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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0618
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Ysenburg-Ronneburg

8. Memorial zur Kirchenzuchtordnunga
8. Dezember 1592
Memorial, so des wolgebornen unsers g[nädigen] h[errn], graff Wolffgang1 von Isenburg etc. praedicanten in
den ampten Wechtersbach2, Spilberg3 und Mehrholz4 bey ubergebung unnd publication ihrer gn. ordnung
von der kirchendisciplin5 zu mehrer derselbigen erleuterung zugestellet worden

1. Erstlich. Obwol in ermelter kirchenordnung ge-
dacht wirdt, das auß erheblichen ursachen gegen
den refractariis mit ausschliessung von der gevat-
terschafft, verwegerung der einsegnung zum ehe-
standt, abhaltung vom h. abendmal und zu zeitten
auch mit dem volkommenen ban procediret werden
sol, so ist doch [für] nutz unnd erbeulich angesehen,
das die praedicanten unnd ihre seniores solchen pro-
ceß ohne zuvor bey dem kirchenrath gesuchtem
unnd erlangtem bescheidt nicht ins werck richten
sollen.
2. Furs ander. Weil man in erfahrung kommen,
daß die eltern ihre kinder an andere ort zur schul
schicken, als soll der pfarherr auff der canzel seine
zuhörer vermahnen, das sie ihre kinder fleissig zur
schul, welche jedes orts nach gelegenheit bestellet
ist, halten, dabey auch die beampten das ihre thun
und, ob die vermahnung auff der canzel nicht be-
wandt seyn wurde6, die ungehorsame eltern mit ge-
burlichen straffen derwegen ansehen sollen.
3. Zum dritten. Nachdem man berichtet, das

a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 16/91.

1 Wolfgang von Ysenburg-Ronneburg (1533-1597), siehe
oben, S. 552 Anm. 35.
2 Wächtersbach, Kreis Gelnhausen.
3 Spielberg, Kreis Gelnhausen.
4 Meerholz, Kreis Gelnhausen.
5 Kirchenzuchtordnung von 1591, oben, Nr. 7.
6 Nichts genützt hat, vgl. FWb 3, Sp. 2267.
7 Opfergaben (Oblationen) der Gemeindeglieder, die einen
Teil der pfarrherrlichen Einkünfte ausmachten, Petke,
Oblationen, S. 35-58.
8 Entbehren.
9 Parallel zu den Ämtern als Verwaltungsbezirken, in de-
nen Polizei und Rechtsprechung geübt wurden, bestan-
den Kellereien als landesherrliche Wirtschaftsbezirke.
10 Die Gemeinde Spielberg war eine Filiale der Pfarrkirche
Hitzkirchen. Im Zuge der Reformationseinführung nach

sich die underthanen des gewöhnlichen opfergelts,
den praedicanten zureichen, beschweren mit fur-
wendung, weil die altaria in der kirchen abgeschafft,
das sie, die praedicanten, dasselbige billich auch fal-
len lassen solten, unnd aber solches opffergelt7 von
deßwegen, das es ein stuck ihrer belohnung, nicht
wohl zuentrathen8, so ist vor nutz unnd rathsam an-
gesehen, damit dißfals angenommenem ergerniß und
mißverstandt abgeholffen | werde, daß solches hin-
furo der kelner9 jedes orts bey erhebung anderer der
herrschafft zins auch eintreiben unnd den pfarrherrn
davon die gebur, wie man sich deßwegen mit ihnen
zuvergleichen, geben unnd handreichen solle.
4. Zum vierdten. Weil hiebevor die beide pfarren
Spilberg unnd Odenhain ein corpus gewesen10 unnd
von ehrn Henrichen11 zu Odenhain allein versehen
worden, als ist dieser unnd anderer mehr ursachen
halben der kirchen heilsam unnd erbeulich erachtet,
das hinfuro allen monat einmahl ein abwechselung
mit den predigen geschehe, also das, wenn ehr Lu-
dovicus12 zu Odenhain, als denn ehr Heinrich zu

1545 wurde Spielberg dismembriert, jedoch bis 1587 wei-
terhin von Udenhain aus versehen, anschließend hatte
Spielberg einen eigenen Pfarrer, Aschkewitz, Pfarrer-
geschichte, S. 593.
11 Heinrich Heilmann war bereits 1561 mit der Versehung
der Gemeinde in Spielberg beauftragt worden. Von 1565
bis 1598 war er Pfarrer in Udenhain, bis 1583 zeitweise
auch in Spielberg. Als Graf Heinrich 1598 das lutheri-
sche Bekenntnis einführte, wurde Heilmann abgesetzt,
er war anschließend als Schulmeister in Unterreichen-
bach tätig, Aschkewitz, Pfarrergeschichte, S. 533f.,
594; Calaminus, Einführung, S. 29.
12 Vermutlich ist hier Ludwig Mesomylius gemeint, der
von 1585 bis 1598 Pfarrer in Spielberg war. Nach Ein-
führung des lutherischen Bekenntnisses 1598 wurde Me-
somylius abgesetzt, Aschkewitz, Pfarrergeschichte,
S. 594; Calaminus, Einführung, S. 29; Meyer, Ge-
schichte, S. 105f., 122.

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