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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0040
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Nassau

2. Ottonische Linie: Nassau-Dillenburg
Durch die im 15. Jahrhunderte erreichte Vergrößerung des Nassau-Dillenburger Territoriums um Gebiete in
den Niederlanden und Luxemburg bestand die Grafschaft zum einen aus den Kernlanden rechts des Rheins,
zum anderen aus den hiervon abgetrennten linksrheinischen Gebieten. Johann IV. von Nassau-Dillenburg
(1410-1475) regierte die Besitzungen im niederländisch-luxemburgischen Raum gemeinsam mit den
Stammlanden, seine Söhne teilten die Herrschaft: Johann V. (1455-1516) führte die rechtsrheinischen,
Engelbert II. (1451-1504) die linksrheinischen Länder. Nach Engelberts Tod fiel dessen Besitz an seinen
Bruder Johann, der die Herrschaft wieder in einer Hand vereinigte. Unter dessen Söhnen wurde der Besitz
erneut geteilt, Heinrich III. (1483-1538) erhielt den niederländischen Teil, Wilhelm I. (1487-1559) die
reehtsrheinischen Stammlande.10
1303 war unter Ottos drei Söhnen zwar auch der Dillenburger Kernbesitz geteilt worden, Heinrich (in
Siegen und Beilstein), Emich (in Hadamar) und Johann (in Dillenburg) betrieben jedoch eine gemeinsame
Politik, um die Grafschaft vor dem Zerfall zu bewahren.11 Trotz dieser Teilungen und Wiedervereinigungen
der einzelnen ottonischen Landesteile behielt die Dillenburger Hauptlinie das Territorium in der Hand.
Nach dem endgültigen Erlöschen der alten Beilsteiner Linie 1561 wurden alle rechtsrheinischen Gebiete
wieder unter dem Titel Nassau-Dillenburg geführt.12 Erst unter den Söhnen Johanns VI. (1536-1606), des
jüngeren Bruders Wilhelms von Oranien, wurde das Land 1607 endgültig in die fünf Teilherrschaften Dil-
lenburg, Beilstein, Diez, Hadamar und Siegen zerstückelt.13 Auch konfessionell zersplitterte das Dillenbur-
ger Land Anfang des 17. Jahrhunderts, denn Johann VIII. von Nassau-Siegen und Johann Ludwig von
Nassau-Hadamar traten 1623 bzw. 1629 zum Katholizismus über, während die übrigen drei Grafen evan-
gelisch blieben.14
Die Grafschaft Nassau-Dillenburg bestand aus den beiden Ämtern Dillenburg und Siegen, die in meh-
rere Gerichte unterteilt waren, denen jeweils ein gräflicher Schultheiß vorstand.15 Hinsichtlich der kirchli-
chen Organisation gehörten die Pfarreien des Amts Siegen zum Erzbistum Mainz, diejenigen des Amts
Dillenburg zum Erzbistum Trier. Bereits im 15. Jahrhundert war es den Grafen von Nassau-Dillenburg
gelungen, ihr landesherrliches Kirchenregiment auszubauen, Johann IV. hatte fast alle Pfarrpatronate in
seine Hand gebracht.16

2a. Die Einführung der lutherischen Lehre unter Wilhelm I. (1531-1559)
Graf Wilhelm I.17 (1487-1559) war die bestimmende Figur der Reformationseinführung in Nassau-Dillen-
burg. Wilhelm wurde zwischen 1493 und 1495 am pfalzgräflichen Hof in Heidelberg erzogen, anschließend

10 Schmidt, Grafenverein, S. 504f. Zur territorialen Ent-
wicklung innerhalb der ottonischen Linie siehe Gen-
sicke, Landesgeschichte, S. 278-290, 346-351; Spiel-
mann, Geschichte I, S. 190-200; Demandt,
Geschichte, S. 399f.
11 Zu den Details der Teilung siehe Gensicke, Landesge-
schichte, S. 280f.
12 Glawischnig, Niederlande, S. 7f.; Münch, Nassau,
S. 237.
13 Gensicke, Landesgeschichte S. 346f.; Spielmann,
Geschichte I, S. 213-216; Glawischnig, Niederlande,
S. 15.
14 Menk, Territorialstaat, S. 180f.; Franz, Bestrebungen,
S. 657; Michel, Konversion, S. 71-101; ders., 400.

Geburtstag, S. 87-99; Wolf, Konversion, S. 182-191;
Specht, Johann VIII.
15 Schmidt, Glaube, S. 24f.
16 Ebd., S. 26; Peters, Sarcerius, S. 23.
17 Zu Wilhelm I. siehe Becker, Beiträge, S. 133-159;
Hatzfeld, Wilhelm der Reiche, S. 1-20; KNODT, Kir-
chenordnung, S. 232f.; Peters, Sarcerius, S. 24f.;
Röttsches, Luthertum, S. 5-13, 22f. Die Publikation
von Röttsches, die zahlreiche Unzulänglichkeiten auf-
weist, sei hier und im folgenden lediglich der Vollstän-
digkeit halber genannt. Vgl. Münch, Zucht und Ord-
nung, S. 35 Anm. 73 sowie die Rezensionen von Karl
Wolf in NasA 66 (1955), S. 323-325 und Ernst Walter
Zeeden in HJb 75 (1956), S. 416.

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