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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0043
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I 1 Almosenordnung 1522

bürger und bürgerin, so des almusens notturftig,
ordenlich verzaichent haben; dabei auch, wie vil ein
jeder offentlicher vorsitzender pettler mit seinem
wochenlichen petel des almusens ungeverlich ersa-
melt, wie vil auch ein jeder derselben petler kinder
hab, was alters und vermögens die eltern und kinder
und ob die kinder gar oder zum tail also geschickt,
das sie mit dienste und irer handarbeit ir brot er-
obern und ire eltern derselben geraten mügen. Wel-
che auch in sünderheit darumb beschriben werden,
inen durch die verordenten pfleger und ire knecht
bei handwerken und andern dienst zu schaffen, da-
mit sie in arbait erwachsen und sich mit der zeit on
das almusen hinpringen mögen. Neben dem haben
sich auch die angezeigten vier knechten bei den umb-
sessenden nachbauern diser petler oder armen leut
erkündigt und ordenlich verzaichent, in was gueten
oder bösen leimunds dieselben armen gewest und
noch seien, ob sie ire tag mit erbern hendeln oder
mit diebstal, kuplerei, fullerei, spil und andern der-
gleichen offenlichen lastern zupracht haben, auf das
dieselben berüchtigten durch reichung des almusens
in irem süntlichen leben nit gesterkt, sonder in ent-
ziehung desselben ursach gegeben werd, sich von der-
gleichen lastern zu einem erbern, gotsförchtigen,
christenlichen wesen zu keren und des almusens da-
durch vehig zu machen. Oder das zwischen den fru-
men und gotlosen mit dem almusen ein pilliche sün-
derung gemacht und etwo dem man und nit der
frauen, oder der frauen und nit dem man nach gestalt
irer beder oder ir eins erberen oder unerbern wesens
das almusen geraicht und dem ungeraten verpoten
werd, dem andern solich entpfangen almusen nit ab-
zunötigen. So soll der vermelten vier geschwornen
knecht ampt das sein, das almusen, wie das von den
verordenten pflegern einer jeden dürftigen person
gemeß irer dürftigkait, kinder, wesens und haushal-
tens taxirt und inenauszutaüenbevolhenist, wochen-
lich auszutailen, nemlich: ein jeder derselben knecht,
in seinem viertail oder gezirk (dieweil die stat Nürm-
berg, der markt Werde und Gostenhof, in vier tail
oder gezirk getailt sind) und welcher unter den vier
knechten ein wochen in einem der vierteil austailt,
der sol das die andern darnach volgenden wochen

7 = 1. Nov. 8 = 2. Nov.

in der andern quartier ainem tuen und also von
wochen zu wochen, von knechten zu knechten umb-
geen, damit ein jeder knecht des anderen seins mit-
gesellen aufseher sei und sich jedesmals geverlich-
kait, fleiß oder unfleiß desselben seins mitgesellen zu
erkundigen hab, und ob er ichts geferlichs erfund,
das den verordenten pflegeren bei seinen pflichten
fürderlich anzuzaigen, die alsdan bevelch haben sol-
len, den schuldigen nach gestalt geverlicher oder un-
geverlicher seiner verhandlung mit urlaubung oder
in ander weg zu strafen oder das einem erbern rate
zu strafen heimzustellen. Und wo die bemelten vier
knecht uber kurz oder lang durch todsfell oder in
ander wege bei den armen leuten enderung oder ver-
rere notturft, dann sie anfenklich in verzeichnus ge-
pracht haben, erfinden würt, das sollen sie den
zweien pflegeren oder verwesern, so dazumal im
ampt sind, ansagen und dorauf ferners beschids er-
warten.
Item ein jeder man oder weib, so des almusens be-
geret und auf besichtigung der vier knecht notturftig
ist, soll ein offenlich messin zaichen, hierzue in son-
ders gemacht, zu tragen schuldig und doch densel-
ben allen und itzlichem in gemein und sonders ver-
poten sein, in der stat Nürmberg, zu Werde und
Gostenhof weder auf der strassen, kirckhofen, in den
kirchen oder heuseren durch sich selbs, ire zuge-
wandten oder andere zu pettelen außerhalb der
zweier, nemlich Allerhailigen7 und Allerseelentag8,
die einem jeden, er sei burger oder gast, des offent-
lichen pettelens halben frei sein, wie mit alter her-
kummen ist. Sonder sie sollen sich an dem, das inen
also durch eins rats verordenten pfleger oder ire zu-
gebene diener geraicht wurdet, begnügen lassen. We-
liche aber also on ein zeichen oder in der stat, zu
kirchen, strassen oder in heusern petlend befunden,
den sol die stat Nurmberg oder eins rats gepiete ver-
poten oder sie sunst nach gestalt irer ubertretung
gestraft und darzu ine die zeit derselben straf einich
almusen nit gereicht werden.
Auf das durch sölich zeichentragen verhüt werd,
damit die armen offenliche tafern9, wirtsheuser und
ander unzimliche ort für und fur zu besuechen und
das ir zu abbruch irer armen weib, kinder und zu-
9 = taberna = Gasthaus (Schmeller 1, 587f.).

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