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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0587
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1. Kirchenordnung“
1544
Kürchennordnung, anno etc. 1544 aufgericht

Es sollen die pfarrer und predicanten uff dem land
und in dörffern sich uff das höchste bevleissen, da-
mit sie das volck lehren die zechen gebott1, artickel
des glaubens2, das vatter unser3, die einsatzung der
heiligen und christlichen tauff4, des hochwurdigen
sacraments des leibs und blutts Jesu Christi5 und
zum letsten vom gwalt der schlussel6, und solliche
wort einfeltig, offt und dick7, uff einerlei weiß und
form, one verenderung eines oder mehr wort, treiben
und yeben8 so lang, biß alle menschen die lernen und
außwendig kunden, sonderlich die mitteljugent und
die jungen anhalten, sollichs zu lernen, und vleissig
ermanen und anzeigen, was fur nutz oder schaden
solliche ding, so man sie gwiß weist oder nit gwiß
weist, mit sich bringen.
Zu der yebung sollen sie allweg nhemen den son-
tag nach mittag und, wo es sich leiden will, einen
tag in der wochen, und das volck dozu halten und
ermanen, damit es vleissig sei zu solchem rechten
und gottgefelligen dienst. An solchem tag sollen sie
ordenlich ein stuck nach dem andern handlen und
dem volck kuntlicher und einfeltiger weiß furhalten
und zuversteen geben, damit under dem volck rech-
te gotteserkantnuß und -forcht gepflantzet möge
werden. Dann one dise sechs stuck, so gemeldet, li-
get und geet zu grund alle gottesforcht, glaub und

a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 15/86. Abdrucke: Koehler, Zur Geschichte,
S. 66-69; Gramlich, Anfänge, S. 38-40.

1 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
2 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
3 Mt 6,9-13.
4 Mt 28,16-20.
5 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.

liebe gegen Gott und dem nechsten, wie wir dann
leider yetz vor augen sehen und bekennen muessen. |
Bey solcher action und handlung in der versam-
lung solle allweg ein psalm oder zwen nach gelegen-
heitt des volcks und der zeitt gesungen werden, da-
mit Gott nit allein mit hören, sonder auch mit mund
und syngen gelobet werde. Dozu ist dienstlich das
gesang; Diß sind die heilgen zechen gebott9 oder der-
gleichen.
Uff den sontag
So man außgeleuttet hatt, nach gelegenheitt eines
jedes kirchspiel und comunicanten vorhanden, so
zum hochwirdigen sacrament geen, wöllen wir noch
derzeitt (dieweil die sach new und die leutt leichtlich
ergernuß ob newerung nhemen) behalten den gwon-
lichen ornat10 und yber den altar geen11, und das
volck soll singen ein psalmen oder zwen nach gefal-
len des pfarrers, uff welche er, der pfarrer, eine col-
lect12 deutsch liset, keret das angesicht gegen dem
volck. Uff dieselbige volgends liset er die gwonliche
epistel auß dem newen testament. Nach derselben
singt das volck abermals ein psalmen nach angeben
des pfarrers. So das volendet, liset der pfarrer gegen
dem volck das evangelium, so uff den sontag gefellet

6 Mt 16,19; 18,18.
7 Häufig.
8 Üben.
9 Luther: Dies sind die heilgen Zehn Gebot, AWA 4, Nr. 1.
10 Liturgische Kleidung der Priester, wie sie vor der Refor-
mation üblich war, siehe Braun, Liturgische Gewan-
dung.
11 Zum Altar gehen.
12 Kollektengebet.

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