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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0046
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Nürnberg I

pracht, bleiben söllet) abgewisen werden. Were dann
unter denselben einer oder mer, die vor anfang diser
ordenung in Nürnberg gewest oder, wie itzo gehört,
unwissend herein kummen und so nötig weren, das
sie on zimliche hilf nit auskommen möchten, söllen
sie durch die zwen pettelrichter zu der vier knecht
einem gepracht und von denselben mit billicher not-
turft, das sie fürter komen mögen, fürsehen ire na-
men ordenlich aufgeschriben und das ausgegeben
gelt den pflegern getreulich angezeigt und verrechent
und alsbald denselben pettlern das petteln in der
stat und landwere bei sündern bueßen verpoten wer-
den. Wo dann einer oder mer derselben pettler sölich
gepot verprechen und alhie widerumb petlend be-
treten würd, der soll darumb eines rats ernstliche
straf nach gestalt seiner verachtung und übertre-
tung gewarten.
Von dem einkumen dis almusens.
Und damit das gemein volk geraizt werd, ir hand-
raich und hilf zu disem großen dapfern almusen
dester statlicher zu tun, so sollen sie durch die pre-
diger auf den canzlen zu sölichem getreulich und
mit ernst umb Christus willen ermanet und nach-
volgend in anderen iren predigen des on underlaß
erinnert werden wie auch wol die nottürf erfordert,
dieweil der teufel nit feiert, dises und andere der-
gleichen gute werk durch sich selbs und andere son-
dere personen, denen von ires eigen geiz genieß und
vorteils wegen solch almusen ganz wider und ent-
gegen ist, zum höchsten zu verhindern, und ist auch
ungeverlich vierzehen tag vor anfang solicher orde-
nung dasselb almusen durch alle prediger offentlich
auf den canzeln nachfolgender verzeichnus gemeß
verkunt worden:
Ein erber rat diser stat hat guter meinung und in
bedacht, das aus vermög der gepot Gottes alles
christlich wesen allein stet in einem rechten ver-

1 Was es mit diesen Giöcklern für eine Bewandtnis hat,
ist nicht bekannt. Wahrscheinlich sind damit die
8 Männer gemeint, die alle Jahre an Mittfasten (also
in der Woche vor dem Sonntag Lätare) 4 Tage lang
für die Sondersiechen an je einem großen Tisch bei
St. Martha und bei der Moritzkapelle (früher neben

trauen und glauben gegen Got und brüderlicher lieb,
hilf und handraich gegen dem negsten, furgenomen,
die armen dürftigen personen in dieser stat mit zim-
licher notturft zu unterhalten und damit das offen-
lich betlen in den kirchen und auf der gassen ab-
zustellen. Haben darumb ein löblich christlich orde-
nung bedacht, welcher gestalt dieselb unterhaltung
der armen wochenlich bescheen sol, zu solichem auch
etlich erber stathaft personen verordent, dis löblich
christenlich gut werk ordenlich und mit dem pesten
bestendigesten fug zu volziehen. Dieweil aber unser
seligkeit entlich ruet auf haltung und hanthabung
der gepot Gottes, weliche auch einen jeden christen-
lichen menschen zu dergleichen hilf und erzeigung
brüderlicher lieb gegen dem negsten on mittel ver-
pinden, so werden euer andacht hiemit ermant, in
der lieb unsers Herren Jesu Christi, das ir euer al-
musen, hilf und handraich zu disem löblichen für-
nemen mittailen und das in die truhen oder kasten,
so hierzu verordent und in etlichen kirchen gesetzt
sind, einlegen oder denjenen, so ein erber rat zu ein-
nemern und austailern dises almusens angesehen
hat, uberantworten wöllet. Darumb werden euer
lieb sonders zweifels bei Got dem almechtigen ewiger
untödlicher belonung gewarten und ein hochchri-
stenlich und gut werk fürdern.
Daneben hat ein erber rat disem almusen zu gut
alles anders almusen sammelen und petteln, so bis-
her etwo vil jar offenlich mit dem tefelein und lau-
tem geschrai in allen kirchen alhie den sundersie-
chen, findelkindern, kirchengepeuen, spitalen und
dergleichen almusen und stiftungen zu gut gepraucht
ist, desgleichen das sondersichpetteln der glöckler1
auf den straßen genzlich abgestelt, dieweil dieselben
almusen on das mit casten in den kirchen versehen
sein. Und sol furohin in den beden pfarkirchen zu
Nürmberg nit mer dann ein secklein an einem steng-
lin2, mit der petler zeichen verzeichent, durch
frumm erber person, die sich solichs umb Gottes wil-
len zu tun unterstanden haben, alle sontag und ge-
St. Sebald) sammeln durften (Lochner, Gg. Wolfg.
Karl, Die Sondersiechen in Nürnberg, ihr Almosen
und ihre Schau, in: Staatsarzneikunde 1861. 177 bis
252. Bes. 207. - Waldau, Vermischte Beiträge 3,
261 f.). - Sie mögen durch eine Glocke aufmerksam
gemacht haben. 2 = Klingelsack.

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