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SCHRIFTEN DER Jx\HRE 1538-1539
der büß und Zucht gar getrewlich und ernstlich geübet. Was schweren
mangels von zanck, zwitracht, streit, rotten, schwerer unzucht beklaget
sich der h. Paulus an den Corinthern im i. [ioff.], iiii [6£.], v. [iff.]
vi. [iff.], xi. [iyff.] der ersten, Im xii. [20h], xii. [2] der andern zun
Corinthern. Was schwerer klagen hat dann auch der h. martyr Cypria- 5
nus 327 über die seinen gefüret, wie auch Tertullianus 328 und alle Alten.
Auß disem haben wir ja nun wol zu sehen, das uns weder die menge
der leut, noch vile der gepresten w an unseren leuten entschuldigen mage,
wa wir die Zucht und büß nit mit allem ernst understohn in der Kirchen
wider uffzubringen, ja, eben diß würt uns am meysten anklagen und 10
verdammen. Dann ye mehr der schafen Christi sind und ye mehr sie
an inen selb verletzet und verwundet sind, wie sie auch in grosser gfar
sind von wegen der miteingemischeten böcken, von denen sie täglich
noch schwerer verletzet und verwundet werden, sovil mehr sollen alle
Christen, alle die, in denen unser Herr Jesus, der güte hirt, der seine 15
schäflin on raht nit lassen mage, lebet und aber am aller fürnemsten,
die, so er zü diser seelartznei verordnet hat, sorg haben und den höchsten
fleis und ernst ankeren 329, das dise seelartznei wider recht erkant, be-
wisen und angenommen werde.
Wo die, so zeitlich regieren, vil volcks zu verse- [80 (X 4) b] hen 20
haben, es sei in stetten, in höfen, in kriegsheeren, in schiffarten, so ordnet
man der uffseher und anrichter 330 alles des, so zü güt x solcher gemeyn-
schafft erfordert würt, auch desto mehr. Das alte volck Gottes war in
seer grosser anzal, aber da yeder stamm, yedes geschlecht, yedes hauß
sein eygnen regierer und uffseher hatte, da besondere hauptleut über 25
tausent, über hundert, über zehen geordnet waren 331, da konde man
wol allenthalben züsehen, und allen schafen recht thun. Treibet nun die
zeitliche notturfft, ja offt lauter mütwille, wie leyder in kriegen, die
unsere Fürsten gegen eynander füren 332, wie das merertheyl 333 gesehen
würt, die leut dahin, das sie es also versehen und verordnen könden, 30
das, wie groß die menge der leut ist, dannoch zü eynem yeden gesehen
und eynem yeden raht an leiplichem gethon würt, Warumb solle uns
w) multitudo vitiorum. - x) ad emolumentum atque commodum.
327. Cyprians Klage über den sittlichen Zustand in seinen Gemeinden Ep. 55,12
(CSEL 3,2,632); vgl. Attendorf: Einheit und Heiligkeit der Kirche. 1932. S. 102ff.
328. Tertullian: De paen. c. 7fr. (CChr I, 332fr.).
329. Daransetzen.
330. Institutoren; Grimm I, Sp. 429.
331. Ex 18,21. 25.
332. Fürsten führen Kriege aus Mutwillen, vgl. Eras?nus: Querela pacis (CI II,
633. 637). Die Querela pacis besaß B. bereits 1518, vgl. Rchrich: Gesch. I, S. 440 bis
443.
333. Größtenteils.
SCHRIFTEN DER Jx\HRE 1538-1539
der büß und Zucht gar getrewlich und ernstlich geübet. Was schweren
mangels von zanck, zwitracht, streit, rotten, schwerer unzucht beklaget
sich der h. Paulus an den Corinthern im i. [ioff.], iiii [6£.], v. [iff.]
vi. [iff.], xi. [iyff.] der ersten, Im xii. [20h], xii. [2] der andern zun
Corinthern. Was schwerer klagen hat dann auch der h. martyr Cypria- 5
nus 327 über die seinen gefüret, wie auch Tertullianus 328 und alle Alten.
Auß disem haben wir ja nun wol zu sehen, das uns weder die menge
der leut, noch vile der gepresten w an unseren leuten entschuldigen mage,
wa wir die Zucht und büß nit mit allem ernst understohn in der Kirchen
wider uffzubringen, ja, eben diß würt uns am meysten anklagen und 10
verdammen. Dann ye mehr der schafen Christi sind und ye mehr sie
an inen selb verletzet und verwundet sind, wie sie auch in grosser gfar
sind von wegen der miteingemischeten böcken, von denen sie täglich
noch schwerer verletzet und verwundet werden, sovil mehr sollen alle
Christen, alle die, in denen unser Herr Jesus, der güte hirt, der seine 15
schäflin on raht nit lassen mage, lebet und aber am aller fürnemsten,
die, so er zü diser seelartznei verordnet hat, sorg haben und den höchsten
fleis und ernst ankeren 329, das dise seelartznei wider recht erkant, be-
wisen und angenommen werde.
Wo die, so zeitlich regieren, vil volcks zu verse- [80 (X 4) b] hen 20
haben, es sei in stetten, in höfen, in kriegsheeren, in schiffarten, so ordnet
man der uffseher und anrichter 330 alles des, so zü güt x solcher gemeyn-
schafft erfordert würt, auch desto mehr. Das alte volck Gottes war in
seer grosser anzal, aber da yeder stamm, yedes geschlecht, yedes hauß
sein eygnen regierer und uffseher hatte, da besondere hauptleut über 25
tausent, über hundert, über zehen geordnet waren 331, da konde man
wol allenthalben züsehen, und allen schafen recht thun. Treibet nun die
zeitliche notturfft, ja offt lauter mütwille, wie leyder in kriegen, die
unsere Fürsten gegen eynander füren 332, wie das merertheyl 333 gesehen
würt, die leut dahin, das sie es also versehen und verordnen könden, 30
das, wie groß die menge der leut ist, dannoch zü eynem yeden gesehen
und eynem yeden raht an leiplichem gethon würt, Warumb solle uns
w) multitudo vitiorum. - x) ad emolumentum atque commodum.
327. Cyprians Klage über den sittlichen Zustand in seinen Gemeinden Ep. 55,12
(CSEL 3,2,632); vgl. Attendorf: Einheit und Heiligkeit der Kirche. 1932. S. 102ff.
328. Tertullian: De paen. c. 7fr. (CChr I, 332fr.).
329. Daransetzen.
330. Institutoren; Grimm I, Sp. 429.
331. Ex 18,21. 25.
332. Fürsten führen Kriege aus Mutwillen, vgl. Eras?nus: Querela pacis (CI II,
633. 637). Die Querela pacis besaß B. bereits 1518, vgl. Rchrich: Gesch. I, S. 440 bis
443.
333. Größtenteils.