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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0045
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I 1 Almosenordnung 1522

kummen mögen und aus der not, damit sie sich er-
neren und dem mußiggeen stat13 tun möchten, ge-
drungen sein, ungelerte münch und pfaffen zu wer-
den und als unverstendige plintenleiter andere neben
inen zu verfüren, sölichs und andere beschwerden,
so hieraus erfolgen mögen, zu fürkumen14, hat ein
erber rat guter meinung der zale sölicher schuler ein
zimliche maß gesetzt und nemlich verordent, das die
schulmeister sanct Sebald, sanct Laurentzen und
des Spitals schulen, ir jeder nit mer dann vierzig,
zu sanct Egidien dreißig und zu Werd zehen armer
schüler oder mendicanten15 halten, die auch ire zei-
chen tragen, und außerhalb derselben gezeichenten
anzale keinem schuler zugelassen sein soll, zu pettlen
oder nach brot vor den heusern zu singen, bei einer
sondern darauf gesatzten peen und straf. Es soll auch
denselben zugelassen schulern von disem almusen
ferner nichts volgen, dieweil sie sich on das durch
ir singen vor den heusern wol notturftiglich behelfen
mögen.
Item ob sich arme priester fünden und dises al-
musens begeren würden, den sol sölchs aus guten ur-
sachen und darumb nit geraicht werden, das irer der
geistlichen canones selbs verpieten und schmelich
anzeigen, das die priester dem offenlichen pettel ob-
ligen söllen16. Damit dann dieselben priester nit ur-
sach haben, das wort Gottes (darumb sie allein leip-
lich unterhalten werden söllen) zu verlassen und dem
geil und pettel anzuhangen, oder das die, so außer-
halb des priesterlichen stands durch ander erber
wege ir narung wol suchen und haben mögen nit
dester mer bewegung nemen, sich allein auf sölich
müßiggeen und den pettel zu legen und den armen
durftigen das almusen zu entziehen, so söllen sie
durch raichung des almusens zu sölchem nit ge-
sterkt, sonder, wo sie leiplicher unterhaltung und
narung notturftig sind, von andern priestern diser
stat, die mit beneficien, jerlichen einkumen, teg-
lichen gefellen und notturften fürsehen sein, pilhch
13 = stille (Schmeller 2, 797).
14 = verhindern, abstellen (Schmeller 1, 1248. -
Grimm 4 I 760ff.). 15 Vgl. Anm. 11!
16 Zur Verhütung von Erwerbslosigkeit bei Geistlichen
war die Erteilung der höheren Weihen an einen sog.
Tischtitel gebunden (Hinschius Paul, System des
katholischen Kirchenrechts 1 [Berlin 1869] 63ff.).
Trotzdem gab es in der Reformationszeit ein zahl-

unterhalten werden, wie ein jeder christ, fürnemlich
aber die gaistlichen, die zur barmherzigkeit und
brüderlicher hilf vor andern geneigt und bereit sein
söllen, aus brüderlicher lieb on das zu tun verpflicht
sein, inmaßen dann dieselben priester, wo sie an-
einander handraichen wöllen, gar geringlich und on
alle beschwerd tun mögen.
Item die pfleger dises almusens söllen auch bestel-
len und verordenen, ob unter den verzeichenten pet-
lern und hausarmen leuten, die mit dem fieber oder
ander krankheiten beladen, desgleichen arm kind-
petterin irer schwaheit halben einicherlei arznei und
labung notturftig würden, das sie sölichs der ver-
ordenten knechten einem ansagen. Wo dann derselb
knecht auf besichtigung die notturft erfindet, sol er
dem kranken oder dürftigen sölichs von dem al-
musen aus den apoteken zu Nüremberg verschaffen.
Item es sol auch allen frembden oder auslendigen
petlern, so in der stat Nüremberg, Werd oder Go-
stenhof nit bürger oder bürgerin sein, verpoten sein,
der end einem, desgleichen vor der stat Nürenberg,
innerhalb der landwere zu pettlen oder sich mit hüt-
ten, geheuß oder ander pfleglichen wonung daselbst
niderzutuen und zu enthalten. Deshalb auch unter
alle tor der stat sünder personen verordent worden
sein, dieselben frembden petler abzuweisen und ine
eins rats verzeichente ordenung, an die tor ange-
schlagen, zu verkunden, aus ursachen, das sich durch
disen schein allerlei verdechtlicher, sträflicher per-
sonen oder diejenen, so gleich den bilgram von einer
stat zu der andern laufen, weib und kind sitzen, ver-
derben und hunger leiden lassen, unterschlaifen mö-
gen. Ob sich aber uber das einer oder mer petler in
die stat eindringen und unwissend diser eins rats
ordenung offenlichs pettlens untersteen würden, die
söllen durch die zwen alten amptleute oder pettel-
richter (so vor dieser fürgenomen ordenung in iren
ämpten uber die pettler gewest seind und noch ein
zeitlang, bis söliche ordnung in ein recht wesen ge-
reiches Priesterproletariat (Hefele, K. J., Über die
Lage des Klerus... im Mittelalter, in: Theologische
Quartalschrift 50 [1868] 115ff. - Falk, Fr., An der
Wende des 15. Jahrhunderts, Klerikales Proletariat,
in: Historisch politische Blätter 112 [1893] 545 ff. -
Werner, Der niedere Klerus am Ausgang des Mit-
telalters, in: Deutsche Geschichtsblätter 8 [1907]
218ff. - Simon, Movendelpfründe 28.)

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