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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0288
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284

SCHRIFTEN DER JAHRE I538-I539

geschmuck odder mit unzüchtigem überflüssigem zechen und wes sich
des alhie mit einschleyffen möcht. Wenn dann das kindt also mit recht
Christlicher weise und andacht zum Tauff bracht ist, darzu dann ein
jeder sein recht Christliche freunde billich erbitten und vermögen sol,
sovil er der haben mag 20. Da sol der pfarher oder Capellan erstlich nach 5
angerüffter gnade deß Herren mit aller tapfferkeyt und ernste erkleren p21
die geheymnisse des heiligen tauffs q2Ia und darzu ein odder mehr ort
der schriflt, in dem uns sollich geheimnisse für geben ist, gebrauchen
und alles hell und verstendig darthun 1: Erstlich 22, wie wir durch die
erbsünde gantz verderbet und einer sollichen art und natur geborn io
D 5 b werden, die Gott unserm schepfler und allem | guten allwege entgegen
strebet und derhalb ewiglich verdampt ist, mit aller irer weißheyt und
fromkeit. Zum andern, das uns von solchem angebornen verderben nie-
mandts helffen mag, dan unser Herr Jesus, der das, so in Adam verdor-
ben, allein widerbringt. Zum dritten, daß der selbig uns wöll im heilgen 15
tauff von allen Sünden abweschen, new geberen, ime selbst einleiben 23,
mit sich selbs bekleiden, seinen heilgen guten geyst s mitteylen, kinder
und erben des ewigen lebens machen, welches alles in dem warlich

p) fehlt: und ernste erkleren. - q) -j- erkleren. - r) darthun / erkleren. - s) +
geben und.

20. Vgl. die Bestimmungen der in Anm. 19 angeführten Ordnungen über die
zulässige Zahl der Gäste.

21. Hier liegt der charakteristische Unterschied zwischen der Kasseler Kirchen-
ordnung und Luthers Taufbüchlein. Luther folgt der mittelalterlichen Tradition, die
sich in dem Rituale niedergeschlagen hat, in dem er das Geschehen des Sakraments
unabhängig von einem menschlichen » Beitrag « rein als göttliches Handeln darstellt.
Daher fehlt sowohl bei ihm als auch im Rituale jede »Vermahnung « an die Paten oder
an die Gemeinde, es fehlt auch die Erklärung dessen, was die Taufe ist und will,
mithin also jeder pädagogische Ton. Das sakramentale Geschehen ist vor allem ein
Geschehen zwischen Gott und dem einzelnen, was sich auch in der Ausgestaltung des
liturgischen Formulars zeigt. Ganz anders die Kasseler Kirchenordnung, die hier
Straßburger Traditionen folgt (vgl. Hubert, S. LXXf., 44): Hier steht die Ge-
meinde dem göttlichen Handeln gegenüber, und es soll auf ein Mitgehen dieser
Gemeinde auf sittlichem und rationalem Gebiet hingearbeitet werden. Die Gemeinde
soll den Gang der Handlung verstehend durchleben (vgl. auch ähnliche Äußerungen
unten S. 285, 287; vgl. Diebl: Zur Geschichte des Gottesdienstes, S. 282fr. - Jahr,

S. LIXff.).

21a. Vgl. dazu B.s Erklärung in seinem Katechismus von 1534 {Reu I, 1, S. 38f.):

Und darum Werdens sacrament und mysteria, das ist heylige geheymnissen geheissen,
das da ein anders inwendig geschieht durch die krafft Christi, ein anders sicht und
befindet man aussen im dienst der kirchen.

22. »Erstlich« bis »ewiglich geniessen möchten« nahezu wörtlich in die Kirchen-
ordnung 1566 aufgenommen, vgl. Sebling VIII, S. 275!.

23. Zur Terminologie vgl. etwa die Straßburger Taufordnungen, vor allem seit
1537 {Hubert, S. 45), auch die Ziegenhainer Zuchtordnung, S. 272, und B.s Kate-
chismus 1534, Reu I, 1, S. 38, 40.
 
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