Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0162
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
134

Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)

Die Reihenfolge der in dem Codex vereinigten Stücke ist nach einer Einleitung und
einem kurzen Abschnitt „Von der lehre und bekentniss des glaubens“ die folgende:
1. Die Kirchenagende. Sie ist eine Überarbeitung der Herzog Heinrich’s-Agende, aber
nicht zu verwechseln mit der Ausgabe der Herzog Heinrich’s-Agende von 1580.
2. Vorschriften über Anstellung und Rechte der Pfarrer. Hierbei ist die Württemberg.
K.O. von 1559- stark benutzt worden.
3. Ehe-Ordnung. (Ehegelöbnisse. Verwandtschaft. Strafe von Unzucht und Ehebruch.)
Sie ist nicht zu verwechseln mit der in der Sonder-Ausgabe der General - Artikel abgedruckten
Ehe-Ordnung. (S. oben S. 133, 129 ff.)
4. Ordnung der drei Fürstenschulen und der deutschen Schulen. Auch hier ist die
Württemberg. K.O. benutzt.
5. Stipendiaten-O. für die Landes-Universitäten.
6. Superintendenz- und Visitations-Ordnung. Vgl. dazu oben S. 133.
7. Constitution der Consistorien Leipzig, Wittenberg und des neu errichteten Ober-
Consistoriums zu Dresden, sowie des dort abzuhaltenden Synodi.
8. Die General - Artikel. Eine Bearbeitung der General - Artikel von 1557, unter Be-
nutzung der Württemberger K.O. von 1559 und der eigenen sächsischen Ordnungen. Vgl. über
diese General-Artikel S. 133.
9. Den Schluss bildet eine Universitäten-Ordnung. —
Die Zusammenfassung dieser verschiedenen Verordnungen ist eine rein äusserliche unter
einem Gesammttitel, wie ich schon oben hervorhob. Man ersieht aus der Aufzählung weiter,
dass die Gruppirung der einzelnen Theile untereinander ebenfalls eine ziemlich willkürliche ist.
Zwar ist ein gewisser Plan wohl zu erkennen, und die Verfasser haben einen solchen auch vor
Augen gehabt. Sie geben ihren Ideengang selbst so an: Begonnen wird mit der reinen Lehre
und dem Glaubensbekenntnisse, dann wird übergegangen zu den Mitteln, dieselbe rein und un-
verfälscht zu erhalten; hierhin rechnen die Verfasser die Kirchenagende, die Bestimmungen
über die Kirchendiener und über die Lehranstalten, welche die Kirchendiener heranbilden;
hineingesprengt steht hier die Ehe-Ordnung; darauf wird gehandelt von den Massnahmen, welche
der Aufsicht über die Beobachtung und die Durchführung aller dieser kirchlichen Vorschriften
dienen (Visitationen, Superintendenten, geistliche Gerichte), und den Schluss bilden die General-
Artikel, als kirchenpolizeiliches Gesetz. Die in der O. am Ende stehende Universitäten-Ord-
nung gehört dem geschilderten Ideengange nach eigentlich in den ersten Theil.
Weber, a. a. O. I, .59 sucht die Verfasser der Kirchen-O. gegen den Vorwurf, den
man ihnen vom Standpunkte der modernen Gesetzgebungstechnik aus gegen die zusammenhangs-
lose Aneinanderreihung machen könnte, folgendermassen zu vertheidigen: „Wie könnte man von
den Rechts- und Gottesgelehrten der damaligen Zeit, welche bei Abfassung der Kirchen-O. die
Feder führten, mit Grund verlangen, dass sie die verschiedenen Materien dieses Gesetzvereins
systematischer ordnen und durch passende Übergänge hätten aneinander reihen sollen! Sie
hatten ja nur die Gesetzsammlungen des römischen und kanonischen Rechts als Muster vor sich,
die wahrhaftig noch weniger sich durch systematische Ordnung empfehlen.“
Eine solche Vertheidigung wäre meiner Ansicht nach doch nur dann nothwendig, wenn
die Verfasser nicht gerade mit Absicht die einzelnen Verordnungen in ihrer Sonder-Existenz
hätte bestehen lassen wollen. Dass aber in den einzelnen Bestandtheilen selbst besondere System-
losigkeit herrsche, lässt sich nicht behaupten. Sehen wir von der Reihenfolge der Stücke unter-
einander, die vielleicht mit mehr Glück hätte getroffen werden können, ab, so müssen wir diesen
Codex als eine recht respektable gesetzgeberische Leitung betrachten.
Weiter wird an der K.O. ihre Weitschweifigkeit getadelt (Weber 1, 60). Und
das mit Recht. Manches Detail, welches sich zu gesetzgeberischer Regelung gar nicht oder
wenigstens vom evangelischen Standpunkte aus nicht recht eignete, hätte fortbleiben, die O.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften