SCHULGUTACHTEN
5 79
sagende durch in, unsern Herren, und also allweg in allen dingen allen
lust, freud, begirde, reitzen und ermanen und was hiezu dienstlich und
die gemüter zu bewegen, krefftig, als dan die Music für andern dingen
ist, zu Got unserm Vater gerichtet und gestehet haben, also, das kein
5 Lied überal, kein seitenspil anders dann von und zu christlichen geist-
lichen hendelen gesungen und gebrauchet würde.
Könde man doch sich in solchen heiligen, gütlichen Liederen auch
erfrewen und belustigen, zü dem, das sie uns mercklich besserten, ja
in solchem mag man allein rechte freud und lust haben. Dann sunst
io kein gut gewissen, und deshalb imer mer gaben dan honigs (wie jhener
sagt) 4 befunden würt, wa anders auch ein Got und gewissen ist. Wa
dann kein Got und gewissen ist, da ist eigentlich die ewige helle, ob
mans gleich jetzt nicht befindet, und imer hin im sause lebet, singet und
springet und ist gar unsinnig 5.
i5 Nun hat aber (das ja hoch zü erbarmen) der böse feind die sach dahin
bracht, das dise herrliche kunst und gäbe Gottes, die Music, schier alleine
zur Üppigkeit misbrauchet würt, das dann nicht allein so fil ein schwerer
sünd, so fil die kunst ein herrlicher gäbe Gottes ist, sonder auch, so fil
sie gewaltiger machet, zü hertzen gehn und ins gemüt körnen dasjenige,
20 dazu sie gebrauchet würt. Daher es auch erschröcklich ist, zü gedencken,
was ergernis bei der juget und anderen durch die teufelischen büllieder 6 7
angestifftet würt, so das, welches on das zü fil anmütig und im sinne
ligt, erst durchs gesang noch anmütiger und tieffer in sinne und hertz
gestecket würt. [
25 Müssen wir dann Got rechnung geben von jedem vergebnen wort, Ajb
als wir gewislich müssen, was solle dann denen geschehen, die erst? in
so schedlichen, gifftigen gedichten und liedern ir hertz und gedancken
durchs gesang mütwilliglich verhefften 8? Und weh allen, die iren kin-
dern, gesinde und wem sie es zü wehren haben, hierin Zusehen und
30 losen 9. Aber hiebei sihet man, leider, was die leüt für Christen sind,
und würt (wie das Sprichwort lautet) ein jeder vogel bei seinem gesang
erkennet 10, auch das wort des Herren erfüllet: Wes das hertz vol ist,
gehet der mund über 11.
Darumb, wer da köndte oder möchte, der solt dazü rahten und
35 helffen, das solche üppige teufelische, verderbliche gesang abgethan
4. Vgl. Wander I, Sp. 1322, Nr. 24.
5. Toll, ausgelassen.
6. Liebeslieder.
7. Gar, vollends.
8. Verstricken.
9. Zuhören.
10. Vgl. Wander IV, Sp. 1664, Nr. 422; Sp. 1665, Nr. 456; Sp. 1667, Nr. 499.
11. Vgl. Mt 12,34.
5 79
sagende durch in, unsern Herren, und also allweg in allen dingen allen
lust, freud, begirde, reitzen und ermanen und was hiezu dienstlich und
die gemüter zu bewegen, krefftig, als dan die Music für andern dingen
ist, zu Got unserm Vater gerichtet und gestehet haben, also, das kein
5 Lied überal, kein seitenspil anders dann von und zu christlichen geist-
lichen hendelen gesungen und gebrauchet würde.
Könde man doch sich in solchen heiligen, gütlichen Liederen auch
erfrewen und belustigen, zü dem, das sie uns mercklich besserten, ja
in solchem mag man allein rechte freud und lust haben. Dann sunst
io kein gut gewissen, und deshalb imer mer gaben dan honigs (wie jhener
sagt) 4 befunden würt, wa anders auch ein Got und gewissen ist. Wa
dann kein Got und gewissen ist, da ist eigentlich die ewige helle, ob
mans gleich jetzt nicht befindet, und imer hin im sause lebet, singet und
springet und ist gar unsinnig 5.
i5 Nun hat aber (das ja hoch zü erbarmen) der böse feind die sach dahin
bracht, das dise herrliche kunst und gäbe Gottes, die Music, schier alleine
zur Üppigkeit misbrauchet würt, das dann nicht allein so fil ein schwerer
sünd, so fil die kunst ein herrlicher gäbe Gottes ist, sonder auch, so fil
sie gewaltiger machet, zü hertzen gehn und ins gemüt körnen dasjenige,
20 dazu sie gebrauchet würt. Daher es auch erschröcklich ist, zü gedencken,
was ergernis bei der juget und anderen durch die teufelischen büllieder 6 7
angestifftet würt, so das, welches on das zü fil anmütig und im sinne
ligt, erst durchs gesang noch anmütiger und tieffer in sinne und hertz
gestecket würt. [
25 Müssen wir dann Got rechnung geben von jedem vergebnen wort, Ajb
als wir gewislich müssen, was solle dann denen geschehen, die erst? in
so schedlichen, gifftigen gedichten und liedern ir hertz und gedancken
durchs gesang mütwilliglich verhefften 8? Und weh allen, die iren kin-
dern, gesinde und wem sie es zü wehren haben, hierin Zusehen und
30 losen 9. Aber hiebei sihet man, leider, was die leüt für Christen sind,
und würt (wie das Sprichwort lautet) ein jeder vogel bei seinem gesang
erkennet 10, auch das wort des Herren erfüllet: Wes das hertz vol ist,
gehet der mund über 11.
Darumb, wer da köndte oder möchte, der solt dazü rahten und
35 helffen, das solche üppige teufelische, verderbliche gesang abgethan
4. Vgl. Wander I, Sp. 1322, Nr. 24.
5. Toll, ausgelassen.
6. Liebeslieder.
7. Gar, vollends.
8. Verstricken.
9. Zuhören.
10. Vgl. Wander IV, Sp. 1664, Nr. 422; Sp. 1665, Nr. 456; Sp. 1667, Nr. 499.
11. Vgl. Mt 12,34.