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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0411
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1. Reformordnung für das Kloster Schlüchterna
2. Juni 1543
Anzeigung etlicher religion puncten, das closter Schluchtern belangen

Es hats iderman gutwissens, was irthums und ge-
brechen etliche jar lang in unsere christliche relligi-
on sich erhalten haben und wie man allenthalben
furgenommen, die selbigen zu reformiren, bessern
und abstellen, auf das man mit bestendigem, gutem
grunde gotes wort, sein heiliges evangelium und das
ewig himelreich hette leret, bezeugets und christlich
darzu lebet.
So nhun ich1, wiewoll gering und unwurdig, doch
auß gotlicher gutigkeit uber das closter und kirchen
Solitarien[sis]2 zu eim obersten hierten und seelsor-
gern verordnet bin, hette ich bißanher vill ding, der
kirchen Christi angehorig, gern in eim besser wesen
gesehen, habs aber nit darinn bringen konnen; hab
doch alle sachenn mit muhe und arbeit und vill ver-
hindernus gemainiglichen dohin getrieben, ob ich
rechtschaffen diener und conventuales zuwegen
bringen konde, christliche ordnung in den kirchen
anzurichten und handtzuhaben.3 Und do ich nhun
weiters zu den sachen thun will, findet sich zum er-
sten und anfenglichen die größt irrung und verwir-
rung und mißbrauch bei dem hochwirdigen sacra-
ment des altars, also das baidt, priester und laicus,
consecrans et accipiens, verruckt4 sein, kains in seim
gradu steht und entweders widersinns mit dem heil-
gen sacrament umbgehen oder lassen dasselbig gar
underwegen5.
a Textvorlage (Abdruck): Schiele, Reformation,
S. 86-89.

1 Petrus Lotichius (1501-1567), seit 1534 Abt des Klosters
Schlüchtern, siehe oben, S. 373 Anm. 15.
2 Schlüchtern.
3 Lotichius hatte um 1540 eine Lateinschule im Kloster

Was sollt ich thun bei disen engsten? Ich kond
meinem ambt weder ab noch ob sein, weder darzu
noch darvon komen. Ich rief zu got: herr got, regire
du dein kirchen und waide dein schaff etc.6 Mir war-
de aber geantwort: Ich, als ein beruffener diener des
herren, sollt auch etwas mithelfen und sollt mich
umbsehen und fragen, so würde ich brodt und waidt
finden, welche got geben und beraidt hette, seinen
schaffen furzudragen7. Ich denk den sachen nach
und dröst mich deß, das der herre got sein kirchen
mit seim heilgen wort und dem heilgen geist jhe woll
versehen hat, und wie die kirch auß gotes wort ge-
born ist, also behält sie dasselbig und lebet darauß.
Derhalben man in allen engsten auf gotes wort
und befelch sehen soll, Da kan man sich der irthum
entrichten und die war kirchen erkennen. So man
nhun woll weiß die ordnung und insatzung Christi
unsers seligmachers so vill dieß heilig sacrament be-
langt, hab ich mich im namen gotes zu der selbigen
begeben auß bedrachtung nachvolgender ursachen.
Zum ersten. Dieweil alles, so etwas ist im himel oder
auf erden, besteht und hat sein wesen, maß, kraft
und leben auß gotes wort, befelch und ordnung, und
wenn ein creatur wider die ordnung und maß, vom
schepfer ire gegeben, handeln wolt und außerhalb
der selbigen etwas sein oder außrichten, so wurdt
Schlüchtern eingerichtet, Kathrein, Bemühungen,
S. 52-61; Rullmann, Urkundliche Geschichte,
S. 157f.; Schiele, Reformation, S. 70f.
4 Verkehrt, in der falschen Rolle.
5 Unterlassen.
6 Joh 21,15-17; 1Petr 5,2.
7 Vgl. Apg 20,28; 1Kor 9,7.

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