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SCHRIFTEN DER JAHRE 1538-1539
Gemeinde 20 vorhandenen oder neu einzurichtenden Ämter über. Die
Ämter können - nach Bucer - in Wirksamkeit treten, weil die Gläubigen
in der Gemeinschaft der Kirche stehen und eben damit auch »in aller
Gemeinschaft Christi« sich halten, »in der Lehre 21, Sakramenten und
christlicher Zucht« 22. Im Wirken der Ämter treten Wesen und Werke
der Gemeinde ans Licht.
Von dem Kirchenbegriff Bucers aus ist seine Ämterlehre zu ver-
stehen 23, die hier jedoch nur so weit ausgeführt werden soll, wie sie
sich zur Voraussetzung einer Erklärung der beiden Ordnungen als
nötig erweist.
Die mittelalterliche Kirche hat stets an der Einheit der Kirche und,
diese zur Geltung bringend, an der Einheit des Amtes trotz der Vielfalt
der Zuständigkeiten festgehalten. Die Einheit der Kirche ist identisch
mit der Einheit des Amtes. In der Praxis konnten jedoch die Bischöfe,
angesichts der Größe ihrer Diözesen und ihrer Stellung als weltliche
Fürsten, ihre potestas nicht allein voll wahrnehmen 24. Zu ihrer Ent-
lastung bildete sich früh einerseits das Amt der Chorbischöfe (bzw.
Weihbischöfe), andererseits das der Archidiakone 23 heraus. Die Chor-
20. Vgl. auch Luther, Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht
oder Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen,
Grund und Ursach aus der Schrift, 1523; WA 11,402 ff.
21. Die »vollkommene Gemeinschaft Christi in der Lehr« (Ziegenhainer Zucht-
ordnung, S. 265) setzt für B. sowohl ein Festhalten an der Tradition der alten Kirche
(vgl. Fran^ IV, 79, S. 239. — Lenz L S. 17. - R. Stupperich: Der Kirchenbegriff in
der theologischen Entwicklung Martin Bucers. ARG 35. 1938. S. 100f. - Jahr,
S. XXVIIff.) als auch an dem reformatorischen Bekenntnis voraus. Dies ist für Straß-
burg die Confessio Tetrapolitana, während er in Hessen die Täufer stets auf
die CA verweist, vgl. Franz IV, 77, S. 221, 222, 233; Nr. 79, S. 238; Lenz L S. 16.
22. So die Ziegenhainer Zuchtordnung S. 272; ähnlich auch S. 261; 265; oft auch
einfach »Gemeinschaft der Kirchen«, S. 268; 273; »Gemeinschaft Christi«, S. 273;
»christliche Gemeinschaft«, S. 276, 283; oder — in den Täuferverhören —
»unsere Gemeinschaft in Christo«, Franz IV, 86, S. 257; »wahre Gemeinschaft
Christi«, Franz IV, 86, S. 259L Daher kann als Ziel der Zuchtordnung formuliert
werden: »... auff das die Pfarren und Kirchen allenthalben im Fürstenthumb mit
solichen verstendigen trewen eiferigen und frommen predigern und Eltisten, wie
die in der Ordnung beschriben sein, bestellt und versehen werden. Und die selbigen
also, wie hieroben erzelt, iren dienst an jungen und alten leysten, damit alle menschen
zu irem heyl mit höchstem fleiß und trew gesucht und zu Christlicher gemeynschafft
bracht und in der selbigen vor allem irrthumb und Sünden bewaret ... werden«;
S. 276; ähnlich auch am Anfang der Ordnung, S. 261. Statt der aufgezeigten
Dreiheit von Lehre — Sakrament — Zucht kann B. auch eine andere Definition ver-
wenden: Lehre - Sakramente - Leben; vgl. Franz IV, 77, S. 221. Im ganzen dürfte
deutlich werden, daß die Lehre der drei notae ecclesiae sich aus der obigen Definition
entwickeln konnte.
23. Zum Problem des Amtes bei B. vgl. Bohatec, S. 455ff.; Courvoisier, S. 88ff.
24. Vgl. zu der Entwicklung Hinschius II, S. 183!.
25. Vgl. Baumgartner, S. 67.
SCHRIFTEN DER JAHRE 1538-1539
Gemeinde 20 vorhandenen oder neu einzurichtenden Ämter über. Die
Ämter können - nach Bucer - in Wirksamkeit treten, weil die Gläubigen
in der Gemeinschaft der Kirche stehen und eben damit auch »in aller
Gemeinschaft Christi« sich halten, »in der Lehre 21, Sakramenten und
christlicher Zucht« 22. Im Wirken der Ämter treten Wesen und Werke
der Gemeinde ans Licht.
Von dem Kirchenbegriff Bucers aus ist seine Ämterlehre zu ver-
stehen 23, die hier jedoch nur so weit ausgeführt werden soll, wie sie
sich zur Voraussetzung einer Erklärung der beiden Ordnungen als
nötig erweist.
Die mittelalterliche Kirche hat stets an der Einheit der Kirche und,
diese zur Geltung bringend, an der Einheit des Amtes trotz der Vielfalt
der Zuständigkeiten festgehalten. Die Einheit der Kirche ist identisch
mit der Einheit des Amtes. In der Praxis konnten jedoch die Bischöfe,
angesichts der Größe ihrer Diözesen und ihrer Stellung als weltliche
Fürsten, ihre potestas nicht allein voll wahrnehmen 24. Zu ihrer Ent-
lastung bildete sich früh einerseits das Amt der Chorbischöfe (bzw.
Weihbischöfe), andererseits das der Archidiakone 23 heraus. Die Chor-
20. Vgl. auch Luther, Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht
oder Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen,
Grund und Ursach aus der Schrift, 1523; WA 11,402 ff.
21. Die »vollkommene Gemeinschaft Christi in der Lehr« (Ziegenhainer Zucht-
ordnung, S. 265) setzt für B. sowohl ein Festhalten an der Tradition der alten Kirche
(vgl. Fran^ IV, 79, S. 239. — Lenz L S. 17. - R. Stupperich: Der Kirchenbegriff in
der theologischen Entwicklung Martin Bucers. ARG 35. 1938. S. 100f. - Jahr,
S. XXVIIff.) als auch an dem reformatorischen Bekenntnis voraus. Dies ist für Straß-
burg die Confessio Tetrapolitana, während er in Hessen die Täufer stets auf
die CA verweist, vgl. Franz IV, 77, S. 221, 222, 233; Nr. 79, S. 238; Lenz L S. 16.
22. So die Ziegenhainer Zuchtordnung S. 272; ähnlich auch S. 261; 265; oft auch
einfach »Gemeinschaft der Kirchen«, S. 268; 273; »Gemeinschaft Christi«, S. 273;
»christliche Gemeinschaft«, S. 276, 283; oder — in den Täuferverhören —
»unsere Gemeinschaft in Christo«, Franz IV, 86, S. 257; »wahre Gemeinschaft
Christi«, Franz IV, 86, S. 259L Daher kann als Ziel der Zuchtordnung formuliert
werden: »... auff das die Pfarren und Kirchen allenthalben im Fürstenthumb mit
solichen verstendigen trewen eiferigen und frommen predigern und Eltisten, wie
die in der Ordnung beschriben sein, bestellt und versehen werden. Und die selbigen
also, wie hieroben erzelt, iren dienst an jungen und alten leysten, damit alle menschen
zu irem heyl mit höchstem fleiß und trew gesucht und zu Christlicher gemeynschafft
bracht und in der selbigen vor allem irrthumb und Sünden bewaret ... werden«;
S. 276; ähnlich auch am Anfang der Ordnung, S. 261. Statt der aufgezeigten
Dreiheit von Lehre — Sakrament — Zucht kann B. auch eine andere Definition ver-
wenden: Lehre - Sakramente - Leben; vgl. Franz IV, 77, S. 221. Im ganzen dürfte
deutlich werden, daß die Lehre der drei notae ecclesiae sich aus der obigen Definition
entwickeln konnte.
23. Zum Problem des Amtes bei B. vgl. Bohatec, S. 455ff.; Courvoisier, S. 88ff.
24. Vgl. zu der Entwicklung Hinschius II, S. 183!.
25. Vgl. Baumgartner, S. 67.