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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0047
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I 1 Almosenordnung 1522

pante feiertag3 umbgetragen und darein zu disem
almusen getreulichen gesammelt, auch das gesamelt
gelt jedesmals den verordenten pflegern geantwort
oder in den negsten casten, die in den beden pfarren
und unser frauenkirchen4 mit gemalten tafelein zu
solichem almusen insbesonders gesetzt und ver-
ordent sein, eingelegt werden. Und damit das ge-
mein volk ursach hab, sich mit lieb und hilf des neg-
sten den gepoten Gottes gemeß zu halten, so sollen
hinfur die petler oder samler5, die zu kirchen, altaren,
glocken, tafeln und andern dergleichen gezierden in
der stat Nürmberg mit wissen eins rats offenlich ge-
pettelt haben, nit mer zugelassen werden; und sollen
die verordenten pfleger den armen sundersiechen
menschen, findelkindern und, ob es not were, den
dürftigen menschen im spital alhie von wegen ob-
gemelter abstellung der kirchentafelin je zu zeiten
von disem almusen zimlich ergetzung tun.
Gleichwol wil ein erber rat aus guten ursachen
die alten hievor gestiften spend und seelpad6 in irem
wesen wie bisher beruen lassen des versehens, das
die mit der zeit auch in dises almusen gezogen wer-
den sollen. Was aber furohin von spenden, seelpaden
und dergleichen geschafft würdet, die sollen alle in
dises almusen gepracht, dieweil dieselben spend und
seelpad nit fruchtparhcher und gleichmeßiger dann

3 Die ,,bei dem Bann“, wie es in der mittelalterlichen
Verkündigungsformel hieß (Surgant 76v), zu feiern
verkündeten Feiertage, „gebotene“ Feiertage, festa
fori oder de praecepto (LThK 3, 1018) — außer den
Sonntagen und Hauptfesten eine größere Anzahl von
Tagen, die im Mittelalter nach Diözesen verschieden
war (Hartmann 111f.).
4 Sie war außer den Pfarrkirchen die einzige Kirche
in Nürnberg, die nicht mit irgend einer ,,milden Stif-
tung“ verbunden und also zunächst zur Beschaffung
von deren Unterhalt bestimmt war. Sie war als kai-
serliche Kapelle 1355—1361 für die Erlaubnis zur Ver-
treibung der Juden (1349) an der Stelle der Synagoge
erbaut worden (Reicke 228. 283). In evangelischer
Zeit war sie eine mit 3 hauptamtlichen Geistlichen
versehene Predigtkirche. Nach dem Übergang der
Stadt an Bayern (1806) wurde die Kirche vom Staat
übernommen und der neuen katholischen Gemeinde
übergeben (Hilpert 78f.).
5 Ein anschauliches Beispiel einer solchen (in die-
sem Falle betrügerischen) Sammeltätigkeit zugun-
sten eines gottesdienstlichen Buches zeigt Simon
Matth., Zur Geschichte der Pfarrei Frommetsfelden,
in: ZbKG 21 (1952) 10-15.
6 = Stiftung zum Heil der eigenen Seele, die Armen

durch die geschwornen knecht, wie ein jeder ermessen
mag, können ausgetailt werd[en]. Dabei hat auch ein
erber rat verordent und dem kirchenmeister sant
Sebalds pfarkirchen zu Nürmberg bevolhen, das er
die dreizehen gestiften alten spend, so er jerlich von
der kirchen ausgeben hat, nemlich ein jede derselben
spend vier sumerin7 korns, das in summa trifft zwei-
undfunfzig sumerin, den pflegern des reichen al-
musens8 uberantworten. Die sollen sölich getreid zu
gemelten almusen verpachen9 und den pflegern dises
großen almusens alle jar für ein jedes derselben su-
mern spendkorns anderhalben guldin raichen, die es
furter unter die verzeichenten hausarmen leut und
schuler uber ir gepurhche anzale, so inen sunst
wochenlich von almusen geraicht würdet, austailen
und die armen ermanen lassen, Gott für der stifter
seelen zu pitten.
Und weliche burger oder burgerin das gestift reich
almusen wochenlich entpfahen, desgleichen die per-
sonen, so mit der krankheit der franzosen10 beladen,
sollen dises almusens, dieweil sie sunst ir notturftig
fursehung, unterhaltung und pfleger haben, nit ent-
pfenklich sein, damit den andern notleidenden da-
durch nichts entzogen werd; es were dann, das einer
oder mer derselben personen so nötig weren, das sie
mer hilf bedürften, oder das das almusen der fran-
am Jahrestag des Todes des Stifters oder sonst den
Besuch des Bades ermöglicht (Schmeller 2, 256. —
Reicke 823.) - ,,Jerlich auf den tag, als die... frau
Clara Geuderin von tods wegen abgangen, ... 30 men-
schen auf selben tag baden und ihnen genug zu
essen und zu trinken geben. Anno 1426...“ (Wür-
fel, Andr., Historische ... Nachrichten zur Erläute-
rung der nürnbergischen Stadt- und Adelsgeschichte.
1 [Nürnberg 1766] 219f.).— Uhlhorn, G.,Die christ-
liche Liebestätigkeit 2 (1884). Stuttgart 2, 310-313.
7 Eigentlich sumber = Korb, dann als sumra, simra
ein Getreidemaß. In Nürnberg = 16 Metzen zu
37,0596 1 = 5,93 hl (Schmeller 2, 283).-In diesen
Spenden vgl. Hilpert 8. 15.
8 Das reiche Almosen wurde 1388 von Burkard Sailer
gestiftet (Fundationsbrief in: Waldau, Vermischte
Beiträge 4, 381—390). Es wurde allsonntäglich auf
dem Friedhof von St. Sebald unter der Tagmesse
an 40, vierteljährlich wechselnde Leute verteilt (Sie-
benkees, Joh. Chn., Nachrichten von Armenstif-
tungen in Nürnberg 1792. 42-48. 162. - Reicke
620f. 1030. - Volbehr Th., Ein Beitrag zur Ge-
schichte des Armenwesens, in: Mitteilungen aus dem
germanischen Museum II [1889] 211-215).
9 = verbacken. 10 = Syphilis.

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