mit großem Bogen gebildet und ihre extrem kurzen Unterlängen sind kaum unter die Zeile gezo-
gen.
Nach 1400 zeigt sich im Bestand der Minuskehnschriften ein sehr heterogenes Bild der Schriftformen
und der Qualität in der Ausführung. Das Schriftbild der Gedenktafel am Krumbacher St. Ulrichs-
kirchlein (Nr. 8) von 1438 wirkt aufgrund der schwankenden Buchstabenhöhen recht unruhig; auch
hier füllen die Mittellängen die Zeilenhöhe, die in diesem Fall durch eingeritzte Linien begrenzt ist,
fast ganz aus. Als herausragendes Werk muß das Epitaph für den Ursberger Abt Wilhelm Sartor
(Nr. 10) genannt werden, das um 1445 entstand, und sich heute im Bayerischen Nationalmuseum be-
findet. Von den im Bearbeitungsgebiet erhaltenen Werken ist dies das erste, dessen Schrift Versalien
aufweist. Die exakt geschnittenen Buchstaben zeigen ausgesprochene Freude an einer zeichnerischen
Gestaltung. Das als Schmuckinitiale figürlich gestaltete A läßt an Vorbilder aus Handschriften denken.
Auffallend sind die feinen Zierbänder, die sowohl als Trennzeichen fungieren, als auch durch das
runde s diagonal geschlungen sind, und sich als Anhängsel an die nach unten gezogene Cauda des h
wiederholen. Da ein Ausziehen der Unterlängen von g und p unterbleibt, ist dieses raumgreifende
Ausschwingen des h besonders auffällig. Das Auge des e ist offen und endet ebenso wie das des r spiral-
förmig eingerollt. Im etwa 30 Jahre später entstandenen Ursberger Epitaph des Hans und der Geno-
feva von Freyberg (Nr. 22) findet sich eine ähnliche Gestaltung des offenen e und des r, an die ein spi-
ralförmiger Zierschnörkel angehängt wird. Auch das Freyberger Epitaph gehört zu der Schriftgruppe,
die eine Ausbildung von Unterlängen vermeidet.
Wie die Beispiele im Bearbeitungsgebiet vermuten lassen, scheint die Scheu vor der Ausbildung von
Unter- und Oberlängen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts weitgehend durch die technische
Ausführung der erhaben gearbeiteten Schrift, bei der die Höhe der ausgegrundeten Zeile von Mittel-
längen fast ausgefüllt war, bestimmt worden zu sein. Gelöst wird dieses „Problem“ erstmals in Mindel-
altheim (Nr. 23) 1483, wo die Unterlängen in die die ausgetiefte Zeile begrenzende Leiste im Kontur
eingeritzt ist. Ähnlich verfahren wird in Burtenbach 1482/92 (Nr. 27) und Ursberg 1510 (Nr. 43).
Diese Beispiele zeigen zudem, wie sehr hier die Schrift zum wichtigen künstlerischen Gestaltungs-
mittel geworden ist; exakt geschnitten und steil gesetzt, vermittelt sie den Charakter eines streng
gefugten Musters. Auf dem Epitaph in Burtenbach weist die Schrift viele Bogenverbmdungen und
Kürzungen auf, die Lesbarkeit des Textes scheint dem Erscheinungsbild eines exakt gefügten Orna-
mentbandes untergeordnet zu sein.
Emen ganz anderen Charakter dagegen zeigt die Schrift auf dem Epitaph des Philipp vom Stain in Jet-
tingen (Nr. 41). Hier ist die ganze Buchstabenhöhe erhaben gearbeitet, die wenigen Versalien sind
kaum hervorgehoben. Zu einem aufgelockerten Schriftbild tragen neben den lockerer gesetzten
Buchstaben das schwungvoll von oben herabgezogene v, wie auch die gespaltenen Ober- und Unter-
längen bei b und p bei.
Bei den Werken nach 1500 treten häufiger Versalien auf; hingegen hat man vor 1500 fast ganz auf diese
verzichtet (Nrr. 15, 19, 24). Dies gilt auch für die Belege von gemalten Inschriften aus dieser Zeit
(Nrr. 16, 20). Die wenigen Versalien auf dem vor 1512 entstandenen Grabdenkmal des Ulrich und der
Margarete von Wernau in Waltenhausen (Nr. 44) sind kaum hervorgehoben, aber es zeigt sich eine
deutliche Betonung der Unterlängen: Der linke Schenkel des A und die Cauda des h laufen ge-
schwungen nach unten; die Unterlängen des y und besonders des g sind stark ausgezogen und zu
Bandornamenten verschlungen.
Im Bearbeitungsgebiet dominieren im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts bei den Minuskelinschrif-
ten auf Epitaphien die Werke Loy Herings, die sich, bis auf em Epitaph in Jettingen (Nr. 55), alle in
Unterknöringen befinden und zwischen 1526 und 1542 entstanden. Vier der Epitaphien tragen erha-
ben herausgearbeitete Schrift, (Nrr. 53, 54, 61, 62), in den Werken von 1528 (Nr. 55), 1534 (Nr. 60)
und 1542 (Nr. 66) ist die Schrift eingehauen. Die erhabene Schrift bei Loy Hering hat viel Raum, die
einzelnen Worte sind durch deutliche Zwischenräume voneinander abgesetzt. Die Buchstaben sind
mit scharfem Kontur sorgfältig herausgearbeitet. Die Bildung und Verzierung der Versalien variiert: A
kommt z.B. mit gezahntem Anstrich oder mit geschwungenem Deckbalken vor100. Die Minuskeln
106 Bornschlegel, Inschriften des Loy Hering, Taf. 2, Abb. 4/3, 4/4,
gen.
Nach 1400 zeigt sich im Bestand der Minuskehnschriften ein sehr heterogenes Bild der Schriftformen
und der Qualität in der Ausführung. Das Schriftbild der Gedenktafel am Krumbacher St. Ulrichs-
kirchlein (Nr. 8) von 1438 wirkt aufgrund der schwankenden Buchstabenhöhen recht unruhig; auch
hier füllen die Mittellängen die Zeilenhöhe, die in diesem Fall durch eingeritzte Linien begrenzt ist,
fast ganz aus. Als herausragendes Werk muß das Epitaph für den Ursberger Abt Wilhelm Sartor
(Nr. 10) genannt werden, das um 1445 entstand, und sich heute im Bayerischen Nationalmuseum be-
findet. Von den im Bearbeitungsgebiet erhaltenen Werken ist dies das erste, dessen Schrift Versalien
aufweist. Die exakt geschnittenen Buchstaben zeigen ausgesprochene Freude an einer zeichnerischen
Gestaltung. Das als Schmuckinitiale figürlich gestaltete A läßt an Vorbilder aus Handschriften denken.
Auffallend sind die feinen Zierbänder, die sowohl als Trennzeichen fungieren, als auch durch das
runde s diagonal geschlungen sind, und sich als Anhängsel an die nach unten gezogene Cauda des h
wiederholen. Da ein Ausziehen der Unterlängen von g und p unterbleibt, ist dieses raumgreifende
Ausschwingen des h besonders auffällig. Das Auge des e ist offen und endet ebenso wie das des r spiral-
förmig eingerollt. Im etwa 30 Jahre später entstandenen Ursberger Epitaph des Hans und der Geno-
feva von Freyberg (Nr. 22) findet sich eine ähnliche Gestaltung des offenen e und des r, an die ein spi-
ralförmiger Zierschnörkel angehängt wird. Auch das Freyberger Epitaph gehört zu der Schriftgruppe,
die eine Ausbildung von Unterlängen vermeidet.
Wie die Beispiele im Bearbeitungsgebiet vermuten lassen, scheint die Scheu vor der Ausbildung von
Unter- und Oberlängen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts weitgehend durch die technische
Ausführung der erhaben gearbeiteten Schrift, bei der die Höhe der ausgegrundeten Zeile von Mittel-
längen fast ausgefüllt war, bestimmt worden zu sein. Gelöst wird dieses „Problem“ erstmals in Mindel-
altheim (Nr. 23) 1483, wo die Unterlängen in die die ausgetiefte Zeile begrenzende Leiste im Kontur
eingeritzt ist. Ähnlich verfahren wird in Burtenbach 1482/92 (Nr. 27) und Ursberg 1510 (Nr. 43).
Diese Beispiele zeigen zudem, wie sehr hier die Schrift zum wichtigen künstlerischen Gestaltungs-
mittel geworden ist; exakt geschnitten und steil gesetzt, vermittelt sie den Charakter eines streng
gefugten Musters. Auf dem Epitaph in Burtenbach weist die Schrift viele Bogenverbmdungen und
Kürzungen auf, die Lesbarkeit des Textes scheint dem Erscheinungsbild eines exakt gefügten Orna-
mentbandes untergeordnet zu sein.
Emen ganz anderen Charakter dagegen zeigt die Schrift auf dem Epitaph des Philipp vom Stain in Jet-
tingen (Nr. 41). Hier ist die ganze Buchstabenhöhe erhaben gearbeitet, die wenigen Versalien sind
kaum hervorgehoben. Zu einem aufgelockerten Schriftbild tragen neben den lockerer gesetzten
Buchstaben das schwungvoll von oben herabgezogene v, wie auch die gespaltenen Ober- und Unter-
längen bei b und p bei.
Bei den Werken nach 1500 treten häufiger Versalien auf; hingegen hat man vor 1500 fast ganz auf diese
verzichtet (Nrr. 15, 19, 24). Dies gilt auch für die Belege von gemalten Inschriften aus dieser Zeit
(Nrr. 16, 20). Die wenigen Versalien auf dem vor 1512 entstandenen Grabdenkmal des Ulrich und der
Margarete von Wernau in Waltenhausen (Nr. 44) sind kaum hervorgehoben, aber es zeigt sich eine
deutliche Betonung der Unterlängen: Der linke Schenkel des A und die Cauda des h laufen ge-
schwungen nach unten; die Unterlängen des y und besonders des g sind stark ausgezogen und zu
Bandornamenten verschlungen.
Im Bearbeitungsgebiet dominieren im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts bei den Minuskelinschrif-
ten auf Epitaphien die Werke Loy Herings, die sich, bis auf em Epitaph in Jettingen (Nr. 55), alle in
Unterknöringen befinden und zwischen 1526 und 1542 entstanden. Vier der Epitaphien tragen erha-
ben herausgearbeitete Schrift, (Nrr. 53, 54, 61, 62), in den Werken von 1528 (Nr. 55), 1534 (Nr. 60)
und 1542 (Nr. 66) ist die Schrift eingehauen. Die erhabene Schrift bei Loy Hering hat viel Raum, die
einzelnen Worte sind durch deutliche Zwischenräume voneinander abgesetzt. Die Buchstaben sind
mit scharfem Kontur sorgfältig herausgearbeitet. Die Bildung und Verzierung der Versalien variiert: A
kommt z.B. mit gezahntem Anstrich oder mit geschwungenem Deckbalken vor100. Die Minuskeln
106 Bornschlegel, Inschriften des Loy Hering, Taf. 2, Abb. 4/3, 4/4,