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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0075
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VON DER WAREN SEELSORGE

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an den Fernerstehenden geübt werden. Der Titel des Buches bringt
gleich zum Ausdruck, daß dieses Amt nach seinem Vorbild gestaltet
werden muß. Wie es von Christus selbst eingesetzt ist, so müsse es
auch nach seiner Weise ausgerichtet und erfüllt werden.

Seinen einzigartigen Charakter hat das Amt in der Bestellung durch
Christus, aber auch darin, daß es nur in seiner Kirche ausgeübt werden
soll. Diese Tatsache wird bewußt unterstrichen. Bucer zerbricht sich
nicht den Kopf darüber, wie er die irdische Kirche besser bezeichnen
soll. In biblischen Ausdrücken spricht er in diesem Buch von der
Kirche und dem Amt und beschreibt damit die empirische Gemeinde
und ihre Dienste.

Die späteren Nachdrucke haben vor den Titel sinngemäß » Pastorale «
gesetzt. Sie knüpfen damit an einen seit den Zeiten der Alten Kirche
bekannten und geläufigen Titel an und verdeutlichen damit Bucers
Absicht. Seine Schrift ist für die praktische Arbeit bestimmt. Es soll
sich aber in ihr nicht nur um die Verrichtung der kirchlichen Aufgaben
und Pflichten handeln, sondern auch um die Kirche, ihre Ämter und
die Einsetzung in ein Amt. Bucer setzt den Kirchenbegriff voraus und
betont, daß es in der Kirche nur eine rechte Weise des Gottesdienstes
und des Dienstes am Nächsten gebe. Das spezielle Anliegen des Ver-
fassers, für die Hebung des christlichen Lebens in seiner Gemeinde zu
sorgen, wird nicht besonders hervorgehoben. Es heißt auch nicht, daß
die Ordnung nur für Straßburg gilt. Sie wird so allgemein gefaßt und
in ihr wird so wenig an örtliche Voraussetzungen angeknüpft, daß sie
überall verwirklicht werden kann.

Ebenso wesentlich ist der Untertitel. Bucer bringt mit ihm zum Aus-
druck, daß der rechte Gebrauch der Gnadenmittel das eigentliche Heil-
mittel für alle Schäden in der Kirche biete. Wo es eine Gemeinde gibt,
die das Wort und Sakrament recht braucht, da müssen Spannungen
und Trennungen verschwinden, da müssen Friede und Einigkeit
herrschen.

Wenn Bucer im Titel seines Buches schon die Feststellung von der
»jämerlichen und verderblichen Spaltung und zertrennung der
Religion« macht, so will er zum Ausdruck bringen, daß an dieser Stelle
das brennendste Problem seiner Zeit liegt. An der kirchlichen Zerrissen-
heit hat der Reformator mit großem Schmerz getragen. Er hat aber
auch lange Zeit daran gearbeitet, die Spaltung zu überwinden und
Katholiken und Protestanten, Lutheraner und Zwinglianer, ja ebenso
seine Straßburger Gemeinde mit den Schwärmern und Täufern wieder
zu vereinigen. Bucer hatte für die innerprotestantische Einigung bisher 5

5. Vgl. Köhler I und II, und E. Bi^er: Studien zur Geschichte des Abendmahls-
streites. 1940.
 
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