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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0232
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Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

und wie der prophet klaget, geringer, denn
mancher nicht gerne sein stall oder scheune wolt
stehen lassen, der jugent, und andern, auch
christlicher tugent zu wider, nicht befunden
werden, weil solches, da es anders geschicht, ein
zeichen ist, das der ort nicht habe grosse christ-
liche tugend, oder da ernstliche andacht zum
heiligen evangelio sei.
Was sachen uber die vorigen in der con-
sistoria und der commissarien juris-
diction gehören sollen.
Es sollen hinein gehören die ehesachen, und
nemlich diese artikel:
Welchs ein rechtbündig ehegelübte sei oder
nicht.
Welchs gnugsam ursache sind, dem unschül-
digen teil, das es von seinem ehelichen gemahl
unbillig verlassen, wider zu raten und zu helfen.
Item wie zu strafen saevitia maritorum, wie
denn teglich klag für die visitatores gelanget, das
der teufel viel unlust, zu erweckung allerlei erger-
nis, und dem heiligen evangelio hindernis anricht.
Item, was für einsehen zu haben, wenn ehe-
leut in teglichen zank mit einander leben, allerlei
ergernus anrichten, und sich nicht wollen ver-
sünen lassen.
Ehebruch.
Jungfrau schwechen.
Incest oder blutschande.
Offentlicher wucher.
Welche ihre eltern schlan, verechtlich und un-
werd halten.
Weiber, welche ire kinder im schlaf oder
trunkenheit erdrucken.
Alle gottes lesterung.
Höhnisch und spöttisch reden, wider das
evangelium, christliche lehr und cäremonien.
Heimlich geselschaft mit juden und judinnen.
Der cüster und anderer meuterei wider die
pfarherr.
Und in summa, was die oberzelten felle, in
der commissarien und superattendenten aufsehen,
befohlen, gehandelt wird, in allen solchen fellen
sollen die commissarien macht haben zu citiren,
und darinnen zu procediren, zu erkennen und zu
strafen.
Gleichwol aber, so wollen wir hiemit unsern
ampten, reten, und gerichten in stedten und
dörfern nicht benomen, noch sie entladen oder
entschüldigt wissen, solche vorbrechung, die nach
recht und gewonheit, auch durch die weltliche
gerichte, haben gestraft werden mögen, davon die
hand abzuziehen, und von sich zu schieben, son-
dern damit solche laster, die zu verachtung ehr-
licher und christlicher zucht, begangen werden,
mit vleissigem aufsehen zu strafen, nicht weniger,

denn vorhin beladen haben, und in denselben den
consistorien, und weltlichen gerichten, concurrenten
jurisdictionen, jedoch jedem theil, zu seiner prä-
vention, gelassen haben, damit sich niemands
schüldigs einsehens, und obligender pflicht der straf,
solcher laster zu entschüldigen habe
Von der visitation und inquisition.
Nach dem dann die ware reine lehre nicht
wol erhalten werden mag, darzu auch die laster
und ergernus nicht wol removirt werden mögen,
es sei denn, das die kirchen je zu zeiten visitirt,
und der lehr, auch ergernus halben, inquirirt
werde, darumb so soll der commissarien ampt
sein, jedes jars ein mal visitation und inquisition,
in iren sedibus, so weit dieselben reichen, davon
hernach gemeldet, zu halten, mit solchem unter-
scheid: nach dem die commissarien, allerlei be-
denkens halben, personlich nicht wol aus reisen
mügen, dieweil inen daraus allerlei gefahr be-
gegnen, mitler zeit auch andere sachen geseumet
werden möchten, so soll es mit der visitation und
inquisition diese bescheidenheit haben, das das
consistorium zu Wittemberg zu richten, visitirn,
und inquirirn haben solle die ganze chur zu
Sachsen, und Jen kreis Torgau.
Nota, alhie soll ein abteilung stehen, wie
weit die andere consistoria reichen sollen, das
mag man zu hofe machen, denn es wil sich des
stuels zu Zeitz halben, auch von wegen des
landes zu Franken, die abteilung ern Johansen
von Dolzig ritters, nicht wol schicken.
So weit nu ein iglichs consistorium der ab-
teilung nach mit der jurisdiction reichet, soll die
visitatio solcher mas geschehen und gehalten
werden, und nemlich, was innerhalb derselben in
kirchen, an pfarhern, predigern, kirchendienern
mangelhaftiges, und an andern personen streflichs
vermerkt, das in ire ampt und jurisdiction, als
oben berürt, gehört, es sei in grafschaften, herr-
schaften, ampten, ritterschaften, stedten oder dorf-
schaften, dieser mas, was jedem stuel der con-
sistorien, auf sechs meilen nahe gelegen, derselben
kirchen pfarherr, und wo es in stedten, zwene
aus dem rat, und zwene von den fürstehern des
gemeinen kastens, dahin für sich zu bescheiden
haben, auf zeit, wenn inen das am gelegensten,
und doch am wenigsten fahr und verhinderung zu
reisen ist, aus den dörfern mügen sie erfordern,
die pfarherr, zwene oder drei, von den eltesten
aus der gemeine, und am ersten der lehr, lebens
und wandels halben, der pfarherr, prediger, und
ander kirchen diener erforschung, examination,
und nachfrage, bericht und inquisition nemen
und halten. Darnach und hinwider von den pfar-
hern und erforderten, aus den reten und fur-
stehern, was sich für laster und ergernus, in iren
 
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