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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0045
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Einleitung

4. Visitationsordnung 1550 (Text S. 90)
5. Synodalabschied 9. November 1552 (Text S. 93)
6. Visitationsordnung 1553 (Text S. 96)
In der Nassauer Kirchenordnung von 1537 (Nr. 2) war die regelmäßige Durchführung von Visitationen
angekündigt worden, und Erasmus Sarcerius hatte bereits vor dem Interim mit dieser Tätigkeit begon-
nen.61 Näheren Aufschluss zum Ablauf der Reisen gibt eine 24 Artikel umfassende Ordnung (Nr. 4). Den
Pfarrern wurde aufgetragen, sich in ihren Amtspflichten grundsätzlich nach den Maßgaben der branden-
burg-nürnbergischen Kirchenordnung zu richten, in speziellen Fragen jedoch die Nassauer Ordnung (Nr. 2)
heranzuziehen.
Die Visitationsordnung (Nr. 4) ist in zwei Fassungen überliefert, die eine ist überschrieben mit
„Gemeine bevelch der visitation“, die andere mit „Visitation ordnung de anno 1550“. Beide Fassungen
weichen lediglich in einigen sprachlichen Formulierungen voneinander ab. Die Datierung der Ordnung ist in
der Forschung umstritten. Während einige Autoren das angegebene Jahr 1550 übernahmen,62 sprachen sich
andere für eine Entstehung nicht vor 1552 aus. Diese Einordnung beruht auf der Annahme, dass die
Ordnung im Zusammenhang mit der am 9. November 1552 gehaltenen Synode entstanden sei, da sie die
hier beschlossene Form der Visitation festhalte.63 Die in der Visitationsordnung (Nr. 4) und dem Synodal-
abschied (Nr. 5) beschriebenen Abläufe weichen jedoch so weit voneinander ab, dass die Entstehung der
Visitationsordnung im Zuge der Synodalbeschlüsse von 1552 nicht zwingend erscheint. Da Erasmus Sar-
cerius bereits vor dem Interim Visitationen durchgeführt hatte, ist die Datierung der Ordnung in das Jahre
1550 - wie sie in einer der beiden Textfassungen angegeben ist - also durchaus plausibel.64
Mit dem Interim wurde die Einführung der Reformation in Nassau-Dillenburg unterbrochen, Sarcerius
wurde entlassen, auch der Siegener Pfarrer Leonard Wagner resignierte sein Amt und verließ die Grafschaft
zunächst.65 Nach Ende des Interims setzte Wilhelm I. sein Reformationswerk jedoch auf der Basis der 1537
erlassenen Kirchenordnung (Nr. 2) fort. Auf der Synode, die für den 9. November 1552 nach Siegen ein-
berufen worden war, verständigte man sich über die Gremien der wieder einzusetzenden Kirchenleitung. Im
Abschied der Synode (Nr. 5) beschloss man für die Wiederbesetzung des Superintendentenamts eine Dop-
pelspitze: Der wieder anzustellende Leonard Wagner sollte das Amt gemeinsam mit Johann Schnepf,66 dem
Neffen des württembergischen und nassau-weilburgischen Reformators Erhard Schnepf, bekleiden.67
Die übrigen Beschlüsse betrafen den Ablauf der künftigen Synoden und Visitationen. In diesen Punkten
griff der Abschied auf die in der Kirchenordnung von 1537 (Nr. 2) festgehaltenen Regelungen zurück, die

61 Eine Übersicht der Visitationen in den Jahren von 1544
bis 1571 bietet Schmidt, Glaube, S. 191-199, vgl. ebd.,
S. 35, 44-54 und S. 186 Tabelle 6. Siehe auch Münch,
Nassau, S. 239; ders., Zucht und Ordnung, S. 44, 48
Anm. 178f.; Wienecke, Einführung, S. 91; Hatzfeld,
Reformation, S. 105; Peters, Sarcerius, S. 35-37;
Wartenberg, Sarcerius, S. 122; Reinhardt/Schna-
bel-Schüle, Repertorium, S. 99-104; Stupperich,
Sarcerius, S. 41; Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 17f.;
Goebel, Uebersicht, S. 292-295.
62 Dillenburgische Intelligenz-Nachrichten 1774, Sp. 769;
KNODT, Kirchenordnung, S. 246-249; Münch, Zucht
und Ordnung, S. 53.
63 Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 37 Anm. 2; Reu, Quel-
len, III, 1/2, S. 1197*; Ohrndorf, Einführung, S. 79
Anm. 15.

64 Vgl. Schmidt, Glaube, S. 34.
65 Münch, Zucht und Ordnung, S. 49f.; Schmidt,
Glaube, S. 37; Peters, Sarcerius, S. 43-47; Arnoldi,
Geschichte 3, 1, S. 193-197; Schröer, Reformation,
S. 149-153. Zum Interim in Nassau-Dillenburg siehe
Grün, Zur Geschichte, S. 258f.; Nebe, Zur Geschichte
1864, S. 31-35.
66 Der Entwurf für Schnepfs Bestallungsschreiben und sein
Reversbrief sind abgedruckt bei Heiler, Von der Früh-
zeit, S. 85f.
67 Ab 1555 amtierte in Person von Bernhard Bernhardi
wieder ein einziger Superintendent, Münch, Zucht und
Ordnung, S. 50; Schmidt, Glaube, S. 37; Peters, Sar-
cerius, S. 43-47; Weber, Schelme, S. 35; Arnoldi,
Geschichte 3, 1, S. 198-200.

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