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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0059
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Einleitung

Das Bettagsmandat ist in zwei Fassungen überliefert, dem Original mit eigenhändigen Unterschriften
Johanns VII. und Georgs sowie einer zeitgenössischen Abschrift.184
27. Punkte für die Geistlichen im Amt Siegen 17. Juni 1611 (Text S. 194)
Neben den von allen Nassau-Dillenburger Teilherren gemeinsam erlassenen Ordnungen für die gesamte
Grafschaft verfügten die Landesherren weitere Maßnahmen ausschließlich für ihre Landesteile. Zu diesen
gehörten auch die „Verordtnungen undt puncten“, die Johann VII. von Nassau-Siegen an die Pfarrer und
Prediger seiner Teilherrschaft richtete, um ihnen die Details ihrer Amtspflichten einzuschärfen: Sie sollten
keine Neuerungen in disciplin- undt kirchenordtnunng, ceremonien undt gebreuchen einführen, keine Kir-
chengüter veräußern, niemand von der Kanzel herab schmähen, sich nicht in weltliche Strafsachen einmi-
schen und die Gläubigen nicht eigenmächtig vom Abendmahl ausschließen, sondern solche Fälle vor das
Presbyterium oder im Zweifel vor die weltliche Obrigkeit bringen.
28. Visitationsabschied 25. November 1611 (Text S. 197)
1608 hatte Wilhelm Ludwig von Nassau-Dillenburg das Amt Dillenburg durch den Inspektor und Herbor-
ner Pfarrer Johann Jacob Hermann185 visitieren lassen und anschließend in Herborn eine Synode einberu-
fen.186 Hier waren die vorgefundenen Mängel von seinen Räten sowie denen seiner Brüder Georg von
Nassau-Beilstein, Johann VII. von Nassau-Siegen und Ernst Casimir von Nassau-Diez beraten worden.
Die Ergebnisse wurden in einem Abschied zusammengefasst, der in acht Punkten festhielt, auf welche
Weise die Einheit der kirchlichen Zeremonien in allen fünf Landesteilen beibehalten oder wieder hergestellt
werden konnte. Hierzu gehörte, ausschließlich Luthers deutsche Bibel zu verwenden, nicht jedoch die Über-
setzung des reformierten Theologen Johannes Piscator.187 Die Katechismuslehre sollte hingegen dem 1581
in der Grafschaft eingeführten Heidelberger Katechismus entsprechen. Ebenfalls dem Vorbild der Kurpfalz
folgend, soilte anstelle des Taufsteins ein schlichtes Wasserbecken in den Kirchen stehen. Auch hinsichtlich
des Vorbereitungsgottesdiensts auf das Abendmahl lehnte man sich an die 1563 erlassene kurpfälzische
Kirchenordnung an, und schließlich sollte auch an den Bettagen - wie bereits im Mandat von 1607 (Nr. 26)
verfügt - das Gebet aus der kurpfälzischen Ordnung gesprochen werden.
29. Kirchgangsmandat 11. Juli 1618 (Text S. 202)
Durch den 1607 von den fünf Nassauer Grafen geschlossenen Erbvertrag konnte die faktische Teilung der
Grafschaft noch einige Jahre verhindert werden, nach 1615 wurde die Zersplitterung jedoch Realität. In
diesem Jahr erließen die Grafen zwar gemeinsam eine Polizeiordnung, die politische Einheit des Lan-

184 Siehe unten, S. 191 Anm. a.
185 Johann Jacob Hermann (1553-1630) studierte in Straß-
burg. 1575 war er Kantor in Lohrhaupten, anschließend
bis 1582 Pfarrer in mehreren Pfälzer Pfarreien, danach
Hofprediger in Durlach, bis er 1604 Hofprediger
Johanns VI. von Nassau-Dillenburg wurde. Nach dem
Tod Wilhelm Zeppers (1607) erhielt Hermann dessen
Lehrstuhl für Theologie an der Hohen Schule in Her-
born, von 1610 bis 1616 war er deren Rektor, seit 1608
außerdem Inspektor in Hanau, Sinemus, Hermann,
S. 33-36; Nachtrag hierzu von W. Rotscheidt, ebd.,
S. 36-38; Grün, Theologische Fakultät, S. 80f.
186 Vgl. Reinhardt/Schnabel-Schüle, Repertorium,
S. 135 (dill 1).

187 Johannes Piscator (1546-1625) hatte in Straßburg und
Tübingen studiert, 1575 wurde er Rektor des Heidelber-
ger Pädagogiums. Während der lutherischen Zeit der
Kurpfalz nach 1576 war er am Pädagogium in Siegen
tätig, wo er 1578 jedoch ebenfalls entlassen wurde und
daraufhin als Professor ans Casimirianum in Neustadt a.
d. Haardt und 1582 als Rektor des Gymnasiums nach
Moers ging. 1584 kam er an die Hohe Schule nach Her-
born, wo er bis zu seinem Tode wirkte, Grün, Theolo-
gische Fakultät, S. 64-67; Wenneker, Piscator, in:
BBKL 7 (1994), Sp. 640-644; Cuno, Blätter,
S. 114-119; Schlosser, Piscator, S. 74-83; Steubing,
Lebensnachrichten, S. 98-138.

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