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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Kloos, Rudolf M. [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 5 : Münchener Reihe ; Band 1): Die Inschriften der Stadt und des Landkreises München: mit 105 Abb. , 4 Lageskizzen u. 2 Karten — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.45636#0030
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in Aubing, Nr. 102, und auf dem Maria-Schutzmantelbild im Dom aus dem Anfang des 16. Jahr-
hunderts, Nr. 150, überliefert sind; vgl. dazu Bauer, Mainzer Inschriften 7 und Nr. 25 und 28 von
1484 und 1518. Die zweite Stufe reicht vom Anfang bis zum Ende des 16. Jahrhunderts; in ihr tre-
ten zahlreiche Ligaturen und Kürzungen auf, das I hat oft einen Punkt, einzelne Buchstaben sind
klein in andere hineingeschrieben, Buchstaben mit schrägen Schäften werden eng zusammengerückt
zu einer verschränkten Stellung. Als Leitbuchstabe erweist sich vor allem das M, das auch beim
Fehlen aller andern Charakteristika fast mit Sicherheit die zweite Stufe besonders von der dritten
unterscheidet: es hat mit Vorliebe schräge Schäfte, wobei der Mittelteil zur unteren Zeile hinab-
reichen kann oder nur bis zur halben Flöhe der Zeile; sind aber die Schäfte gerade, so reicht der
Mittelteil stets nur bis zur halben Zeilenhöhe. In der dritten Stufe, die mit Nr. 253 von 1577 zum
erstenmal erreicht wird, ist das M gerade, der Mittelteil reicht bis zur unteren Zeile. Etwa von 1600
ab hat sich diese letzte Stufe durchgesetzt, die Buchstaben streben wieder dem Quadrat zu, alle Ne-
benformen und Ligaturen werden ausgemerzt, der Schrifttyp ist formal vollendet. Anzumerken ist
noch, daß ein rundes U nur dreimal vorkommt, nämlich auf dem Grabstein des 1604 gestorbenen
Kardinals Minutius de Minutiis, Nr. 585, auf dem Sarg des Prinzen Johann Friedrich von Pfalz-
Veldenz-Sponheim von 1652, Nr. 576, und auf dem des Barth. Richelius von 1649, Nr. 647. Im all-
gemeinen muß allerdings ein Rund-U vor 1650 stets als sehr verdächtig angesehen werden. Ein
gutes Gegenbeispiel ist das Bild der Stadt München im Antiquarium der Residenz, in dessen Bei-
schrift die Restaurierung des 19. Jahrhunderts nicht nur ein rundes U, sondern auch ein gerades M
angebracht hat, während keine der beiden Formen in den nicht restaurierten Bildern dieser Serie
vorkommt (Nr. 556).
Die gotische Minuskel
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die gotische Majuskel von der gotischen Mi-
nuskel verdrängt. Damit drang zum erstenmal in der Geschichte der abendländischen Schriftent-
wicklung eine Minuskel in den epigraphischen Bereich vor, der bis dahin den Majuskeln vorbehalten
war. Während die ersten Minuskelschriften in Mainz bereits in den zwanziger Jahren auftreten,
siehe Mainz, Dom Nr. 35 und 37, bietet im Münchener Bereich der Grabstein des Hilprand von
Taufkirchen von 1381, Nr. 11, das erste Beispiel. Der Schrifttyp hält sich neben den inzwischen auf-
tretenden Kapitalisschriften in München bis 1586, Grabstein des Sigmund Kümmerl, Nr. 278, und
des Hans Wager, Nr. 279. Eine Entwicklung ist innerhalb der gotischen Minuskel kaum festzustellen
(vgl. auch Bauer, Mainzer Inschriften 7); auch die Großbuchstaben liefern nur unsichere Anhalts-
punkte. Doch mag hier versucht werden, einzelne Gruppen von Inschriften zusammenzufassen,
die jeweils bestimmte „Schulen“, Werkstätten oder Meister repräsentieren können.
Im Bereich der Steinbildhauerei finden sich vor 1445 nur die beiden Grabsteine des Hilprand
von Taufkirchen von 1381, Nr. 11, und der Katharina Sentlingerin vom Ende des 14. Jahrhunderts,
Nr. 13. Beide zeigen eine einfache eingehauene Schrift ohne auffällige Besonderheiten.
Als nächste Gruppe finden wir fünf Steine in Aschheim und Umgebung, Nr. 28, 32, 49, 106, 107,
von denen drei zu den Jahren 1445, 1451 und 1474 datiert sind und ein vierter, der Emmeramstein
in Aschheim, Nr. 106, kunsthistorisch in die gleiche Zeit einzuordnen ist. Der fünfte, aus Kirch-
heim, Nr. 107. gehört zweifellos ebenfalls zu dieser Gruppe. Die Inschriften dieser Steine sind
eingehauen, die Buchstaben sehr schmal und langgestreckt und weitgehend in unzusammenhän-
gende senkrechte Elemente aufgelöst. Die Schriften sind dadurch teilweise äußerst schwer lesbar.
Die übrigen Steindenkmäler von 1468 bis zum Ende der gotischen Minuskel 1586 sind schrift-
mäßig schwieriger zu differenzieren. Wohl nicht zufällig werden sie von der Bauinschrift der Frauen-
kirche 1468, Nr. 41, eingeleitet. Vorherrschend ist jetzt eine große und breite, kräftig wirkende
Buchstabenform, die erhaben ausgemeißelt ist; eingehauene Schriften sind dagegen bedeutend sel-
tener. Von dieser kräftigeren Form hebt sich ganz deutlich die Schrift Erasmus Grassers ab, die sich
auf dem von ihm signierten Grabdenkmal des Dekans Ulrich Aresinger von 1482/85 findet, Nr. 61.
Seine Buchstaben sind schlanker und bewegter, Zierstriche häufiger, etwa am Unterteil des g, cha-
rakteristisch vor allem die Ornamentierung der Buchstaben, die sich sowohl in der Signaturzeile von
1482 wie in der Grabschrift von 1485 findet (bei M, dann A, N, v, L, V). Im allgemeinen Eindruck,
aber ohne die charakteristischen Ornamente, schließen sich an diese Schrift drei weitere an, Nr. 75
von 1488, die Grasser künstlerisch nahesteht, Nr. 117 von 1505, die Grassers Werkstatt zugeschrie-
ben wird, und die Schriften der Kaiser-Ludwig-Platte von vor 1508, Nr. 121, die Grasser selbst zu-
gewiesen wurde (vgl. Ph. M. Halm, Erasmus Grasser), jedoch eher von einem unbekannten Meister
stammt.

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