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Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)
welchem die vakanten Kirchen- und Schulstellen, und die Personen, welche ihre Dienste an-
geboten haben, mit ihren Personalien eingetragen sind. „Alle superintendenzen, stellen der ad-
junkten, alle pfarren und kirchendienste“ sollen „aus dem synodus confirmirt werden, damit
nicht aus gunst oder wider willen der erb- oder gerichtsherrn, oder der kirchen bewilligung un-
tüchtige kirchendiener eingeschoben, sondern wir auch jederzeit wissen mögen, mit was personen
die kirchen in unsern landen versehen“.
Der weitere Geschäftsgang ist folgender:
Die Beschlüsse des Synodus werden für jeden General - Superintendentur-Bezirk in ein
besonderes Buch eingetragen. Sodann reicht der Kanzler oder Präsident alle Akten der Re-
gierung ein, oder wenn diese durch Geschäfte verhindert ist, an des Kurfürsten „geheime be-
sonders geordnete rethe“. Diese erwägen sämmtliche Fragen noch einmal. Nunmehr gehen
die Beschlüsse des Synodus und diejenigen der Räthe an den Kurfürsten zu „entlicher resolution
der exekution halben“. Hat der Kurfürst kein Bedenken, so hat das Ober-Consistorium für die
Ausführung der einhelligen Beschlüsse Sorge zu tragen, durch Befehle an die Consistorien,
Superintendenten u. s. w.
Es ist nicht zu leugnen: der Grundgedanke dieser Einrichtung war ein ganz vortreff-
licher. In grossartiger Weise wurde zur Beaufsichtigung des Kirchenwesens und zur Hebung
des kirchlichen und sittlichen Lebens des Volkes der ganze Verwaltungsapparat von Staat und
Kirche in Bewegung gesetzt. Die beiden Schwerter sollten zu gleichen Zielen zusammen-
wirken, aber in der Idee doch nicht vermischt werden. Deswegen ist die oberste Aufsichts-
behörde auch aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern zusammengesetzt. Unter dem Kur-
fürsten standen aber alle Behörden von Kirche und Staat, in seiner Hand lief die gesammte
Verwaltung zusammen.
Glänzend ist im Synodus die Idee der Konzentration durchgeführt. An einer einzigen
Stelle ist die gesammte Aufsicht über die Kirche vereinigt. Die Berichte der untersten Auf-
sichts-Organe durchlaufen verschiedene Instanzen, überall werden sie „extrahirt“, und schliess-
lich erhält der Landesherr gewissermassen in nuce ein Gesammtbild des kirchlichen Lebens
vorgelegt. In der Idee ist also die Spitze der Kirche jederzeit von allen wissenswerthen Vor-
gängen unterrichtet. Dadurch ist auch eine einheitliche Verwaltungspraxis für das ganze Land
garantirt. Endlich ist auch noch rühmend hervorzuheben, wie geschickt in der K.O. von 1580
alle Formen der Visitation, schriftliche und mündliche Berichterstattung, kombinirt worden sind.
In der Praxis konnte sich aber dieser so schön ausgedachte Plan nicht bewähren.
Er war vor allen Dingen viel zu komplizirt. Viel zu viel Behörden waren betheiligt.
Die geringste Störung an einer Stelle brachte den ganzen Apparat in Unordnung. Man denke:
Alle Jahre zweimal finden Lokal-Visitationen aller Gemeinden statt. Das hierbei zusammen-
gebrachte Material verarbeiten die General-Superintendenten zu Extrakten. Uber diese letzteren
berathschlagt der Synodus, über dessen Beschlüsse die geheimen Räthe, und zuletzt entscheidet
der Landesherr. Dann ertheilt das Ober-Consistorium die nöthigen Befehle an die Unter-
behörden. Diese führen aus. Ehe es so weit ist, sind aber schon längst wieder die zweiten
Visitationen im Gange, oder haben schon stattgefunden. Alles dies bei normalem Funktioniren
des Apparates. Die Zeiträume zwischen den vielen Visitationen und Berathungen waren viel
zu klein berechnet. Man konnte die Exekution oder gar die Wirkung derselben nicht abwarten.
Dabei war man für die Exekutionsbefehle auf persönlichen Bescheid des Kurfürsten hingewiesen.
(So wenigstens nach der K.O. von 1580. Es scheint jedoch, als wenn der Synodus auch von
sich aus Befehle habe ertheilen können.)
Und nun der Synodus selbst. Er war eine theils berathende, theils beschliessende,
theils verwaltende, theils richterlich erkennende Behörde. In erster Linie war er die
oberste Aufsichtsbehörde über Kirche und sittliches Leben im Lande, und in dieser Beziehung
Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)
welchem die vakanten Kirchen- und Schulstellen, und die Personen, welche ihre Dienste an-
geboten haben, mit ihren Personalien eingetragen sind. „Alle superintendenzen, stellen der ad-
junkten, alle pfarren und kirchendienste“ sollen „aus dem synodus confirmirt werden, damit
nicht aus gunst oder wider willen der erb- oder gerichtsherrn, oder der kirchen bewilligung un-
tüchtige kirchendiener eingeschoben, sondern wir auch jederzeit wissen mögen, mit was personen
die kirchen in unsern landen versehen“.
Der weitere Geschäftsgang ist folgender:
Die Beschlüsse des Synodus werden für jeden General - Superintendentur-Bezirk in ein
besonderes Buch eingetragen. Sodann reicht der Kanzler oder Präsident alle Akten der Re-
gierung ein, oder wenn diese durch Geschäfte verhindert ist, an des Kurfürsten „geheime be-
sonders geordnete rethe“. Diese erwägen sämmtliche Fragen noch einmal. Nunmehr gehen
die Beschlüsse des Synodus und diejenigen der Räthe an den Kurfürsten zu „entlicher resolution
der exekution halben“. Hat der Kurfürst kein Bedenken, so hat das Ober-Consistorium für die
Ausführung der einhelligen Beschlüsse Sorge zu tragen, durch Befehle an die Consistorien,
Superintendenten u. s. w.
Es ist nicht zu leugnen: der Grundgedanke dieser Einrichtung war ein ganz vortreff-
licher. In grossartiger Weise wurde zur Beaufsichtigung des Kirchenwesens und zur Hebung
des kirchlichen und sittlichen Lebens des Volkes der ganze Verwaltungsapparat von Staat und
Kirche in Bewegung gesetzt. Die beiden Schwerter sollten zu gleichen Zielen zusammen-
wirken, aber in der Idee doch nicht vermischt werden. Deswegen ist die oberste Aufsichts-
behörde auch aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern zusammengesetzt. Unter dem Kur-
fürsten standen aber alle Behörden von Kirche und Staat, in seiner Hand lief die gesammte
Verwaltung zusammen.
Glänzend ist im Synodus die Idee der Konzentration durchgeführt. An einer einzigen
Stelle ist die gesammte Aufsicht über die Kirche vereinigt. Die Berichte der untersten Auf-
sichts-Organe durchlaufen verschiedene Instanzen, überall werden sie „extrahirt“, und schliess-
lich erhält der Landesherr gewissermassen in nuce ein Gesammtbild des kirchlichen Lebens
vorgelegt. In der Idee ist also die Spitze der Kirche jederzeit von allen wissenswerthen Vor-
gängen unterrichtet. Dadurch ist auch eine einheitliche Verwaltungspraxis für das ganze Land
garantirt. Endlich ist auch noch rühmend hervorzuheben, wie geschickt in der K.O. von 1580
alle Formen der Visitation, schriftliche und mündliche Berichterstattung, kombinirt worden sind.
In der Praxis konnte sich aber dieser so schön ausgedachte Plan nicht bewähren.
Er war vor allen Dingen viel zu komplizirt. Viel zu viel Behörden waren betheiligt.
Die geringste Störung an einer Stelle brachte den ganzen Apparat in Unordnung. Man denke:
Alle Jahre zweimal finden Lokal-Visitationen aller Gemeinden statt. Das hierbei zusammen-
gebrachte Material verarbeiten die General-Superintendenten zu Extrakten. Uber diese letzteren
berathschlagt der Synodus, über dessen Beschlüsse die geheimen Räthe, und zuletzt entscheidet
der Landesherr. Dann ertheilt das Ober-Consistorium die nöthigen Befehle an die Unter-
behörden. Diese führen aus. Ehe es so weit ist, sind aber schon längst wieder die zweiten
Visitationen im Gange, oder haben schon stattgefunden. Alles dies bei normalem Funktioniren
des Apparates. Die Zeiträume zwischen den vielen Visitationen und Berathungen waren viel
zu klein berechnet. Man konnte die Exekution oder gar die Wirkung derselben nicht abwarten.
Dabei war man für die Exekutionsbefehle auf persönlichen Bescheid des Kurfürsten hingewiesen.
(So wenigstens nach der K.O. von 1580. Es scheint jedoch, als wenn der Synodus auch von
sich aus Befehle habe ertheilen können.)
Und nun der Synodus selbst. Er war eine theils berathende, theils beschliessende,
theils verwaltende, theils richterlich erkennende Behörde. In erster Linie war er die
oberste Aufsichtsbehörde über Kirche und sittliches Leben im Lande, und in dieser Beziehung