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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0536
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508 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

das evangelium auf dem schloss predigen und, so
communicanten vorhanden, ein mess halden.
Nach mittag aber auf ein gelegne stunde sol
der diacon in der capeilen in der nider kirchen,
wen etliche psalm anstadt der vesper gesungen
sein, die epistel desselbigen sontags ader fests pre-
digen und mit vleiss auslegen und vor allen dingen
solten beide diener des worts sich befleissigen, das
sie die reine christliche lehre von der puss und
glauben und wie man vorgebund [so schon im
Original] der sunden, welchs zu Thomas Muntzers
zeit ganz geschwigen und wie die rottengeister
pflegen ubergangen, mit vleiss treiben und durch
gottes gnaden erhalden.
Die wochen durch sollen die predig dermassen
gehalden werden, das der pfarrer ufm montag
Matheum in der pfar, der diacon ufn mitwoch die
epistel Pauli zu Galatern oder ad Titum dem volk
in der nidern kirchen predigen und darinne die
lehre von glauben, erkentniss Christi und vor-
gebung der sunden wie obbemelt dem volk ganz
treulich und mit vleiss einbilden, und wo es der
pfarrer gesuntheit halben des leibs zu thun vor-
mag, sol er den catechismum in der obern pfar,
als nemlich die zehen gepot, den glauben und
vater unser nach anleitung doctoris Martini im
grossen catechismo ausgelegt, in der wochen auch
predigen, also das in solcher predigt die zehen
gepot, glaub und vater unser dem volk nach dem
text recitirt und vorgehalden auch werden.
Es sollen auch der pfarrer ader capelan
dem gemainen volk nicht schwere pucher predigen,
sondern von Matheus und die epistel zum Galatern
geendet, sollen sie die widerumb anfahen, domit
der jugent und dem einfeldigen volk ein solch
buch der schrift gemein werde und sie ein summe
christlicher lehre daraus fassen mogen, wie aber
der diacon am sontag nach mittag ader sunst auf
bequeme zeit an stadt der epistel einen psalm
ader sunst ain spruch aus den propheten oder ein
stuck aus dem catechismo in der nidern kirchen
nehmen, das sol ihm heimgestelt sein.
Und nachdem durch die rottengeister allerlei
falsche lehre dieses orts ausgebreitet ist wider die
kinder tauf, das sacrament und die oberkeit, so
sol der pfarrer vom rechten brauch derselben mit
hochstem vleiss predigen, desgleichen sich mit
reichung des heiligen sacrament aller gots dinsten
und cerimonien allenthalben dem buch, des titel
ist underricht der visitatorn, gleichformig und ge-
mess halden.
Und so der itzige pfarrer balde nach Thomas
Muntzer zu dem pfarampt kommen und befunden,
das in der pfarkirchen der altar also gesetzt, das
er hinder dem altar stehen und das angesicht zu
dem volk hat keren mussen, ist unserm bevelch

nach solcher altar geandert und dem pfarrer under-
sagt, das er sich mit den ceremonien der massen
der kirchen Wittenberg vorgleichen soll, domit
solche unnotige neuikeit nicht ein schein eins
zwispals haben, nach dem nicht vil daran gelegen.
Darzu soll er in der messen almen und
casulen und nicht einen schlechten corrock wie
bisher geschehen gebrauchen, damit allenthalben
hirinne gleichformickeit gehalden werden.
Weil auch ein man die schule nach notturft
alleine nicht vorsorgen kan, so ist dem diacon
aufgelegt, welcher vorordent werden soll dem
schulmaister des tags zwu stunden in der schulen
zuhelfen, sich auch der schul er und knaben sunst
mit anzunehmen, doch sol er des sonnabents damit
er der peicht auswarten moge nur ein stunde in
der schul haben, des mitwochs und heiligstags
aber sol er der schularbeit ganz frei sein und so
aus notigen vorbedenken dem pfarrer ein diacon
zugeordent, sol derselb des sonnabents am sontag
auch an den heiligen festtagen frue bis er ufs
schloss gehen will in der obern kirchen dem
pfarrer beicht horen helfen und in allen andern
fellen der not wie es ein diacon officium und
ampt ist, dem pfarrer treulich beistehen. Doch sol
daneben ein pfarrer in bedenkung das der diacon
auch mit teglicher schularbeit beladen in zuzeiten
widerumb behulflich sein.
Es sol auch der pfarrer die abgetretene von
der einikeit des wahren christlichs glaubens und
reinickeit des worts und also die so in irthumb
und secten sich begeben, in vorsamlung oder
andern orten vom glauben und sacramenten ubel
reden, vleissig inquirirn, dieselben zur einikeit
wider weisen und so sie sich an eine ader zwu
vormanung nicht keren dem schosser und rat an-
zeigen, von den sol ihne zeit zuvorkaufen und von
dannen zuwandern bestimpt werden.
Vor gnedige erhaldung des reinen gotlichen
worts auch frid und einigkeit zu forderst unsern
landsfursten auf der canzel bitten:
Zur beicht und dem heiligen sacrament des
leibs und bluts Christi das volk oft vormahnen,
domit alweg des sontags ein messe moge gehalden
werden.
Weiter auch das volk nach itzlichen sermonen
treulich und mit ernst vormahnen, das sie einander
hulfliche hende reichen und den gemainen kasten
bei ihrem leben und mit testamenten wollen for-
dern und erhalden, domit weiter aus demselben
dem armut geholfen, auch andere noth der kirchen,
gottes dinsts, und wie die sunst an bestellung der
ehren gottes zu gutem namen und rume des
heiligen evangelii furfallen mag gebessert werde.
Und in alweg nimans vorgessen das volk
treulich und mit ernst zuvormanen, das sie ihre
kinder zur schule schicken und halden wollen,
 
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