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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Kloos, Rudolf M. [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 5 : Münchener Reihe ; Band 1): Die Inschriften der Stadt und des Landkreises München: mit 105 Abb. , 4 Lageskizzen u. 2 Karten — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.45636#0017
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Tatsache zu suchen sein, daß der gewaltige Aufstieg der Stadt immer wieder neue Bauwerke und
Erweiterung der bestehenden erforderte, wie sich im einzelnen leicht ersehen läßt. Wenn auch die
ältesten Inschriften zum Teil spätere Erneuerungen sind, so erinnern sie doch an klangvolle Namen
und bedeutende Ereignisse jener Zeit: Die Gründung des Klarissenklosters durch die Sendlinger und
die Ridler, Nr. 5 und 4, Adelheid von Haslang, die die Agneskapelle, die Keimzelle des Franzis-
kanerklosters wieder aufbaute, Nr. 6, die Steinmetzen der Peterskirche, die nach nicht unbegründe-
ter Annahme das dort befindliche alte Ölbergrelief stifteten, Nr. 8, und schließlich jene Franzis-
kaner, die in schweren Konflikten eine Zuflucht hinter dem Schwert des Kaisers fanden und Mün-
chen zum Zentrum einer weitgespannten geistigen Aktivität machten: Wilhelm von Occam, Michael
von Cesena und Bonagratia von Bergamo, Nr. 422ff.
Die Mitte des 14. Jahrhunderts leitete eine Periode schwerster Belastungsproben für die Stadt
ein. Die über ganz Europa sich ausbreitende Pest des Jahres 1548 und die ihr folgende seelische Er-
schütterung, die sich in Geißlerfahrten und Judenverfolgungen äußerte, ließen auch München
nicht unberührt. In der Folge verquickten sich innerstädtische Kämpfe sozialer und verfassungs-
rechtlicher Art mit den Erbstreitigkeiten des bayerischen Fürstenhauses; erst 1405 entstand eine neue
Stadtordnung, die von den regierenden Herzögen, dem Rat und der Bürgerschaft gemeinsam er-
lassen wurde und im wesentlichen bis zu den Reformen Montgelas’ 1805 in Geltung blieb.
Das 15. Jahrhundert brachte insbesondere in seiner zweiten Hälfte die größte Blüte der Stadt
vor der Neuzeit, die sich nun in einträchtigem Zusammenwirken mit dem Fürstenhaus entwickelte.
Zeugen dieser Blüte sind noch heute die großen schöpferischen Leistungen auf allen Gebieten der
Kunst, die vor allem mit den Namen des Baumeisters Jörg von Halsbach, des Malers Jan Pollack,
des Bildhauers Erasmus Grasser und des Musikers Konrad Paumann verbunden sind. Auch die Maler
Gabriel Mäleskircher und Egidius Trautenwolf, der Glockengießer Ulrich von Rosen und die Meister
der Glasmalereien sollten nicht vergessen werden1.
Der Beginn des 16. Jahrhunderts brachte wiederum eine Wende in der Stadtgeschichte. Nach-
dem Albrecht IV. noch kurz vor seinem Tod (1508) den Landshuter Erbfolgestreit durchgefoch-
ten und mit der dauernden Vereinigung von Ober- und Niederbayern abgeschlossen hatte, erfolgte
unter seinem Nachfolger Wilhelm IV. ein intensiver Ausbau des Hofstaats und der Staatsverwaltung,
der eine beträchtliche Stärkung der herzoglichen Macht und eine starke Vermehrung des höfischen
Personenkreises am Regierungssitz mit sich brachte 2. Der Aufstieg der fürstlichen Macht setzte sich
unter Wilhelms IV. Nachfolgern fort, um unter Kurfürst Maximilian I. seinen ersten glanzvollen
Flöhepunkt zu erreichen.
Für die Stadt bedeutete diese Entwicklung zunächst ein Zunehmen des höfischen Elements; seit
den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts finden wir in den Inschriften die Grabschriften berühm-
ter Adelsgeschlechter, die in den bayerischen Hofdienst getreten waren, so die Montfort, Muckental,
Nothaft, Ortenburg, Schwarzenberg, Seiboldsdorf, und einer Reihe von Hofbeamten wie Sebastian
Jordan, Augustin Lösch und deren bedeutendsten, Leonhard von Eck3. Mit dieser Beamtenschaft
wurde nicht nur der Grund zu dem glänzenden Aufstieg des Herrscherhauses gelegt, mit ihrer Hilfe
wurde auch die Haltung Bayerns gegenüber den neuen religiösen und geistigen Strömungen der
Reformation und des Humanismus festgelegt, die Wilhelm IV. den Beinamen des „Standhaften“
einbrachte, dem Humanismus aber soweit Eingang verschaffte, wie er sich mit dem alten Glauben
vertrug. So findet sich in den Münchner Inschriften nichts, das irgendwelche Beziehung zur Refor-
mation erkennen ließe, dagegen hebt sich die neue Schicht der Hofbeamten in den Inschriften rein
äußerlich schon dadurch ab, daß sie als erste fast ausschließlich die neue Kapitalisschrift anwendet.
Das künstlerische Leben Münchens wurde von nun an ganz eindeutig vom Hof bestimmt. Al-
brecht V., Wilhelm V. und Maximilian I. prägten das neue Gesicht ihrer Residenzstadt im Geist der
Gegenreformation und im Stil der Renaissance. In schneller Folge entstanden die Neubauten der
Residenz, der Herzog-Max-Burg und des Alten Schlosses zu Schleißheim, der Michaelskirche und
des Jesuitenkollegs, denen, meist aus herzoglicher Initiative oder Stiftung, eine Reihe von Um-
gestaltungen bestehender Kirchen und anderer Bauwerke folgte. Friedrich Sustris, Peter Candid,
1 Für die mit diesen Namen verbundenen Inschriften siehe Register. — Allgemein zur Kunstgeschichte vgl. außer
der in Anm. 1 angeführten Literatur H. Karlinger, Bayerische Kunstgeschichte 1, Altbayern und Bayerisch-
Schwaben, 1928; B. Riehl, Die Münchner Plastik in der Wende vom Mittelalter zur Renaissance, 1904; Th. Mül-
ler, Alte Bairische Bildhauer, 1950; schließlich die als Gesamtdarstellung bisher nicht ersetzte Geschichte der
bildenden Künste im Königreich Bayern von J. Sighart, 1862.
2 Die bayerischen Behörden und Beamten stellten E. Geiß, Obb. Archiv 25, und G. Ferchl (von 1550 ab), Obb.
Archiv 53, 54 und 64 zusammen. Zuverlässige Aufstellungen über die Hofbeamten fehlen.
3 Für die bezüglichen Inschriften vgl. Register.

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