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SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8-1 5 3 9
Wo die leut an kirchen-
übungen lawe sind, da ist
schon die schmche des
Christlichen lebens.
Wie die unordenlichen £u
stercken.
das h. Evangelion von Christo Jesu unserm herren desto mit freierem
und reynerem hertzen und liechterem, [91 (a 3) a] auch thätlicherem
verstandt p yernemen und behalten und es in allen iren rahtschlegen baß
bedencken, in allem, das inen zu thün oder leiden begegen mage, recht
vor äugen haben und im nach alles in irem thün und lassen richten und 5
anstellen.
Dises ist die haupt- und gemeyne sterckung der schwachen und blöden
schafen Christi. Und darumb, wo Christen sind, die zu der gemeynd
Gottes und den h. versamlungen unfleissig kommen, sich bei den seligen
kirchenübungen, lobgesange, gebett, gemein allmüsen, sacrament und 10
anderem etwas kül erzeygen, bei denen soll man vor allen dingen sehen,
das man sie zu disen göttlichen Übungen lustig und hitzig machet
Dann ob man schon noch keyn besonder unordenlich leben, keyn be-
sondere kleynmütigkeyt under dem Creutz oder hochschetzung der weit
und ringschetzung Christi 1 an solchen spüret, so werden sich doch bei 15
inen dise schwachheyten gewißlich gar bald erzeygen und außbrechen,
sobald nemlich die anstöß und gegenwürfU 65 einfallen. So sind dise
auch gemeynlich die, die yetz an dem, yetz an jhenem in Christlichem
verstandt sich irren, weil sie nach dem verstandt Christi nit recht eifern.
Nun, welcher massen und gestalt den schwachheyten der schafen 20
Christi in sonderheyt zu begegnen, ist in den vorgesetzeten Sprüchen
angezeyget. Die unordenlichen heyßt der Apostel vermanen und under-
weisen, vov&srelv3 66. Die schwachen im glauben, das ist, im verstandt
Christi, uffnemen und nit zü scharffem erörteren der gedancken und des
gewissem s. 25
[91 (a 3) b] Wo eyn unordenlich leben, das man nit von gantzem
hertzen, gantzer seelen und allen krefften sich an Christum unsern
Herren haltet und sich aller gottseligkeyt, heyligkeyt und liebe gegen
dem nehisten befleisset, da ist auch keyn rechter sinn noch gemüt;
Darumb muß man durchs wort Gottes solchen iren fäl und irthumb, 30
iren torechten sinn und gemüt anzeygen 4 und sie zü Christo unserm
herren richten und füren, das sie von im eyn rechten sinn und gemüt
erlangen und also sehen und erkennen mögen, das aller gewinn, alle
ergetzücheyt, alle eer ausser Christo gifft und tod ist, in Christo aber
alles eitel warer und ewiger gewinn, lustund eer, wann man gleich vor 35
der weit müh und arbeytselig, arm und dürfftig, geschwechet und ver-
achtet leben müß.
p) lucidiore atque etiam efficaciore intellectn. — q) ut ad divinas illas exercitationes
reddantur alacres et ardentes. — r) nulla mundi admiratio et Christi neglectio. —
s) ad subtiliores diiudicationes disceptationum et conscientiae. - t) Ideo talibus per
verbum Dei errores sui et stultitiae intellectus sui indicanda est.
365. Einwände.
366. 1 Thess 5,14.
SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8-1 5 3 9
Wo die leut an kirchen-
übungen lawe sind, da ist
schon die schmche des
Christlichen lebens.
Wie die unordenlichen £u
stercken.
das h. Evangelion von Christo Jesu unserm herren desto mit freierem
und reynerem hertzen und liechterem, [91 (a 3) a] auch thätlicherem
verstandt p yernemen und behalten und es in allen iren rahtschlegen baß
bedencken, in allem, das inen zu thün oder leiden begegen mage, recht
vor äugen haben und im nach alles in irem thün und lassen richten und 5
anstellen.
Dises ist die haupt- und gemeyne sterckung der schwachen und blöden
schafen Christi. Und darumb, wo Christen sind, die zu der gemeynd
Gottes und den h. versamlungen unfleissig kommen, sich bei den seligen
kirchenübungen, lobgesange, gebett, gemein allmüsen, sacrament und 10
anderem etwas kül erzeygen, bei denen soll man vor allen dingen sehen,
das man sie zu disen göttlichen Übungen lustig und hitzig machet
Dann ob man schon noch keyn besonder unordenlich leben, keyn be-
sondere kleynmütigkeyt under dem Creutz oder hochschetzung der weit
und ringschetzung Christi 1 an solchen spüret, so werden sich doch bei 15
inen dise schwachheyten gewißlich gar bald erzeygen und außbrechen,
sobald nemlich die anstöß und gegenwürfU 65 einfallen. So sind dise
auch gemeynlich die, die yetz an dem, yetz an jhenem in Christlichem
verstandt sich irren, weil sie nach dem verstandt Christi nit recht eifern.
Nun, welcher massen und gestalt den schwachheyten der schafen 20
Christi in sonderheyt zu begegnen, ist in den vorgesetzeten Sprüchen
angezeyget. Die unordenlichen heyßt der Apostel vermanen und under-
weisen, vov&srelv3 66. Die schwachen im glauben, das ist, im verstandt
Christi, uffnemen und nit zü scharffem erörteren der gedancken und des
gewissem s. 25
[91 (a 3) b] Wo eyn unordenlich leben, das man nit von gantzem
hertzen, gantzer seelen und allen krefften sich an Christum unsern
Herren haltet und sich aller gottseligkeyt, heyligkeyt und liebe gegen
dem nehisten befleisset, da ist auch keyn rechter sinn noch gemüt;
Darumb muß man durchs wort Gottes solchen iren fäl und irthumb, 30
iren torechten sinn und gemüt anzeygen 4 und sie zü Christo unserm
herren richten und füren, das sie von im eyn rechten sinn und gemüt
erlangen und also sehen und erkennen mögen, das aller gewinn, alle
ergetzücheyt, alle eer ausser Christo gifft und tod ist, in Christo aber
alles eitel warer und ewiger gewinn, lustund eer, wann man gleich vor 35
der weit müh und arbeytselig, arm und dürfftig, geschwechet und ver-
achtet leben müß.
p) lucidiore atque etiam efficaciore intellectn. — q) ut ad divinas illas exercitationes
reddantur alacres et ardentes. — r) nulla mundi admiratio et Christi neglectio. —
s) ad subtiliores diiudicationes disceptationum et conscientiae. - t) Ideo talibus per
verbum Dei errores sui et stultitiae intellectus sui indicanda est.
365. Einwände.
366. 1 Thess 5,14.