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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0082
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1538-1539

werden sollen, christliche dapfere, denstüche und eyfrige menner ver-
ordnen von Regiments personen und schoflen und derselbigen in etwas
tapfer anzahl als die oberen Zuchtherren 31«. Da anscheinend Miß-
verständnisse hinsichtlich der Aufgaben dieses Amtes bestanden, entwarf
Bucer ein Gutachten, »wegen der Kirchenpfleger« 32. Dieser Text wird
als Anlage 2 erstmalig mitgeteilt, nachdem er des öfteren schon benutzt
worden ist 33.

Die Einrichtung des Amtes der Kirchspielpfleger war vom Rat erst
nach schweren Bedenken beschlossen worden 34. Die Träger dieses
neuen Amtes mußten, wie es Bucer vorschlug, jährlich gewählt werden.
Hatte Bucer in seinem Memorandum gesagt, daß es ein Aufsichtsamt
über Pfarrer und Helfer und zugleich ein Amt zur Überprüfung aller
Gemeindeglieder sein sollte, so begegnete er damit den Wünschen der
Bürgerschaft nicht. Auch die Gewählten waren mit der Bestimmung
ihres Amtes nicht einverstanden. Es behagte ihnen nicht, daß sie die
Kirchenzucht beaufsichtigen und handhaben sollten. Sie lehnten eine
derart weitgehende Mitwirkung in der Kirche ab 33. Die Kirchspiel-
pfleger sollten nicht diese Pflicht allein haben, sie sollten auch wesent-
liche Rechte besitzen. Das wichtigste davon war die Pfarrerwahl. Der
Kirchspielpfleger hatte einen Ausschuß von zwölf frommen Männern
zusammenzubringen, der die Wahl vollziehen sollte. Bucer hielt sich
an den altkirchlichen Grundsatz, das Hirtenamt sei so groß und wichtig,
daß man bei der Wahl nicht fleißig genug sein könne 36.

Bereits in der Straßburger Kirchenordnung von 1534 klingen einige
Gedanken an, die Bucer in unserer Schrift erst näher begründet und
anführt. Dort hatte er geäußert, daß zur »uffbauung gemeiner kirchen«
nicht nur Lehre und kirchliche Bräuche gehören, sondern als dritter
Faktor noch die »Erforschung des Lebens« 37. War die Lehre in Straß-
burg nach langen Erörterungen und Kämpfen entschieden und hatte
man sich auf die Confessio Tetrapolitana und die 16 Artikel der Straß-
burger Synode geeinigt, so mußten die beiden weiteren Grundlagen
zur Klärung geführt werden 3®.

Die äußere Ordnung war in der Kirche schon lange geübt und hatte

31. Thomas-Archiv, Nr. 84, car. 48, Bl. 4b, ca. 1530.

32. Im Thomas-Archiv, Nr. 38 (20,1), ohne Überschrift, von Hubert geschrieben
und mit dem Vermerk: »Bucerus 1532« versehen.

33. Vgl. G.J. v. d. Poll: M. Bucers liturgical ideas. 1954. S. 26f.

34. Vgl. Adam, S. 177 ff.

35. Vgl. G. Anrich in: H.-v.-Schubert-Festschrift. 1929. S. 63.

36. Vgl. Thomas-Archiv, Nr. 45 (23,1), »Ordnung und Kirchengebrauch für die
Pfarrerund Kirchendienern zu Strasburg ...«, 1534.

37. A. L. Richter: Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts. I.
1846. S. 232.

38. Vgl. Wendel: Eglise, S. 243ff.
 
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