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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0530
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Hanau-Münzenberg

und die eltesten fur rhatsamb halten würden, durch
den kirchendiener der ganzen gemein angekündet
und zue rechter und wahrer versöhnung und fur-
bitte fur den bußfertigen sünder vermahnet wer-
den. I318r|
Was die offentliche vorstellung anlangen thut,
da laßen wir es damit verbleiben, wie daßelbe vor-
hin21 in unsern kirchen breuchlich gewesen, halten
uns jedoch in derselbe, weill es mehr ein politisch
werck, jederzeit anderwertig zueschließen und nach
gelegenheit zue dispensirn bevor.
Art. 6: Von denjenigen, so halstarig sein und
sich der kirchenzucht zue widersetzen understehen
In dem fall aber einer alle vermahnung nicht willig
annehmen, sondern dieselbe halstarig verachten und
in lastern verharren würde, sollen eltesten solchen
ergerlichen menschen vermöge des worts Gottes und
unserer kirchenordnung22 von den h. sacramenten
freundlich und mit christlicher bescheidenheit, biß
sie recht ernstliche buße verheisen und erzeiget, ab-
mahnen, damit die entheiligung der sacramenten, so
viel müglich, verhütet und das ergernus in der ge-
mein nicht größer werde.
Art. 7: Von dem protocollo |318v|
Alles nun, was in solcher versamblung der eltesten
beschloßen und gehandelt wirt, soll entweder von
der kirchendiener einem, so derselben zwen oder
mehr an einem ort, oder sonsten einem andern der
eltisten, deme es ufgetragen wirt, in ein eigen buch,
so darzue verordnet, eingeschrieben und folgender
versamblung, was beschloßen und was einem jeden
befohlen, wider verlesen und wie die sache verrich-
tet, angehöret werden.
Solch buch aber soll von dem praeside selbst ver-
wahret und verschloßen gehalten werden, damit,
was gehandlet, desto mehr verschwiegen bleibe. Was
dan verrichtet, darzue soll er ein zeichen, welches
21 Zuvor.
22 In Hanau-Münzenberg war Anfang des 17. Jahrhunderts
die kurpfälzische Kirchenordnung von 1601 in Ge-
brauch, Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 556-585;
vgl. oben, S. 376.

bedeutet, daß es verrichtet seie, uf den rand setzen.
Die andere puncten, dabei solches zeichen nicht ste-
het, sollen so lang und viel wieder gelesen oder ge-
schrieben werden, biß sie auch verrichtet, und nicht
ehe solches zeichen hinzuesetzen.
Art. 8: Was fur ein underscheidt seie zwischen
dem ampt der eltesten und der weltlichen obrigkeit
Damit auch alle unordnungen, auch die pabstliche
tyrannei, dießfals verhütet werde und beides, I319r |
die eltesten in ihren und unsere beampten auch in
ihrem ampt desto richtiger, nicht alleine ohne ein-
trag23 und verhinderung eines oder des andern, son-
dern auch mit beiderseits beforderung vortfahre und
kein theil dem andern ingreifen möge, so soll der
underschied des ampts der eltesten und der weltli-
chen obrigkeit mit fleiß in acht genommen werden.
Dan erstlich erstreckt sich das ampt der obrig-
keit allein uber den leib und zeitliche guter der un-
derthanen, uber die seelen aber der menschen und
ihre ewige wolfahrt haben sie gar nicht zue herschen.
Hingegen das ampt der eltesten gehet auf die gewi-
ßen der menschen, welche sie durch ihre vermah-
nung aus den sunden aufmuntern, durch den hamer
des gottlichen gesetzes zerknirschen24 und zue Gott
führen und durch die gnadenverheisung des evan-
gelii widerumb aufrichten und trösten.
Zum andern so straft die obrigkeit mit euserli-
chem zwang und gewalt, als mit gefengnus, gelt, ru-
then, verweisung des lands und, nach verbrechung,
mit dem schwert, radt, fewr, waßer, strick; die kirch
aber oder die eltesten |319v| (welche ihre gemeind
representirn alleine durch das wort Gottes) vermah-
nen und strafen.
Zum dritten: Die obrigkeit siehet in ihren stra-
fen alleine auf die erhaltung euserlicher zucht und
gemeinen fridens und rhue. Die kirche aber in ihren
vermahnungen und verkündigung des zorns und ge-
richts Gottes suchet der gefallenen bekehrung und
beßerung und ihr ewiges heil und seeligkeit.
23 Beeinträchtigung.
24 Jer 23,29.

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