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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0086
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82

SCHRIFTEN DER JAHRE 1538-1539

wie Gott in seinem Gesetz befohlen und der Geist Christi in allen, die
er führet, selbst lehret und treibet, alles ihr Vermögen dahin richten,
daß bei ihren Unterthanen Gottes Name geheiligt, sein Reich erweitert
und seinem Willen gelebt werde, so viel sie immer mit ihrem Amt dazu
dienen mag«. Auch die Artikel 15-16 klingen in diesem Zusammenhang
bei Bucer wieder an: »Die Obrigkeit aber wird demnach ihrem Amt
zur Heiligung seines Namens und Erweiterung seines Reichs recht
handeln, wenn sie in allen Treuen, wie sie vor Gott erkennt und vermag,
vorsieht, daß bei den Ihren Gottes Lehr rein und rechtschaffen geführet,
jedermann verkündigt, denen, die darin abziehen wollen ihr gotloser
Frevel in Widersprechen und Lästern und dann auch in den groben
äußerlichen Ärgernissen des Lebens gewehrt werden: denn je die Obrig-
keit das Gute fördern und das Böse durch Strafe abtreiben soll ... 5I«.

Bevor Schwenckfeld die Stadt im September 1533 verließ, übergab er
dem Rat noch ein Schriftstück »Über den Artikel über die Oberkeit 52«.
Die endgültige Entscheidung fällte der Rat am 23. und 24. Oktober
1533, wobei er erklärte, »daß eines Raths Meinung nit sei. Jedermann
im Glauben zu zwingen, sondern allein Rottung, so zur Trennung
gemeiner Polizei dienen möchte, zu stillen 53«. Auf die Kirchenzucht
ging der Rat daher nicht ein, aber bei der »Straßburger Lehre« zu
bleiben, das wurde jedem Bürger auferlegt.

In seinem Gutachten »Wie eine christliche Obrigkeit sich gegen die
Wiedertäufer verhalten soll 54« ging Bucer im einzelnen auf die Frage
ein, daß die Obrigkeit für die Aufrechterhaltung der reinen Lehre zu
sorgen schuldig sei. Sie dürfe niemand gestatten, mit Worten oder
Werken dagegen zu handeln. Sie könne dabei auch solche nicht schonen,
die vorgeben, aus Gewissensgründen nicht anders zu können. Diese
Anschauungen werden in Briefen und Predigten noch näher ent-
wickelt und vorgetragen. Am 30. Oktober 1533 schrieb Bucer an
Bullinger: »Catabaptistae rectius de istis sentiunt. Dum enim volunt,
magistratum alienum esse a cura religionis, functionem eius ex toto
impiam faciunt. Intellexerunt enim, nullum munus a christiano geri
posse, quod non imprimis serviat religioni 55.«

Die Auswirkungen der Straßburger Synode mußten dieses Gebiet
des Kirchenrechtes und seiner praktischen Handhabung besonders be-
rühren. Hatten die Prediger am 23. Oktober 1533 einen Bedacht »Von
den kirchengebrauchen und Verbesserung der Presidenten und kirchen-
pfleger« eingereicht, so wollten sie doch nicht endlos auf eine Ent-

51. Ebd. S. 267.

52. Corp. Schw. IV, 300ff.

53. Vgl. B. an A. Blarer, 23. Oktober 1533; Schieß I, S. 435 f.

54. Straßburg, Stadtarchiv, AA 399, 27.

55. T. B. VI, S. 194.
 
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