VON DER WAREN SEELSORGE
21 5
werck wol verrichten und das fürgesetzt zil erlangen. Zum vierden,
was Ursachen sie hiezu treiben und bewegen sollen.
Nachdem alles, das zu disem werck gehöret, von dem end und zil
dises wercks erkennet würt, so wollen wir dasselbig end und zil zum
5 ersten bedencken. [95 (b 3) b] Diß end und zil würt wol in allen vier
Sprüchen gnügsam dargeben, doch gibts der h. Paulus im vierden 377
Spruch, etwas mit hellem und eynfeltigern Worten dar, nemlich: Leben
und wandien gemeß der gnaden und berüffung Gottes, der uns berüffen
hat seinem reich und seiner herrligkeyt. Dann ja diß das zil und end ist
10 alles bewarens und weydens der schafflin Christi, das sie in dem erhalten
und fürbracht werden, das sie gemeß leben der gnaden Gottes, der sie
zu seinem reich und seiner herligkeyt berüffen hat. Das ist, das sie leben
und wandien wie kinder Gottes, wie genossen des hymelreichs on fdl
und mangel, in aller heyligkeyt und gerechtigkeyt, on anstoß und
15 erfüllet mit fruchten aller güten wercken, wie kindern Gottes und
glideren Christi wol anstehet.
Welche Seelsorger nun uff disen zweck und diß zil getrewlich sehen
wollen und die schafflin Christi also weyden, das sie an inen diß end
und zil ires weydens erreychen, die werden alsbald auch alles das erken-
20 nen und auch die rechte weiß und maß in dem halten, dasselbige recht
und fruchtbar zu verrichten, dadurch sie den schaffen Christi ja frucht-
bar darzü dienen, das sie in allem recht Christlichem leben nit alleyn
erhalten und bewaret werden, sonder auch ymer wachsen und zünemen.
Also haben wir das erst, was das zil und der zweck seie des Christlichen
25 weydens. Wie man nun diß zil erreyche, welches das ander stück hie ist,
lernet sich auß dem ersten also.
Gemeß leben dem gnedigen berüff des herren 6 zü sei- [96 (b 4) a] nem
reich und zü seiner herligkeyt, steht alles in dem waren und lebendigen
glauben an unsern Herren Jesum Christum, auß dem dann alle Zucht,
30 gedult und liebe und also eyn gantz Christlich leben und alle güte werck
gewißlich erwachsen und fliessen, wie hievor auch gemeldet. Dann wo
diser glaub recht bei uns lebet und thätig ist, so werden wir wissen und
auch eygentlich bedencken f, das wir aller unser natur, vermögen und
thuns halben in Gottes Zorn und Ungnaden sind; Als die in dem allen
35 Gott unserm schöpffer und dem ewigen güten unser und aller creaturen
halben ewiglich entgegen und widerspenstig leben und derhalben auch
ewiglich von Gott verworffen und verdammet sind; Aber durch die
gnügthuung und den verdienst unsers Herren Jesu Christi wolle er, unser
hymlischer vatter, uns alle dise widerspenstigkeyt gegen seinem alleyn
Das end des rechten
weydens der schafen
Christi.
Art und natur des
glaubens.
e) Ut quis digne vivat gratiosa vocatione Domini. — f) exacte cogitabimus.
377. Gemeint ist der 5. Spruch.
21 5
werck wol verrichten und das fürgesetzt zil erlangen. Zum vierden,
was Ursachen sie hiezu treiben und bewegen sollen.
Nachdem alles, das zu disem werck gehöret, von dem end und zil
dises wercks erkennet würt, so wollen wir dasselbig end und zil zum
5 ersten bedencken. [95 (b 3) b] Diß end und zil würt wol in allen vier
Sprüchen gnügsam dargeben, doch gibts der h. Paulus im vierden 377
Spruch, etwas mit hellem und eynfeltigern Worten dar, nemlich: Leben
und wandien gemeß der gnaden und berüffung Gottes, der uns berüffen
hat seinem reich und seiner herrligkeyt. Dann ja diß das zil und end ist
10 alles bewarens und weydens der schafflin Christi, das sie in dem erhalten
und fürbracht werden, das sie gemeß leben der gnaden Gottes, der sie
zu seinem reich und seiner herligkeyt berüffen hat. Das ist, das sie leben
und wandien wie kinder Gottes, wie genossen des hymelreichs on fdl
und mangel, in aller heyligkeyt und gerechtigkeyt, on anstoß und
15 erfüllet mit fruchten aller güten wercken, wie kindern Gottes und
glideren Christi wol anstehet.
Welche Seelsorger nun uff disen zweck und diß zil getrewlich sehen
wollen und die schafflin Christi also weyden, das sie an inen diß end
und zil ires weydens erreychen, die werden alsbald auch alles das erken-
20 nen und auch die rechte weiß und maß in dem halten, dasselbige recht
und fruchtbar zu verrichten, dadurch sie den schaffen Christi ja frucht-
bar darzü dienen, das sie in allem recht Christlichem leben nit alleyn
erhalten und bewaret werden, sonder auch ymer wachsen und zünemen.
Also haben wir das erst, was das zil und der zweck seie des Christlichen
25 weydens. Wie man nun diß zil erreyche, welches das ander stück hie ist,
lernet sich auß dem ersten also.
Gemeß leben dem gnedigen berüff des herren 6 zü sei- [96 (b 4) a] nem
reich und zü seiner herligkeyt, steht alles in dem waren und lebendigen
glauben an unsern Herren Jesum Christum, auß dem dann alle Zucht,
30 gedult und liebe und also eyn gantz Christlich leben und alle güte werck
gewißlich erwachsen und fliessen, wie hievor auch gemeldet. Dann wo
diser glaub recht bei uns lebet und thätig ist, so werden wir wissen und
auch eygentlich bedencken f, das wir aller unser natur, vermögen und
thuns halben in Gottes Zorn und Ungnaden sind; Als die in dem allen
35 Gott unserm schöpffer und dem ewigen güten unser und aller creaturen
halben ewiglich entgegen und widerspenstig leben und derhalben auch
ewiglich von Gott verworffen und verdammet sind; Aber durch die
gnügthuung und den verdienst unsers Herren Jesu Christi wolle er, unser
hymlischer vatter, uns alle dise widerspenstigkeyt gegen seinem alleyn
Das end des rechten
weydens der schafen
Christi.
Art und natur des
glaubens.
e) Ut quis digne vivat gratiosa vocatione Domini. — f) exacte cogitabimus.
377. Gemeint ist der 5. Spruch.