein
Zeugnis damaliger kirchlicher Unterweisung in den Schulen Straßburgs stellt Otto
Brunfels’ »Catechesis Puerorum« (1529)19 dar, deren dritter Teil einen Katechismus
enthält mit der Erklärung der Glaubensartikel, Sakramente, des Dekalogs und des
Vater Unsers.
Unter allen aufgeführten Schriften ragt Capitos Kinderbericht von 1527 als erster
Katechismus der Reformation in Straßburg selbst heraus. Daß er zunächst anonym
erschien, mag in seiner Bestimmung begründet liegen, allen Pfarreien als Unterrichts-
werk zu dienen, und darin, daß er als ein solches von allen evangelischen Pfarrern auch
anerkannt wurde20.
Auch die Überschrift vor den Fragstücken in der deutschen Ausgabe des Kinderbe-
richts von 1527 (Bl. A. 2. 2 a) wirft ein Licht auf die damalige Praxis der Straßburger
Pfarreien: »Der kinderbericht: vnd fragen, auß den von vns, den dienern im wort zu
Straßburg, mermal im jar die kinder irs glaubens erfordert vnd weiters zu Christlichem
verstandt vnderwisen vnd bericht werden«21. Demnach wollten die Pfarrer die Kate-
chumenen mehrmals im Jahr einer Prüfung unterziehen, in der diese ihre Kenntnisse
und somit den Erfolg der Katechese zu erweisen hatten22.
Schon der Blick auf die Verbreitung katechetischer Literatur in Straßburg läßt auf
rege kirchliche Tätigkeit in der Unterweisung der Jugendlichen schließen.
So ist davon auszugehen, daß die oben erwähnte Regelung von 1526 auch tatsäch-
lich praktiziert wurde. Die Kirchenordnung von 1534, in der die »gemeynen kinderbe-
richt, so alle Sontag gehalten«23 als etabliertes Institut kirchlicher Jugendarbeit be-
zeugt werden, verordnete zusätzlich vier »gemeyne kinderbericht« im Jahr, am ersten
Sonntag im März, Juni, September und Dezember, mit der Maßgabe, im Gottesdienst
der jeweils vorhergehenden Woche »ein besonder predig von der zucht der kinder an
die elteren« zu halten und diese zu ermahnen, »das jedes seine kinder und gesind fleissig
18. Dies trifft in jedem Fall für das Gesprächsbüchlein vom Anfang des christlichen Lebens
von Johannes Bader zu, das trotz des möglichen Druckortes Straßburg (1526) lediglich in
Landau Verbreitung gefunden hat (vgl. Ernst/Adam, S. 20f., Anm. 1).
19. Vgl. Ernst/Adam, S. 36ff. Zur kirchlichen Unterweisung in den Schulen vgl. S. 107ff.,
S. 112f.
20. Dem würde die Erwähnung des Autors in der Neuauflage von 1529 gut entsprechen, da ja
gerade in der Zwischenzeit deutliche Zeichen theologischer Divergenz zwischen Capito und
Teilen der Straßburger Predigerschaft und vor allem B. aufgetreten waren. Vgl. die Capito und
den vermeintlichen Einfluß des Cellarius auf die Straßburger Prediger betreffende Klarstellung
in B.s Schreiben vom 24. 6. 1528 an Zwingli nach dem Erscheinen von Capitos Hoseakommen-
tar. Vgl. J. W. Baum, S. 408ff.; Adam, S. 119.
21. Cohrs 2, S. 100, Z. 2ff. Im Kinderbericht von 1529 beginnen die Fragstücke mit der
Bemerkung des »Vnderweisers«: »Ich will nu besehen vnd prüfen, was dir Gott geben hab zuo
behalten von gehörter leer, auf das wir nit vergebens arbeyten. Vnd will dazwischen weyters
bericht geben, wie es sich zuoträgt vnd mir vom herrn verlühen würt.«
22. Ungewiß bleibt die Frage, ob solche Examen im Zusammenhang mit der Zulassung zum
Abendmahl veranstaltet wurden. Vgl. die Variante D zu Cohrs 2, S. 100, Z. 10ff., und Cohrs 2,
S. 88f. Vgl. auch R. Bornert, a.a.O., S. 174.
23. BDS 5, S. 34, Z. 16.
 
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