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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0062
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[14.] Artikel, der sich die beeden pröbst, Georg Peßler zn St.Se-
bald und Hector Pömer zu St.Lorenzen, verglichen haben nechst,
als sie beisammen waren primo Iunii 1524.

Zum ersten: Wo sich die vicarien in beichthören
anders wurden halten, dann das evangelium aus-
weist, soll ihnen das beichthören untersagt werden.
Zum andern soll das sacrament halb oder ganz
nach eines jeglichen begeren gereicht werden.
Zum dritten, daß die, so wollen zum sacrament
gehen, sich den tag davor ansagen, und mit den kin-
dern, so noch nit zu verstendigem alter sein kom-
men, soll es gehalten werden nach altem gebrauch.
Zum vierten, daß man das sacrament des weins
nit über nacht behalt.
Zum fünften der kranken halb sollen sie ver-
mahnet werden, daß sie das sacrament in der kir-
chen nemen, ehe sie lagerhaft werden, oder, ob sie
zu bett lägen oder sonst mit langwieriger krankheit
beladen, mögen sie ihnen zu rechter tagzeit meß in
ihrer behausung lassen lesen. In der not, als wann
eins gehling krank wird, soll das sacrament von

Druckvorlage: Siebenkees, Joh. Christian, Ma-
terialien zur nürnbergischen Greschichte. 3. Nürnberg
1794. 328-332.
1 Korrock = das superpelliceum (Ton auf dem i), ein
weißes, hemdartiges, bis zu den Knien reichendes
Gewand mit weiten Ärmeln, das bei Amtshand-
lungen außer der Messe getragen wird und auch vom
Mesner, Kreuzträger u. ä. getragen werden darf
(Hartmann 825. - Braun 331f. - LThK 9, 908. -
Eisenhofer 99f. - Bei Rietschel 122 wie viel-
fach in der evangelischen Literatur irrig mit der Alba
gleichgesetzt). - Stola = ein ungefähr 2 1/2 m lan-
ger, etwa 8 cm breiter Streifen, der bei allen Amts-
handlungen über die Schulter gehängt getragen wird
(Braun 327 f. - Hartmann 822 f. - LThK
9, 908. 838f. - Eisenhofer 106f.). - Ob diese An-
ordnung überhaupt nicht vollzogen oder sehr rasch
wieder zurückgenommen wurde, ist nicht bekannt.
Auf alle Fälle ist von einem Verzicht auf das Meß-
gewand in Nürnberg nie die Rede. Es wurde bis zum
4. Nov. 1810 bei allen Gelegenheiten, bei denen es
in der katholischen Kirche verwendet wurde, ge-
tragen. Am 11. Nov. 1810 wurde auch der Chorrock
nicht mehr angelegt (Nürnberg Stadtarchiv, Stadt-
chronik des G. P. Amberger 1 [1806-1820] 45f.).
2 = der Kaplan, der die eigentlichen Pfarramts-
geschäfte führte (Dispositor). Über seine Aufgabe:

einem priester auf des kranken begeren consecrirt
werden und ihm gegeben.
Zum sechsten alsdann der kleidung halben soll
gnug sein ein korrock und stol1.
Zum siebenten, daß man keinem münch oder pfa-
fen außerhalb der verwilligung der pröbst oder ihrer
schaffer2 gestatten soll, die sacrament zu reichen.
Zum achten, so einer an seinem letzten end der
oelung3 begehren wird, soll ihm gereichet werden.
Zum neunten, daß mit dem gsang in der kirchen
gehalten werden soll, wie die verzeichnus4 darüber
begriffen ausweist.
Zum zehnten: an festen und sambstagen soll es
gehalten inhalts der verzeichnus, als im nechsten
articul gemeldt. Das Salve aber am sambstag5 und
gesang am pfingstag6 und engelmeß7, desgleich alle
umbgäng8, salz und wasser weihen9 soll ab sein.
Zum elften, mit den leichen hinauszutragen, soll
Siebenkees 3 (1795) 355f.
3 Das Sakrament der letzten Ölung;
4 Siehe unsere Nr. I 5 S. 46—50!
5 Siehe Einleitung S. 18! - Ein solches Salve war
1505 für alle Samstage und sonst nach St. Lorenz
gestiftet worden (Würfel, Andr., Diptycha eccle-
siae Laurentianae. 29).
6 Nicht der Pfingsttag, sondern der Donnerstag
(Pfinztag; Schmeller 1, 437 440). Gemeint sind
wohl die am Donnerstag gehaltenen Votivmessen
(zum Altarsakrament), die auch Engelämter heißen
(Wetzer und Welte 4, 524).
7 Wohl die Votivmessen von den heiligen Engeln
(Hartmann 309. - LThK 3, 678) und nicht die
sog. Rorate-Messen der Adventszeit (LThK 3, 678).
8 Neben der Markusprozession (am 25. Apr.) und den
Bittgängen in den 3 Tagen vor Himmelfahrt vor
allem die Fronleichnamsprozession, die eben für den
26. Juni 1524 der Rat selbst schon für die beiden
Pfarrkirchen hatte ausfallen lassen (Engelhardt
1, 162). - Dazu im allgemeinen: X. Haimerl, Das
Prozessionswesen des Bistums Bamberg im Mittel-
alter. München 1937 (= Münchener Studien zur
Historischen Theologie 14) Begister.
9 Salz- und Wasserweihe erfolgte durch den exorcis-
mus salis bzw. aquae jeden Sonntag früh. Die ent-
sprechenden Formulare stehen daher am Anfang je-

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