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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0039
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Einleitung

1. Die Grafschaft Nassau
Das Nassauer Adelshaus lässt sich bereits um 1100 nachweisen. Bis zum 13. Jahrhundert konnten die
Nassauer Grafen einen geschlossenen Herrschaftsbereich schaffen, der vom Rhein im Südwesten bis zur Sieg
im Norden reichte.1 Entscheidende Veränderungen brachte die 1255 vollzogene Teilung des Landes unter
den Söhnen Heinrichs II. von Nassau. Otto I. (1247-1289) begründete die ottonische Linie, deren Terri-
torium den nördlichen Landesteil rechts der Lahn mit der Residenzstadt Siegen sowie Dillenburg, Herborn
und Ginsberg umfasste. Walram II. (1252-n. 1265) begründete die walramische Linie, deren Gebiet den
südlichen Landesteil links der Lahn mit Weilburg, Idstein und Wiesbaden einnahm. Von dieser Teilung
unberührt blieben die Stammburgen Laurenburg und Nassau, die Grafschaft auf dem Einrich sowie die
Lehen und Pfandschaften, die in gemeinsamem Besitz waren.2 Zunächst war der walramische Zweig, dem
im Spätmittelalter ein deutscher König3 und drei Mainzer Erzbischöfe4 entstammten, von größerer Bedeu-
tung, zumal die Weilburger ihr Territorium 1381 um die Grafschaft Saarbrücken erweitern konnten.5 Inner-
halb dieser Linie kam es jedoch zu zahlreichen Teilungen, die nach ihren Herrschaftszentren Nassau-Saar-
brücken, Nassau-Weilburg, Nassau-Idstein und Nassau-Wiesbaden benannt wurden.6 Durch diese Zer-
splitterung geschwächt, verlor die walramische Linie Ende des 15. Jahrhunderts ihren Machtvorsprung an
den ottonischen Zweig. Wirtschaftlich stand die walramische Linie ohnehin hinter der ottonischen zurück,
die über Erzbaugebiete um Siegen und Dillenburg verfügte.7
Auch die Ottonen hatten ihr Territorium erweitern können: 1386 war die Grafschaft Diez angefallen, die
jedoch 1420 wieder zur Hälfte an Eppstein ging, Anfang des 15. Jahrhunderts waren die Herrschaften
Breda, Leck, Polanen und Gertruidenberg in den Niederlanden sowie die Grafschaft Vianden und die
Herrschaft St. Vith nordwestlich von Trier hinzugekommen.8 Die Grafen beider Nassauer Linie waren
Mitglieder des Wetterauer Grafenvereins und gehörten mit nahezu all ihren Teilherrschaften zum nieder-
rheinisch-westfälischen Reichskreis.9
In beiden Nassauer Linien wurde in den 1520er bzw. 1530er Jahren die Reformation eingeführt. Wäh-
rend die Grafen der walramischen Linie lutherisch blieben, wurde im ottonischen Landesteil nach 1578 das
reformierte Bekenntnis eingeführt.

1 Gensicke, Landesgeschichte, S. 278-280; Gla-
wischnig, Niederlande, S. 7; Bald, Fürstentum,
S. 104-111; Renkhoff, Grundlagen, S. 72-110; De-
mandt, Geschichte, S. 367-376.
2 Spielmann, Geschichte I, S. 190f.; Gensicke, Landes-
geschichte, S. 279; Münch, Nassau, S. 236; Peters,
Sarcerius, S. 21; Hollmann, Nassau, S. 22f.; Ja-
cobson, Geschichte, S. 622f.; Demandt, Geschichte,
S. 376f.
3 Adolf von Nassau (1292-1298).
4 Gerlach von Nassau (Ebf. 1346/53-1371); Adolf von
Nassau (Ebf. 1381-1390); Johann II. von Nassau (Ebf.
1397-1419).

5 Glawischnig, Niederlande, S. 7; Münch, Nassau,
S. 236.
6 Zur Nassauer Frühgeschichte siehe Wagner, Untersu-
chungen, S.185-232.
7 Hollmann, Nassau, S. 22; Schmidt, Glaube, S. 25.
8 Glawischnig, Niederlande, S. 8; zu Diez siehe Gen-
sicke, Landesgeschichte, S. 245f.; Demandt, Ge-
schichte, S. 391-400, 408f.
9 Lediglich das der ottonischen Linie zugehörende Beil-
stein zählte formell zum kurrheinischen Kreis, da es kur-
trierisches Lehen war, Peters, Sarcerius, S. 26.

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