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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0529
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13. Presbyteriumsordnung [1609]

vermanung nicht haben wollen annehmen, sollen sie
sich miteinander berhatschlagen, ob solche personen
vorzuebescheiden18 oder aber ob ihnen in nahmen
der eltesten von etlichen aus ihrem mittel die began-
gene sunde vorgehalten werden solle. Halten sie dan
fur rhatsam, das verbrechende personen nur von et-
lichen aus ihrem mittel vermahnet werden, so sollen
die, welchen solches uferlegt wirt, uf ehiste19 gele-
genheit den eltesten in gemein relation | 316r | thun,
wie die vermahnungen abgangen, darauf dan auch
die eltesten schließen werden, ob sie es bei besche-
hener erinnerung wollen laßen bewenden oder nicht.
Art. 4: Wie mit den vorgeforderten zueverfahren
Da aber es fur eine notturft gehalten wirt, daß die
verbrechende personen ofentlich erinnert werden,
sollen dieselben durch ihren hierzue bestelten diener
oder glöckner uf einen gewißen tag vorbescheiden
und, wan sie erscheinen, ihnen ihre ubertrettung
durch den praesidem zue gemüt führen und be-
schweren, sie davon ab[zu]stehen und durch beße-
rung und abbitten mit Gott und der kirchen zue ver-
söhnen, vermahnen. Solche vermahnungen sollen
vornemblich aus dem wort Gottes geschehen, wie sie
zuevor bedacht sein, und soll der kirchendiener hier-
innen wie auch in allen andern dingen, so für die
eltesten gehören, nicht für sich selbst, sondern mit
rhat der darzue geordneten handeln, auch sich be-
fleißen, |316v| daß er allwege deme, so vermahnet
wirt, seine sunde mit Gottes wort also erklere und
fur die augen stelle, daß er in sich selber gehe und
zue warer rew und beßerung gereitzet werde.
Es soll auch weder er noch seine mitteltesten
hierinnen etwas aus neid, haß, zorn, rachgier, hoch-
mut, truz oder andern affection, sondern alles mit
christlicher bescheidenheit, mitleiden und sanftmut
furnehmen, auf daß der, so vermahnet wirt, spüren
könne, daß es alles aus brüderlicher und christlicher
liebe und ihme zum besten geschehe und damit seine
beßerung, wie auch zeitliche und ewige wolfart, ge-
sucht werde.
Wan nun der vorgeforderte durch erinnerung, so
18 Zu zitieren, einzubestellen, vorzuladen.
19 Nächste.

ihme alda aus Gottes wort geschehen, so weit ge-
bracht wirt, daß er in sich selbst gehet, seine sünde
erkennet, rew und leid drüber trägt und beßerung
verheiset, und aber seine mißhandlung also beschaf-
fen, daß sie keines scharpffen einsehens bedürftig,
sollen elteste mit solchen personen weiter nichts vor-
nehmen, I317r | sondern sie im nahmen Gottes zue
haus gehen laßen mit angehenckter warnung, daß
sie sich hinfuro mit denen ihnen beschwerten20 sün-
den fleißiger hüten und wol zuesehen, daß sie dem
evangelio würdiglich wandlen.
Art. 5: Von abbittung der ergernuß und
versöhnung mit der gemein
Wan aber einer ist, der durch offene, grobe sunden
und mißhandlungen die ganze gemein oder den grö-
sten und vornembsten theil derselbigen geergert,
und aber Gott der herr ihme endlich durch seine
gnade und durch vielfaltige erinnerung der eltesten
sein herz richtet und beßerung verleihet, soll dersel-
big sich mit der ganzen gemein, die er geärgert, zue
versöhnen vermahnet und angewiesen werden, sin-
temal es je billich, weill er sich nicht geschemet, der-
selben ärgernus zuegeben, er sich auch nicht scheme,
daßelbe zue bekennen und umb verzeihung zue bit-
ten. | 317v | Wan nun er sich also willig erzeiget, kon-
te ihme zue solcher versohnung der tag der negst-
kommenden eltestenversamblung ernent und ange-
sezt werden und alsdan etliche aus der gemeindt,
sonderlich die jenigen, so da geärgert, zue den älte-
sten gefordert werden, daß sie solche bekantnus und
pitt deßen, der die versöhnung begehrt, mit anhoren
und vernehmen mögen. Als dan soll der bußfertige
sünder aus warer rew und ohne alle heuchelei als für
dem angesicht Gottes fur solcher versamblung, als
welche die ganze kirche repraesentirt, seine sünde,
damit er die gemeine Gottes geergert, bekennen mit
angehenckter demütiger bitt, sie wollen ihme das
gegeben ergernus brüderlicher verzeihen, auch Gott
neben ihme umb verzeihung solcher und anderer
sünden und mißhandlungen helfen anrufen. Es kon-
te auch solcher nochmals, woferne er es begehren
20 Vorgeworfenen.

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