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Borchardt, Karl; Herrmann, Franz Xaver; Kramer, Theodor [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 27 = Münchner Reihe, 7. Band): Die Würzburger Inschriften bis 1525 — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.57398#0052
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Imjahre der Fleischwerdung des Herrn 1212 schaffte der ehrwürdige Otto, Bischof von Würzburg, mit Zustimmung des
Kapitels die Meßpfennige in dieser Pfarrei ab. Als Ersatz dafür kauften die Bürger dem Pfarrer Billung und dessen Nach-
folgern für 88 Mark vier Joch und ein Viertel am Pfaffenberg, am Schalkberg drei (Joch) weniger ein Viertel, an der
Trebenklinge dreijoch und ein Drittel. Dieses Privileg ist mit dem Siegel des Bischofs, der Kirche und der Stadt signiert.
Erstmals in Würzburg steht die Schrift hier zwischen breit eingegrabenen Zeilenlinien. Die frühgoti-
sche Maiuskel ist gekennzeichnet durch Wechsel von kapitalen und unzialen Formen bei E, T, N und
U. M kommt stets kapital, H nur unzial vor. Das unziale E wird bereits geschlossen, C hingegen bleibt
noch offen. A ist trapezförmig mit geradem oder schrägem Querbalken. R, B und K weisen in der
Mitte einen Abstand zwischen den Bögen oben und unten auf. Die Bogen-, Balken- und Schaftenden
sind sorgfältig mit Sporen verziert. An Kürzungen werden - erstmals in Würzburg - die Zeichen für
ET und CON/COM verwendet.
Die Inschrift faßt regestenartig eine Pergamenturkunde Bischof Ottos von 1211 (!) zusammen, in der
dieser die Übereinkunft zwischen dem Dompfarrer Billung und den Bürgern genehmigte und die mit
drei Siegeln (Bischof, Domkapitel und Bürgerschaft) versehen war (BayHStAM WU 110; MB 37,
183-85 Nr. 179). Danach wurden zur Ablösung 4/4Joch Weingarten - in zwei Stücken zu 3 und
i/4 Joch - auf dem Pfaffenberg, 23/4Joch auf dem Schalksberg an der Steige nach Rimpar und
3 /3 Joch vom neuen Weinberg Treibenklinge gegeben (zu den Flurnamen vgl. Lutz). Nach Fries ge-
schah die inschriftliche Verewigung auf Drängen der Bürger; sie lag aber auch im Interesse der Dom-
pfarrei. Für die Anbringung der Inschrift am Dom war sicher die Zustimmung des Bischofs notwen-
dig.
Fries, M. ch. f. 248/1 fol. iö2r; StAW HV MS f. 857a fol. 163t (Zeichnung); Fries/Ludewig 547b; Salver 217b. (mit
Zeichnung); Scharold, Kilians-Dom 114b; A. Klemm, „Die Entwicklung der Formen der Steinschrift, geprüft an den
Proben im Germanischen Museum“, Christliche Kunstblätter 27 (1885), 124; Heßdörber, Dom 130; KDStW 64; Rauh,
Paläographie 22f. u. Taf. 1/1 (Foto); Lutz, Weinbau 108, 112, 114, 128 u. Karte der Flurnamen; Muth, Dom zu Würzburg
Plan Nr. 87; R. Neumüllers-Klauser, „Inschriften als rechtsgeschichtliche Quellen“, ZRG KA 53 (1967), 351; P.Johanek,
Die Frühzeit der Siegelurkunde im Bistum Würzburg, QFW Bd. 20 (Würzburg 1969), 256-58, 260 f.; Müller, Urkunden-
inschriften 80 b Nr. 24.

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Domkirche

um 1230

Dedikationsinschrift an zwei Säulen. Heute innen im Westen des südlichen Seitenschiffs rechts und
links vom Eingang zur Taufkapelle (Plan Nr. 88 rechts, Nr. 89 links). Roter Sandstein. Rechts vier
Rundstäbe, die sich in der Mitte zweimal verknoten, links acht, die sich einmal verknoten. Am Säulen-
fuß jeweils Eckblätter. An der Deckplatte des Kapitells die Inschrift; Schrift eingehauen. Die beiden
Säulen stammen von den Gräden (von lat. gradus Stufe) der bald nach 1644 abgebrochenen Westvor-
halle des Doms; vor 1945 standen sie im südlichen Seitenschiff beim Marienchörchen.
Abb. 16 a-b H. 245 cm; B. 41 cm (Plinthe) / 31 cm (Abakus); Bu. 3-4 cm. - Majuskel.
A) Rechte Säule
• BOOZ•
B) Linke Säule
IACHIM
Beim unzialen H und halbgeschlossenen M reichen die Bögen unter die Zeile und enden gerade. Beim
C nähern sich die Sporen, ohne daß bereits eine Schließung erfolgt. A ist trapezförmig und trägt wie B,
I und H große Sporen. Um den Platz zu füllen, sind die Buchstaben der rechten Säule übertrieben breit
ausgeführt und zwischen zwei Punkte gesetzt; Z ist sehr langgezogen.
Die Namen stammen von den beiden Säulen am Eingang zu Salomons Tempel (1 Kg 7.21; 2 Chr
3.17). Die Knoten Verschlingungen der Rundstäbe und die Knospen der Kapitelle deuten auf die Kno-
ten und Granatäpfel, mit denen der salomonische Tempel verziert war. An Kirchenportalen versinn-
bildlichen sie Juden- und Heidenkirche oder Altes und Neues Testament.
Scharold, Kilians-Dom 44; Heffner, Würzburg und Umgebungen 278; R. Redtenbacher, Beiträge zur Kenntnis der Ar-
chitektur des Mittelalters in Deutschland, Abt. 2, Cap. 5 (Frankfurt/Main 1875), Taf. 25 mit Fig. 5-7 (Zeichnungen);
Ullrich, Katholische Kirchen 85; R. Kittel, s.v. Tempel von Jerusalem, RThK 19 (1907), 493 f.; KDStW 40 (Foto);
Rauh, Paläographie 26 f.; Muth, Dom zu Würzburg 15; W. Messerer, s.v. Säule, Lexikon d. christl. Ikonographie IV
(1972), 55-

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