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Borchardt, Karl; Herrmann, Franz Xaver; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Kramer, Theodor [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 27 = Münchner Reihe, 7. Band): Die Würzburger Inschriften bis 1525 — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.57398#0029
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Frühe Grabplatten: Der Bestand an frühen Grabplatten konnte in Würzburg durch Grabungen nach
dem Zweiten Weltkrieg erheblich erweitert werden (Nr. 5, 8, 31, 32). Diese Stücke weisen auch In-
schriften auf, während andere sich mit apotropäischen Zeichen, Kreuzen oder Ringen allein begnü-
gen. 10
Grabdenkmäler: Im Unterschied zu den ehemals als Abdeckung flach auf dem Grab liegenden, heute
zum Schutz vor weiterem Abtreten zumeist aufrecht gestellten Grabplatten standen die vollplastischen
Grabdenkmäler von Anfang an aufrecht an einer Wand, einem Pfeiler oder einer Säule. Der Würzbur-
ger Dom besitzt neben dem Mainzer eine der vollständigsten Reihen von Bischofsgrabdenkmälern in
Deutschland.11 Wenn man von Gottfried I. (gest. 1190: Nr. iof) und dem verschollenen Berthold II.
(gest. 1287: Nr. 37 t) absieht, beginnt sie mit Manegold (gest. 1303: Nr. 45 t) und Gottfried III. (gest.
1322: Nr. 48t), deren ursprüngliche Inschriften beide nicht mehr vorhanden sind. Beide Bischöfe
tragen Pontifikalkleidung - Mitra, Kasel, das in Würzburg einem Pallium nachgebildete Rationale, in
der Linken das Pedum - und führen als Herzöge von Ostfranken ein Schwert, Manegold in der Rech-
ten, Gottfried am Gürtel. Seit Otto II. (gest. 1345: Nr. 67) tritt ein Löwe als Symbol weltlich-fürstli-
cher Macht hinzu; seit Gottfried IV. (gest. 1455: Nr. 241) sind es zwei Löwen. Wolfram (gest. 1333:
Nr. 58), Otto II. und Albrecht II. (gest. 1372: Nr. 91) haben vier Wappenschilde, nämlich den Rechen,
das Rennfähnlein und die beiden Eltern. Die folgenden Denkmäler sind nicht mehr bloß hochplastisch
ausgefuhrte Grabplatten, sondern wurden durch einen Baldachin zu Totenschreinen ausgestaltet. Bei
Gerhard (gest. 1400: Nr. 136) fehlt der obere Teil und sind nur die beiden unteren Schilde - Wappen des
Vaters und geviert von den vier Ahnen - erhalten, bei Johann I. (gest. 1411: Nr. 161) auch die drei
oberen - Rechen, Rennfähnlein und der Vater. Johann II. (gest. 1440: 219) verzichtet auf den Balda-
chin, läßt die Inschrift sich auf einem Band um die vier Seiten des Denkmals winden12 und zeigt vier
Schilde - geviert von Vater, Rechen und Rennfähnlein sowie drei Ahnen. Gottfried IV. und Jo-
hann III. (gest. 1466: Nr. 267) nahmen die Baldachintradition wieder auf. Gottfried zeigt acht, Johann
vier Ahnenwappen, aber beide nicht den Rechen und das Rennfähnlein. Rudolf (gest. 1495: Nr. 345)
und Lorenz (gest. 1519: Nr. 473) ließen sich prächtige, vielgliedrige Renaissance-Denkmäler setzen,
jeder mit sechs Wappenschilden.13 Neben den 14 Bischöfen stehen 19 weitere Grabdenkmäler von
Johann vom Stern (gest. 1329: Nr. 53 f) bis Christoph von Karsbach (gest. 1518: Nr. 469), alle Laien
aus adeligen oder patrizischen Geschlechtern. In der Regel wurde der Verstorbene in Ritterrüstung
oder modischer Tracht in Halb- oder Vollrelief wiedergegeben, meist stehend auf dem Löwen oder
Hund sowie begleitet von ein bis vier Wappenschilden. Der Johanniterprior Berthold von Henneberg
(gest. 1330: Nr. 55) bildet vor diesem Hintergrund durch seine Ganzfigur als Halbrelief in vertieftem
Mittelfeld eine Ausnahme. Die drei Denkmäler von Äbten in St. Burkhard (Nr. 153, 196, 208) standen
möglicherweise ebenfalls ursprünglich schon aufrecht wie sicher auch das Denkmal des Schottenabtes
Johann Trithemius (gest. 1516: Nr. 463).
Grabplatten: Zusätzlich zu dem Grabdenkmal wurde mitunter eine Grabplatte angefertigt (Nr. 108
und 109, 134 und 135, 278t und 279f, 345 f und 346, 472 und 473). Wer sichjedoch kein aufwendiges
Grabdenkmal leisten konnte oder aus Standesrücksichten keinen Anspruch darauf erhob, begnügte
sich allein mit der Grabplatte. Sie zeigt stets eine umlaufende Inschrift, die meist oben rechts beginnt.
Tumbenähnlich, mit den Oberlängen nach innen ist die Schrift nur bei Anna Wirt (gest. 1401, Nr. 139)

10 Das Mainfränkische Museum besitzt einen Grabstein des n.Jhs. (Inventarnr. 40195) und einen um 1150 angesetzten
(Inventarnr. 40025) ohne Inschrift, die beide wohl ursprünglich vom Domfriedhof stammen: M. H. v. Freeden, Aus
den Neuerwerbungen des Mainfränkischen Museums 1945-50“, Mainfrk. Jb. 2 (1950) — SD (Würzburg 1960), 26f.
Zu den Grabplatten mit Kreisen und Ringen DI II 32h Nr. 28, DI IV 9f. Nr. 8.
11 K. Bauch, Das mittelalterliche Grabbild: Figürliche Grabdenkmäler des 11. bis 15.Jahrhunderts in Europa (Berlin-
-New York 1976); E.Borgwardt, Die Typen des mittelalterlichen Grabmals in Deutschland (Schramberg/
Schwarzwald 1939); Börger, Grabdenkmäler; Bruhns, Grabplastik.
12 Ähnlich läuft die Inschrift auf einem gedrehten Band am Rand beim Entwurf des Hans Multscher für das Grabdenkmal
Herzog Ludwigs des Gebarteten in Ingolstadt 1435 (Bayer. Nationalmuseum München MA 936).
13 L. Bruhns, Die Bischofsgrabmäler im Würzburger Dom (Wien-Augsburg 1922). Anzumerken ist hier, daß die
Bischofschroniken des Lorenz Fries und seiner Nachfolger zahlreiche sog. Epitaphien auf Würzburger Bischöfe ent-
halten; diese gelehrten Grabsprüche sind aber, soweit bekannt, niemals als Inschrift in Stein gehauen worden. Den
Begriff Epitaph sollte man wegen seiner Unklarheit vorsichtig verwenden. Beispielsweise war das gewöhnlich um
1510 datierte sog. Ganzhorn-Epitaph von Haus Elefantengasse Nr. 10 in Würzburg, eine Kreuzigungsdarstellung
(Kreuztitel .i.n.r.i.) mit dem Wappen des Hausbesitzers Kanonikus Ganzhorn - heute im Mainfränk. Museum:
H. Muth und D. Zwicker, Tilman Riemenschneider (Würzburg 1982), 108 f. Nr. 21 -, eine Art Bauinschrift, die nichts
mit einer Bestattung zu tun hat.

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