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Knorr, Walburga; Zipp, Gerhard; Meier, Beate [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 40 = Münchener Reihe, 8. Band, Regensburg, 1): Minoritenkirche — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.57399#0045
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I

Chor

1272

Grabplatte des Bruders Berthold von Regensburg; ehemals nahe dem Portiunkulaaltar, d. h. an der
östlichen Abschlußwand des südlichen Seitenschiffes.1) Die Grabplatte, in der Zeit der Profanierung
der Minoritenkirche2^ versteigert, diente als Pflasterstein im Hausflur eines Privathauses am Weißger-
bergraben.3 4 5 6 7) Nach ihrer Wiederauffindung wurde sie in den Domkreuzgang gebracht und kam erst
an ihren Ursprungsort zurück, als die Stadt in der Minoritenkirche und dem Kloster das Museum ein-
gerichtet hatte. Heute befindet sie sich in der Mitte des Chores, etwas erhöht in den Kirchenboden
eingelassen.4) Hochrechteckige Platte aus grauem, nachgedunkeltem Sandstein mit tief eingeschlage-
ner Umschrift zwischen zwei Limen. Die Umschrift beginnt an der oberen Schmalseite in der Mitte,
umläuft den ganzen Stern und endet ebenda. Im Feld: Darstellung Bruder Bertholds, mit einer Kutte
bekleidet; die rechte Hand weist vor der Brust mit dem Zeigefinger belehrend nach oben, in der lin-
ken hält er ein Buch. Es handelt sich hier wohl weniger um eine portraithafte Darstellung des Bruders
Berthold als um das stilisierte Bildnis eines predigenden Mönches.3) Sehr abgetretenes Konturenbild-
nis (Flachrelief). Der Stein ist an der unteren Schmalseite beschädigt und nachgebessert; bereits bei
Wiederauffindung des Steines war der Name Bertholdus nicht mehr zu lesen.6)
H. 200cm, B. 85 cm, Bu.7—9cm. — Gotische Majuskel.
+ANNO ■ / D(OMI)NI ■ M • CG • LXXII • XV1III • K(A)L(E)N(DAS) • IA-
N(UARII) ■ OB(IIT) / [BERTHOLDUS] / [PRAE]DICATOR • QRDINIS •
FR(ATRU)M • MINOR/UM • a)
Im Jahre des Herrn 1272, am 19. Tag vor den Kalenden des Januar, starb Berthold, Prediger vom Orden der Minderen Brü-
der.
a) Pfeiffer, Berthold XXIX, transkribiert die vollständige Grabinschrift, liest aber: „XIX. Kal(endas)“; Leidinger, An-
dreas von Regensburg 63, aus Andreas von Regensburg Chronica pontificum et imperatorum Romanorum: „Anno
domini 1272. 19. Kal(endas) Januarii obiit frater Berchtoldus magnus predicator hic sepultus Lucie virginis“. Die voll-
ständige Grabinschrift Bertholds ist kopial auch im Nekrolog überliefert.
Datum: 1272 Dezember 14.
Berthold wurde um das Jahr 1210 in Regensburg geboren.7) Er trat - wahrscheinlich in den späten
zwanziger Jahren — der Regensburger Niederlassung der Minoriten bei und absolvierte sein Ordens-
studium in Magdeburg/) Erst ab 1240 gibt es zuverlässig nachweisbare Daten über Bertholds Leben9);
Er predigte in Augsburg und wird im Jahre 1246 in einer Urkunde neben seinem „socius“ David von
Augsburg, dem Domdekan Heinrich und dem Kanonikus Ulrich von Dornberg vom päpstlichen Le-
gaten mit der Visitation der Frauenstifte Niedermünster und St.Paul beauftragt.Iu) Seit 1250 läßt sich
die intensive Predigttätigkeit Bertholds belegen: vor dem Jahr 1253 in Böhmen, im November 1253
in Landshut, im Januar 1254 und 1255 in Speyer und im selben Jahr in Colmar. Von dort zog er durch
die Schweiz, in die Steiermark, nach Böhmen, Mähren und Ungarn.1 u Im Jahre 1263 wird Berthold
von Papst Urban IV beauftragt, neben Albertus Magnus das Kreuz gegen die Ketzer zu predigen. So
durchwanderte er bis zum Tode Urbans IV. im Jahre 1264 Deutschland, Frankreich — wo er mit König
Ludwig IX. zusammentraf— und die Schweiz.12) Imjahre 1271 gibt es eine weitere datierte Nachricht
von Berthold, als er seine Vision vom Tode seines Mitbruders David niederschrieb.13) Das Todesda-
tum, 14. Dezember 1272, gilt als gesichert.14) Bischof Albert IV von Törring (1613 — 1649) ließ im
Jahre 1626 die Gebeine des Mmoritenpredigers erheben und in einem Reliquienschrein, der in Gold
und Silber gefaßt war, den Gläubigen zur Verehrung freigeben. Der Reliquienschrein wurde zur Zeit
der Aufhebung des Klosters in das Domarchiv gebracht und ist heute im Domschatzmuseum ver-
wahrt.15) Weder Bertholds Abstammung noch sein Geburtsort sind sicher nachzuweisen; ebensowe-
nig können Aussagen zu seiner Persönlichkeit gemacht werden.l6)
1) Paricius, Merkwürdigkeiten 452; Neumann, Berthold 258; Katzensteiner, Allerseelen, Nr.244 (Rückseite); Freytag-
Hecht, Dom 16.
2) S. Einleitung XXVIII.
3) Neumann, Grabstein 258; Walderdorff, Regensburg 243; KDB II 22,1, 172.
4) Der genaue Zeitpunkt, zu dem die Grabplatte in die Minoritenkirche zurückkam, läßt sich nicht mehr bestimmen.
Nach KDB II 22,1, 172, befand sich die Grabplatte im Jahre 1933 noch in der Mittelhalle des Domkreuzgangs an der
Südseite (Abb. 104 ebd.); Busch, Minoritenkirche 152, schreibt 1937, daß der Stein bereits in der renovierten Minori-
tenkirche vorhanden war — hierzu auch Diepolder, Führer 17.
5) Schönbach 1908, 100, beschreibt das Erscheinungsbild Bertholds auf Grund der eigenen Aussagen des Predigers.
6) Neumann, Grabstein 258 f.
7) Schönbach 1907, 5; Banta 1978, Sp. 817, und ders. 1983, 7, bemerkt, daß man nichts Gesichertes über Geburtsort

Abb. I

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