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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0039
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in Memmingen und Kaufbeuren)53. Das Gespräch fand vom 3. bis 14. März im großen Rathaussaal
zu Nürnberg unter dem Vorsitz von Scheurls statt. In der Schlußsitzung faßte Osiander das Ergebnis
in Darstellung der evangelischen und Widerlegung der katholischen Auffassung zusammen. Der Rat
beschloß darauf, nicht mehr auf ein Konzil zu warten, sondern gleich selbst die entsprechenden Folge-
rungen zu ziehen. Dementsprechend wurde am 16.März beschlossen, allen Geistlichen, auch den Män-
nerklöstern, die päpstliche Messe zu verbieten und zu empfehlen, daß alle Gottesdienste tunlichst nach
dem Vorbild der Ordnung der Pröpste gehalten werden54.
In diesem und im nächsten Jahr wurde die Mehrzahl der Männerklöster durch ihre Konvente dem
Rat übergeben. Die Vermögensmassen flossen, wie auch die der allmählich eingehenden Benefizien, in das
Große Almosen. Diesem wurden später überhaupt sämtliche geistliche Pfründen der Stadt und der so-
genannten Alten Landschaft, ferner auch alle Klöster bis auf St. Klara und St. Katharina übergeben.
Damit übernahm dieses Almosen auch die Aufgaben eines Gemeinen Kastens, aus dem nicht nur die
Gehälter sämtlicher Geistlichen, sondern auch alle kirchlichen Sachbedürfnisse, Baufallwendungen usw.,
geleistet wurden55.
Über der Abkehr von den Segnungen und Messen und den nur aus solchen bestehenden kirchlichen
Handlungen vollzog sich in Nürnberg auch teilweise ein Verzicht auf kirchliche Mitwirkung an der Be-
erdigung56. Das gleiche scheint auch bei der Eheschließung der Fall gewesen zu sein. Um hier dann
doch die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten und, wenn auch zunächst keinen Druck, so doch einen
Anreiz zu Vornahme dieser Handlung zu schaffen, begannen die Pröpste am Michaelistag (29. Septem-
ber) 1524 mit der Aufzeichnung der Brautleute. Damit wurden die ersten Ehebücher in Deutschland
angelegt. Sie sind heute noch vorhanden57. Bei der nun entstehenden Ordnung verbanden die Geistlichen
die Brautübergabe unter der Brautpforte mit Schriftlesung und Gebet58, wahrscheinlich schon ungefähr
in der 1526 im Druck erschienenen Weise59. Arn 4. November 1525 ordnete der Rat an, daß diese Hand-
lung nicht mehr vor der Kirche, sondern an einem Altar vollzogen werde60. Als Vorlage hat hier die Trau-
form, die Bugenhagen in Wittenberg übte und die im Jahr 1524 — etwas erweitert und in eine süddeut-
sche Form gebracht - in einer von Bugenhagen abgelehnten anonyrnen Fünfschrift61 allgemein bekannt
geworden war, gedient. Im Unterschied zu dieser Ordnung wird aber auf eine eigene Trauformel völlig
verzichtet.
Mit dem nach jeder Hinsicht vollständigen Sieg der Reformation in Nürnberg verschwand der Reich-
tum an Gottesdienstordnungen. Die Messe Volprechts fand ihr Ende, als die letzten Mönche das Kloster
verließen, dieses der Stadt übergaben und 1526 der Gottesdienst in der Kirche eingestellt wurde.An der
Sutte wurde die Seelsorge 1525/26 umgestaltet, indem die Kapläne durch die Prediger ersetzt wurden63.
Die Gottesdienste wurden nun als Predigtgottesdienste gehalten. Damit verschwand auch die Messe Dö-
bers. Gerade ihre Form aber gewann weithinreichende Bedeutung. 1531 ließ sie der Prediger Joachim
Slüter, der der Reformation in diesem Jahre zum Siege in Rostock verhalf, plattdeutsch mit nur ge-

53 Simon, EKGB 178f.
54 Handlung eynns Ersamen und weysen Rats zu Nürnberg mit iren Predicannten newlich geschehen etc. 1525.
— Will, Acta. - Engelhardt 1, 163-182.
55 Hilpert, Kirchen-Vermögen. - Hofmann, Die ,,Pfaffenpfründen“. —Winkler.
56 Vgl. den bei von Schubert, Gottesdienstordnungen 327 abgedruckten Bericht.
57 Schornbaum, Ehebuch von St. Sebald. — Burger. — Simon, Nürnberger Kirchenbücher. — M. Simon, Zur
Geschichte der Kirchenbücher, in: ZbKG 29 (1960) 16 f.
58 = Anm. 56. 59 Unsere Nummer I 8. — Dazu auch WA 30 III 55. 60 Engelhardt 1, 240.
61 Von der evangelischen Meß, was die Meß sei..., darin als 5. Teil: Wie man die, so zu der ehe greifend, einleitet
vor der Kirchen durch Herrn Johann Pommer zu Wittenberg. - Über diese viel behandelte Schrift vgl. Smend,
Messen 39-172.— von Schubert, Trauung 142-153. - WA 30 III. 48-53. — G. Geisenhof, Bibliotheca Bugen-
hagiana. Leipzig 1908. ( = Quellen und Darstellungen aus der Geschichte des Reformationsjahrhunderts 6). 61ff.
Nr. 36-41. 43. 62 Kolde, Venatorius 102f. - Simon, Spitalmessen.

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