Einleitung
12. Kateehisation
Ebenso wie in der Kurpfalz war zwar auch in Hanau-Münzenberg der Konfessionswechsel in den kirchli-
chen Zeremonien seit langem etabliert, es war jedoch nicht gelungen, die Bevölkerung - vor allem die
Erwachsenen - nachhaltig für das reformierte Bekenntnis zu gewinnen. Ein wichtiges Mittel, die refor-
mierte Glaubenslehre bei den Untertanen zu festigen, war die Katechisation, über deren praktische Durch-
führung das Hanau-Münzenberger Konsistorium seit 5. Oktober 1609 beriet.86 Der gesamte Akt der Glau-
bensunterweisung in Hanau-Münzenberg wurde dem Vorgang nachgebildet, der in den 1590er Jahren in der
Kurpfalz durch Friedrich IV. vollzogen worden war und dort unter dem Begriff „Institutionswerk“ fir-
mierte. Aus der Kurpfalz sind zahlreiche Dokumente bekannt, die in ihrer Gesamtheit das Vorbild für die
Hanau-Münzenberger Katechisation bildeten.87 Die Formulierung der Texte erfolgte jedoch eigenständig,
so dass bei den meisten Ordnungen keines der kurpfälzischen Regelwerke als direkte Vorlage angesehen
werden kann. In den Fällen, in denen kurze Passagen jedoch eindeutig übernommen wurden, ist dies im
textkritischen Apparat der Edition vermerkt.
12a. Auslegung der 23 Fragstücke zum Heidelberger Katechismus [1609] (Text S. 458)
In den Ordnungen zur Katechisation wird erwähnt, dass die Geistlichen zur Unterweisung den zue Heidel-
berg introducirten schuel catechismum bei der jugent fleißig treiben sollen.88 Die reformierte Lehrgrundlage in
Hanau-Münzenberg war also der Heidelberger Katechismus von 1563, den Philipp Ludwig II. bei seinem
Regierungsantritt 1595 im Zusammenhang mit der Übernahme der kurpfälzischen Kirchenordnung ein-
führte. Neben diesem Katechismus begegnen in den Hanau-Münzenberger Ordnungen immer wieder
Anspielungen auf die funf hauptstücke und gewiße fragstücke.89 Die „fünf Hauptstücke“ und „22 Frag-
stücke“90 erscheinen auch in den kurpfälzischen Ordnungen. Hierbei handelte es sich um eine von Melchior
Anger91 angefertigte Kurzfassung des Heidelberger Katechismus.92 Dieser Lehrtext ist in seiner ursprüng-
lichen, um 1592 entstandenen, Form nicht überliefert, er findet sich jedoch innerhalb der kurpfälzischen
Kirchenordnung von 1601. Hier ist er überschrieben mit „Kurtze summa deß catechismi sampt den texten
der hauptstücken christlicher religion“.93 Bei den in den Hanau-Münzenberger Texten zur Katechisation
erwähnten funf hauptstücken und gewißen fragstücken wird es sich ebenfalls um diese Katechismusbearbei-
tung Melchior Angers handeln.
In der Hanau-Münzenberger Überlieferung haben sich zwei Texte erhalten, die sich mit der Auslegung
der 23 Fragen beschäftigen und die somit dem besseren Verständnis des Heidelberger Katechismus unter
den Gläubigen dienen sollten.94 Die „Historische außlegung der xxiii Fragen“ (Nr. 12a) ist in einer latei-
nischen und einer deutschen Abschrift überliefert. Dieser Text, der die christliche Heilsgeschichte vom
Sündenfall bis zu Christi Kreuzestod erläutert, entspricht in seinem Wortlaut dem kurpfälzischen „Muster
86 SUB Göttingen 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. lf.
87 Diese Texte sind abgedruckt in Sehling, EKO XIX,
S. 797-824 (Nr. 27-30), S. 842-871 (Nr. 33-37),
S. 890-892 (Nr. 43-44), S. 939 (Nr. 57), S. 955 (Nr. 62),
S. 959 (Nr. 65). Vgl. Gbiorczyk, Entwicklung, S. 68f.
88 So in Nr. 12e, unten, S. 483.
89 So in Nr. 12f, unten, S. 487.
90 Die Anzahl der Fragen war offenbar leicht variabel. In
den Hanau-Münzenberger Konsistorialprotokollen vom
Oktober/November 1609 ist uneinheitlich die Rede von
20, 22 oder 23 Fragen. Über die Aufnahme einzelner Fra-
gen in den Kanon wurde auf den Sitzungen diskutiert,
SUB Göttingen 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. 2v,
11r-18r.
91 Melchior Anger studierte 1566 in Heidelberg und wurde
dort auch Pfarrer. Während der lutherischen Zeit der
Kurpfalz (1576-1583) ging er nach Mutterstadt, kehrte
aber 1583 nach Heidelberg zurück und ging dann als
Pfarrer und Inspektor nach Bensheim. Schließlich kam
er erneut nach Heidelberg, wo er Daniel Tossanus als
Hofprediger ablöste, Sehling, EKO XIX, S. 698.
92 Struve, Burkhard Gotthelf, Ausführlicher Be-
richt von der pfälzischen Kirchen-Historie, Frankfurt
a.M. 1721, S. 506.
93 Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 561-563.
94 Cuno, Philipp Ludwig II., S. 68; Müller-Ludolph,
Philipp Ludwig II., S. 211.
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12. Kateehisation
Ebenso wie in der Kurpfalz war zwar auch in Hanau-Münzenberg der Konfessionswechsel in den kirchli-
chen Zeremonien seit langem etabliert, es war jedoch nicht gelungen, die Bevölkerung - vor allem die
Erwachsenen - nachhaltig für das reformierte Bekenntnis zu gewinnen. Ein wichtiges Mittel, die refor-
mierte Glaubenslehre bei den Untertanen zu festigen, war die Katechisation, über deren praktische Durch-
führung das Hanau-Münzenberger Konsistorium seit 5. Oktober 1609 beriet.86 Der gesamte Akt der Glau-
bensunterweisung in Hanau-Münzenberg wurde dem Vorgang nachgebildet, der in den 1590er Jahren in der
Kurpfalz durch Friedrich IV. vollzogen worden war und dort unter dem Begriff „Institutionswerk“ fir-
mierte. Aus der Kurpfalz sind zahlreiche Dokumente bekannt, die in ihrer Gesamtheit das Vorbild für die
Hanau-Münzenberger Katechisation bildeten.87 Die Formulierung der Texte erfolgte jedoch eigenständig,
so dass bei den meisten Ordnungen keines der kurpfälzischen Regelwerke als direkte Vorlage angesehen
werden kann. In den Fällen, in denen kurze Passagen jedoch eindeutig übernommen wurden, ist dies im
textkritischen Apparat der Edition vermerkt.
12a. Auslegung der 23 Fragstücke zum Heidelberger Katechismus [1609] (Text S. 458)
In den Ordnungen zur Katechisation wird erwähnt, dass die Geistlichen zur Unterweisung den zue Heidel-
berg introducirten schuel catechismum bei der jugent fleißig treiben sollen.88 Die reformierte Lehrgrundlage in
Hanau-Münzenberg war also der Heidelberger Katechismus von 1563, den Philipp Ludwig II. bei seinem
Regierungsantritt 1595 im Zusammenhang mit der Übernahme der kurpfälzischen Kirchenordnung ein-
führte. Neben diesem Katechismus begegnen in den Hanau-Münzenberger Ordnungen immer wieder
Anspielungen auf die funf hauptstücke und gewiße fragstücke.89 Die „fünf Hauptstücke“ und „22 Frag-
stücke“90 erscheinen auch in den kurpfälzischen Ordnungen. Hierbei handelte es sich um eine von Melchior
Anger91 angefertigte Kurzfassung des Heidelberger Katechismus.92 Dieser Lehrtext ist in seiner ursprüng-
lichen, um 1592 entstandenen, Form nicht überliefert, er findet sich jedoch innerhalb der kurpfälzischen
Kirchenordnung von 1601. Hier ist er überschrieben mit „Kurtze summa deß catechismi sampt den texten
der hauptstücken christlicher religion“.93 Bei den in den Hanau-Münzenberger Texten zur Katechisation
erwähnten funf hauptstücken und gewißen fragstücken wird es sich ebenfalls um diese Katechismusbearbei-
tung Melchior Angers handeln.
In der Hanau-Münzenberger Überlieferung haben sich zwei Texte erhalten, die sich mit der Auslegung
der 23 Fragen beschäftigen und die somit dem besseren Verständnis des Heidelberger Katechismus unter
den Gläubigen dienen sollten.94 Die „Historische außlegung der xxiii Fragen“ (Nr. 12a) ist in einer latei-
nischen und einer deutschen Abschrift überliefert. Dieser Text, der die christliche Heilsgeschichte vom
Sündenfall bis zu Christi Kreuzestod erläutert, entspricht in seinem Wortlaut dem kurpfälzischen „Muster
86 SUB Göttingen 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. lf.
87 Diese Texte sind abgedruckt in Sehling, EKO XIX,
S. 797-824 (Nr. 27-30), S. 842-871 (Nr. 33-37),
S. 890-892 (Nr. 43-44), S. 939 (Nr. 57), S. 955 (Nr. 62),
S. 959 (Nr. 65). Vgl. Gbiorczyk, Entwicklung, S. 68f.
88 So in Nr. 12e, unten, S. 483.
89 So in Nr. 12f, unten, S. 487.
90 Die Anzahl der Fragen war offenbar leicht variabel. In
den Hanau-Münzenberger Konsistorialprotokollen vom
Oktober/November 1609 ist uneinheitlich die Rede von
20, 22 oder 23 Fragen. Über die Aufnahme einzelner Fra-
gen in den Kanon wurde auf den Sitzungen diskutiert,
SUB Göttingen 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. 2v,
11r-18r.
91 Melchior Anger studierte 1566 in Heidelberg und wurde
dort auch Pfarrer. Während der lutherischen Zeit der
Kurpfalz (1576-1583) ging er nach Mutterstadt, kehrte
aber 1583 nach Heidelberg zurück und ging dann als
Pfarrer und Inspektor nach Bensheim. Schließlich kam
er erneut nach Heidelberg, wo er Daniel Tossanus als
Hofprediger ablöste, Sehling, EKO XIX, S. 698.
92 Struve, Burkhard Gotthelf, Ausführlicher Be-
richt von der pfälzischen Kirchen-Historie, Frankfurt
a.M. 1721, S. 506.
93 Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 561-563.
94 Cuno, Philipp Ludwig II., S. 68; Müller-Ludolph,
Philipp Ludwig II., S. 211.
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