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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Neumüllers-Klauser, Renate [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 12 : Heidelberger Reihe ; Band 4): Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg — Stuttgart: Druckenmueller, 1970

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https://doi.org/10.11588/diglit.52965#0026
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Form zeigt jedoch das L, dessen Querstrich unten in eine Rundung unigebogen wurde, so daß fast ein
Minuskel-1 entstanden ist. Die Knoten in der Schaftmitte des I haben eine Entsprechung in einer Stiftungs-
inschrift aus Schönau, die sich auf die zweite Hälfte des 13.Jahrhunderts datieren läßt (nr. 17). So wird
sich der Grabstein des Johannis de Hallis ebenfalls in das 13.Jahrhundert einreihen lassen, ohne daß sich
diese Datierung weiter einengen läßt. Die undatierte Glocke aus Bronnbach (nr. 67) ist in ihren Buch-
stabenformen - A mit Deckstrich und gebrochenem Querbalken, E und C vorn geschlossen, H und M
unzial - mit einiger Sicherheit in das 14. Jahrhundert, vermutlich in dessen zweite Hälfte zu datieren.
Frühhumanistische Kapitalis
Die bisher nur von Bauer und Kloos39) genauer beschriebene frühhumanistische Kapitalis (Früli-
kapitalis) ist in Heidelberg an einem einzigen Beispiel aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts (1485
oder kurz danach) nachweisbar (nr. 167). Der Buchstabenbestand ist gering, weil es sich nur um den in
einen Strebepfeiler der Peterskirche eingehauenen Namen handelt, die Kennzeichen der Schrift - schmale,
langgestreckte Form, Ausbauchung im Querbalken des H - sind jedoch charakteristisch40). Auffallend
elegant wirkt die Schrift durch den Wechsel von breit und schmal ausgehauenen Gliedern der Einzelbuch-
staben (B, R, N).
Kapitalis
Gegen Ende des 15.Jahrhunderts tritt in der Monumentalschrift erneut eine reine Kapitalisschnft auf
(Renaissancekapitalis), die auf italienischem Boden schon im frühen 15. Jahrhundert, antikem Vorbild
folgend, neu belebt wurde. Früheste Beispiele auf deutschem Boden bilden für diese Schrift Basel (1433)
und Mainz (1484) 41). Im Heidelberger Raum wurde die Kapitalschrift der Renaissance noch im ausgehen-
den 15. Jahrhundert übernommen. Nach 1485 entstanden Bauinschriften an der nach den Kriegen Fried-
richs des Siegreichen neuerbauten Dossenheimer Kirche. Die Schrift scheint in der Form bereits erstaunlich
fortgeschritten; vielleicht spielt hier der Einfluß des Frühhumanismus, der sich zeitweise auch auf die
theologische Fakultät der Universität erstreckte, eine nicht zu unterschätzende Rolle42). Weitere Beispiele
sind die Bauinschrift am Pfeiler der Heiliggeistkirche (1508, nr. 194), zwei Glasgemälde in Schönbrunn
(1519, nr. 213) und eine lange Epitaph-Inschrift aus Handschuhsheim, letztere bereits mit zahlreichen
Ligaturen, Kürzungen und übergeschriebenen Buchstaben (nr. 212). Auch die nur in Bruchstücken er-
haltene (zweite) Inschrift der Ruprechtstumba in der Heiliggeistkirche gehört in diesen Zeitraum; sie
muß vor 1529 entstanden sein (nr. 87). Die Kapitalis wird im 16. Jahrhundert zur beherrschenden Monu-
mentalschrift des Bearbeitungsgebietes; eine Entwicklung in mehreren Stufen, wie sie Kloos für die Mün-
chener Inschriften beobachten konnte43), läßt sich für den Heidelberger Raum nicht feststellen. Der Buch-
stabe M etwa tritt bis zum Ende des behandelten Zeitraums in allen Varianten auf: mit geraden wie mit
schräggestellten Schäften, das Mittelteil bis zur Hälfte der Zeilenhöhe ziehend oder bis auf die Zeile
herabreichend. Der Buchstabe I hat erst ab 1576 gelegentlich einen Punkt (und meist nur in den weniger
sorgsam ausgeführten Inschriften!), überwiegend bleibt er - wie in antiken Inschriften - ohne Punkt.
Auffallend ist das aus der frühhumanistischen Kapitalis bekannte rundbauchige E, das 1586 und 1599
unvermittelt neben geradem E in Kapitalisschriften erscheint (nr. 395, 496). Rundes U kommt seit 1586
gelegentlich vor (nr. 395), häufiger wird es jedoch erst ab 1650. Das O hat meist kreisrunde Form, seltener
ovale Gestalt. Die Vielfalt der Möglichkeiten bezeugt eine kursive Kapitalis aus dem Jahre 1596, die für
das Schriftzitat einer geraden Kapitalinschrift verwendet wurde (nr. 473). Insgesamt hält sich die Kapitalis
eng an das antike Vorbild, wie es in den Monumentalinschriften vorgegeben war. Variationen der Schrift
sind gleichbleibend durch eineinhalb Jahrhunderte hindurch primär abhängig von der Qualität der Aus-
führung des Denkmals: je hochstehender ein Auftraggeber war (und das heißt auch, je erfahrener und

39) Bauer, Epigraphik 7; DI. V (München) XXIII. — Vgl. auch DI. VI (Naumburg Dom) nr. 60 (1513) und
nr. 79 (1542) mit Abbildungen, ebenso nr. 66 (1521); DI. XI (Merseburg) nr. 57 (1516).
40) Der Name Bernhart gibt einem Buchstabenvergleich nur wenig Material. Kapitales E ist auch in der früh-
humanistischen Kapitalis häufig neben rundbauchigem E anzutreffen.
41) Buxtorf44: Grabinschrift für den Mailänder Bischof La Capra im Baseler Münster (ohne Abb.). - DI. II
(Mainz) nr. 25: Breidenbachs Madonna der Palästinafahrer. - Es erscheint aufschlußreich, daß in Basel ebenso wie
in Mainz italienischer Einfluß auf die Ausführung der Schrift als sicher vorausgesetzt werden kann. Für die Dossen-
heimer Bauinschrift kann - ebenso wie für eine Bauinschrift aus Beerfelden in Kapitalis aus dem Jahre 1500 - früh-
humanistischer Einfluß durch die Auftraggeber zumindest vermutet werden.
42) Vgl. nr. 138 und nr. 139.
43) DI. V (München) XXIII f.
 
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