Nassau
teils wörtlich wiederholt, teils um weitere Bestimmungen erweitert wurden.68 Die Beschlüsse hinsichtlich
der Visitationen wurden in einer mit „Visitation buch de anno 1553“ (Nr. 6) überschriebenen Ordnung noch
einmal separat zusammengefasst.69 Am 10. und 18. Januar 1553 wurden die Geistlichen der beiden Nassau-
Dillenburger Ämter in Siegen und Dillenburg zusammengerufen, wo ihnen die neue Synodal- und Visitati-
onsordnung bekannt gegeben wurde.70 Die im Anschluss hieran durchgeführte Visitation nahmen die Super-
intendenten Wagner und Schnepf jedoch nicht wie bisher alleine, sondern im Beisein weltlicher Beamter
vor. Im Anschluss an die Visitation wurde in Gegenwart des Superintendenten und des Pfarrers das Rüge-
gericht gehalten.71 Über die Verbindung des weltlichen Rügetags mit der Visitation war bereits auf der
Synode vom 9. November 1552 beraten worden, eine Trennung beider Institutionen hatte man jedoch
abgelehnt.72
2b. Die Konsolidierung der lutherischen Lehre unter Johann VI. (1560-1573)
Nach Wilhelms I. Tod 1559 wurde zunächst eine Vormundschaftsregierung eingesetzt. Wilhelms I. ältester
Sohn, Wilhelm von Nassau-Oranien, hatte 1544 die Nachfolge in den niederländischen Besitzungen ange-
treten, so dass die Regierung der rechtsrheinischen Stammlande an dessen Brüder Johann, Ludwig, Adolf
und Heinrich fiel. Unter ihnen wurde das Land nominell geteilt, wobei auf den Zusammenhalt des Besitzes
geachtet wurde: Johann als ältester Erbberechtigter erhielt mit dem Gebiet um Dillenburg und Siegen mehr
als die Hälfte der gesamten Dillenburger Stammlande, wohingegen sich Ludwig und Adolf mit kleineren
Anteilen zufrieden geben mussten. Heinrich ging als jüngster Sohn zunächst leer aus, erbte aber nach Adolfs
Tod 1568 dessen Besitzungen.73
Johann VI.74 (1536-1600) trat im Juli 1560 die Nachfolge Wilhelms I. an. Er hatte die Grafenschule auf
dem Dillenburger Schloss besucht und anschließend in Wittenberg studiert. Als überzeugter Anhänger von
Luthers Theologie setzte er die konfessionelle und religionspolitische Linie seines Vaters zunächst fort.75 Der
Organisationsgrad des Nassau-Dillenburger Kirchenwesens am Beginn von Johanns VI. Regentschaft geht
aus einem Bericht76 hervor, der alle bis Ende der 1550er Jahre eingeführten Maßnahmen zu Lehre, Sakra-
mentenspendung, Zeremonien, Ausübung der geistlichen Ämter, Synoden, Visitationen, Kirchenzucht,
Konsistorien, Schulen, Stipendien, Klöstern und eherechtlichen Fragen zusammenfasste. Dieser Bericht
gibt auch Auskunft über die Arbeitsweise der kirchenleitenden Gremien: Ende der 1550er Jahre war eine
dreigliedrige Ämterstruktur ausgebildet, bestehend aus Superintendenten, Definitoren77 (Dekanen) und
Pfarrern, sowie den diesen unterstellten Kaplänen, Diakonen und Ältesten.
Der Bericht ist nicht datiert, sicher ist aufgrund des Titels aber, dass er zu Lebzeiten Wilhelms I. (☨
1559) entstanden ist. Während die jüngere Forschung die Quelle in die Jahre zwischen 1541 und 1548
datiert,78 sprechen die Argumente jedoch eher für die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts vorgenommene
68 Zum Inhalt siehe Schmidt, Glaube, S. 48f.
69 Münch, Zucht und Ordnung, S. 53 und Anm. 213f
Reinhardt/Schnabel-Schüle, Repertorium, S. 105.
70 Schmidt, Glaube, S. 37.
71 Ebd., S. 48; Münch, Zucht und Ordnung, S. 53f.
72 Siehe oben, Einleitung zu Nr. 5. Vgl. Münch, Contri-
bution, S. 84; Goebel, Uebersicht, S. 295 Anm. *.
73 Glawischnig, Niederlande, S. 63.
74 Zu Johann VI. siehe Glawischnig, Niederlande,
S. 57-234; Wolf, Johann VI., S. 50-66; Spiess, Zur
Geschichte, S. 88-96; Becker, Johann VI., S. 5-26;
Cuno, Johann der Ältere; Groppler-Görgen, Jo-
hann VI. 1, S. 52-153; Menk Politik, S. 119-157; ders.,
Johann VI., S. 5-21; Röttsches, Luthertum, S. 23f.,
30-32; Renkhoff, Bemühungen, S. 30-33; Ohrn-
dorf, Einführung, S. 75 Anm. 1; Münch, Zucht und
Ordnung, S. 56 Anm. 234.
75 Münch, Zucht und Ordnung, S. 63.
76 Abdruck in Steubing, Kirchen- und Reformationsge-
schichte, S. 342-351. Der Bericht wurde vermutlich für
den Herzog von Jülich und den Landgraf von Leuchten-
berg angefertigt, Münch, Zucht und Ordnung, S. 51
und Anm. 198.
77 Das Definitorenamt erscheint bereits in der Kirchenord-
nung von 1537, oben, Nr. 2, vgl. Münch, Zucht und
Ordnung, S. 51 Anm. 201.
78 Hatzfeld, Reformation, S. 105 Anm. 106.
28
teils wörtlich wiederholt, teils um weitere Bestimmungen erweitert wurden.68 Die Beschlüsse hinsichtlich
der Visitationen wurden in einer mit „Visitation buch de anno 1553“ (Nr. 6) überschriebenen Ordnung noch
einmal separat zusammengefasst.69 Am 10. und 18. Januar 1553 wurden die Geistlichen der beiden Nassau-
Dillenburger Ämter in Siegen und Dillenburg zusammengerufen, wo ihnen die neue Synodal- und Visitati-
onsordnung bekannt gegeben wurde.70 Die im Anschluss hieran durchgeführte Visitation nahmen die Super-
intendenten Wagner und Schnepf jedoch nicht wie bisher alleine, sondern im Beisein weltlicher Beamter
vor. Im Anschluss an die Visitation wurde in Gegenwart des Superintendenten und des Pfarrers das Rüge-
gericht gehalten.71 Über die Verbindung des weltlichen Rügetags mit der Visitation war bereits auf der
Synode vom 9. November 1552 beraten worden, eine Trennung beider Institutionen hatte man jedoch
abgelehnt.72
2b. Die Konsolidierung der lutherischen Lehre unter Johann VI. (1560-1573)
Nach Wilhelms I. Tod 1559 wurde zunächst eine Vormundschaftsregierung eingesetzt. Wilhelms I. ältester
Sohn, Wilhelm von Nassau-Oranien, hatte 1544 die Nachfolge in den niederländischen Besitzungen ange-
treten, so dass die Regierung der rechtsrheinischen Stammlande an dessen Brüder Johann, Ludwig, Adolf
und Heinrich fiel. Unter ihnen wurde das Land nominell geteilt, wobei auf den Zusammenhalt des Besitzes
geachtet wurde: Johann als ältester Erbberechtigter erhielt mit dem Gebiet um Dillenburg und Siegen mehr
als die Hälfte der gesamten Dillenburger Stammlande, wohingegen sich Ludwig und Adolf mit kleineren
Anteilen zufrieden geben mussten. Heinrich ging als jüngster Sohn zunächst leer aus, erbte aber nach Adolfs
Tod 1568 dessen Besitzungen.73
Johann VI.74 (1536-1600) trat im Juli 1560 die Nachfolge Wilhelms I. an. Er hatte die Grafenschule auf
dem Dillenburger Schloss besucht und anschließend in Wittenberg studiert. Als überzeugter Anhänger von
Luthers Theologie setzte er die konfessionelle und religionspolitische Linie seines Vaters zunächst fort.75 Der
Organisationsgrad des Nassau-Dillenburger Kirchenwesens am Beginn von Johanns VI. Regentschaft geht
aus einem Bericht76 hervor, der alle bis Ende der 1550er Jahre eingeführten Maßnahmen zu Lehre, Sakra-
mentenspendung, Zeremonien, Ausübung der geistlichen Ämter, Synoden, Visitationen, Kirchenzucht,
Konsistorien, Schulen, Stipendien, Klöstern und eherechtlichen Fragen zusammenfasste. Dieser Bericht
gibt auch Auskunft über die Arbeitsweise der kirchenleitenden Gremien: Ende der 1550er Jahre war eine
dreigliedrige Ämterstruktur ausgebildet, bestehend aus Superintendenten, Definitoren77 (Dekanen) und
Pfarrern, sowie den diesen unterstellten Kaplänen, Diakonen und Ältesten.
Der Bericht ist nicht datiert, sicher ist aufgrund des Titels aber, dass er zu Lebzeiten Wilhelms I. (☨
1559) entstanden ist. Während die jüngere Forschung die Quelle in die Jahre zwischen 1541 und 1548
datiert,78 sprechen die Argumente jedoch eher für die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts vorgenommene
68 Zum Inhalt siehe Schmidt, Glaube, S. 48f.
69 Münch, Zucht und Ordnung, S. 53 und Anm. 213f
Reinhardt/Schnabel-Schüle, Repertorium, S. 105.
70 Schmidt, Glaube, S. 37.
71 Ebd., S. 48; Münch, Zucht und Ordnung, S. 53f.
72 Siehe oben, Einleitung zu Nr. 5. Vgl. Münch, Contri-
bution, S. 84; Goebel, Uebersicht, S. 295 Anm. *.
73 Glawischnig, Niederlande, S. 63.
74 Zu Johann VI. siehe Glawischnig, Niederlande,
S. 57-234; Wolf, Johann VI., S. 50-66; Spiess, Zur
Geschichte, S. 88-96; Becker, Johann VI., S. 5-26;
Cuno, Johann der Ältere; Groppler-Görgen, Jo-
hann VI. 1, S. 52-153; Menk Politik, S. 119-157; ders.,
Johann VI., S. 5-21; Röttsches, Luthertum, S. 23f.,
30-32; Renkhoff, Bemühungen, S. 30-33; Ohrn-
dorf, Einführung, S. 75 Anm. 1; Münch, Zucht und
Ordnung, S. 56 Anm. 234.
75 Münch, Zucht und Ordnung, S. 63.
76 Abdruck in Steubing, Kirchen- und Reformationsge-
schichte, S. 342-351. Der Bericht wurde vermutlich für
den Herzog von Jülich und den Landgraf von Leuchten-
berg angefertigt, Münch, Zucht und Ordnung, S. 51
und Anm. 198.
77 Das Definitorenamt erscheint bereits in der Kirchenord-
nung von 1537, oben, Nr. 2, vgl. Münch, Zucht und
Ordnung, S. 51 Anm. 201.
78 Hatzfeld, Reformation, S. 105 Anm. 106.
28