[II 1] Ein cristen- /liche Ordenung der Betler halben,
uber den auffge / richten gemainen Kasten, in/ der Stat Kitzingen
zu Franken. Am tag Martini an- gangen.
1523.
Nachdem alle christglaubig menschen aus göt-
lichem gebot. zu der lieb Gottes und des nechsten bei
irer selen seligkeit verbunden seind, also das in er-
haltung solchs einichen götlichen gebots und einem
rechten warhaftigen vertrauen und glauben zu Got
alles christlich wesen steet, hat ein erber rat diser
stat Kitzingen Got dem almechtigen zu lob und in
bedacht, das nach ausweisung der götlichen gebot
und heiligen geschrift aus brüderlicher lieb niemant
seinen nechsten betteln lassen, sunder ein jeglicher
christenmensch dem andern nach seinem vermügen
mittailen und beholfen sein sol etc., guter mainung
fürgenummen, nun fürhin die armen dorftigen per-
sonen, so bei irer fleißigen arbeit krankhait oder
ander dergleichen zufell haben, mit eren und nit
durch müßiggeen, fullerei, spilen oder ander derglei-
chen unerbar handlung verarmt seind, alhie mit zim-
licher notdurft zu underhalten und damit das offent-
lich betteln in den kirchen, auf der gassen und
anderswo, darinnen bishere nit ein kleiner unge-
schickter mißbrauch geübt ist, durch diejenen, so
solich almusen unwirdiglich eingenummen, mit fül-
lerlei und andern offentlichen lastern unnützlich ver-
zert und ire kinder ganz zu kainer arbeit und eer-
lichen narung sunder allain auf den teglichen bettel
geweist und gezogen haben, abzustellen,
auf solichs ein erber rat ein gemainen kasten, mit
dreifachen schlossen verspert, in die pfarrkirchen
alhie an ein sichbarlich end stellen und setzen lassen
wil, welchen Got ermant, sein hilf und handreich
aus christenlicher, brüderlicher lieb zu disem löb-
lichen, christenlichen fürnemen zu underhaltung der
armen dorftigen, unser nechsten christenmensch,
Druckvorlage: Originaldruck (4°, 6 Bl. ohne
Drucker, Ort und Jahr) bei der Staatsbibliothek Straß-
burg (nach Photographie). - Druck: Winkelmann,
Armenordnungen, 11, 1-8.
mitzutailen und das in die truhen oder kasten ein-
zulegen. Darzu dann die prediger das christlich volk
an der canzel umb christenlicher und brüderlicher
liebe willen fleißig und getreulich vermanen sollen.
Es werden auch etlich verordent werden, die zu den
feiertagen in den kirchen und kirchhofen zu solichem
almusen, haus- und andern armen leuten sammeln,
das alles in den kasten fallen und eingelegt werden
sol.
Desgleichen zu der herbstzeit1 man auch etlich
verordnen wurd, die zu gemeltem almusen wein sam-
meln werden der hoffenlichen zuversicht, das aus
gnaden des Almechtigen solich almusen mit hilf
frummer, christglaubiger menschen hie zu Kitzi[n]-
gen, es sei in testamenten oder teglicher handrei-
chung, zu hilf und trost der haus- und ander frum-
men, armen leuten von tag zu tag reichlich geeufert2
werden. Und nach dem bisher zu herbst und andern
zeiten ein grosse summa den stationirern3 und an-
dern religiosen aus diser stat gefallen, bedenkt ein
erber rat, so es zu disem löblichen, christenlichem
fürnemen gewendt, das damit solich christenlich für-
nemen statlich angefangen und wol zimlich erhalten
werden mög.
Item man möcht auch mit zeit ander gestift al-
musen von den bruderschaften4, jartagen und andern
dergleichen orten mit wissen und willen in solchen
gemainen kasten wenden und ziehen, damit solich
almusen, baß dann bisher geschehen, ausgetailt wur-
den.
Und werdent hierauf sechs personen verordent,
nemlich zween aus dem rat und vier aus der gemain
alhie, die einander getreulich helfen und raten sol-
1 = Weinlese.
2 = vermehren (Schmeller 1, 43).
3 = Reliquienkrämer (Schmeller 2, 796), Ablaß-
prediger, Kollektanten. 4 Vgl. S. 94 Anm. 36!
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uber den auffge / richten gemainen Kasten, in/ der Stat Kitzingen
zu Franken. Am tag Martini an- gangen.
1523.
Nachdem alle christglaubig menschen aus göt-
lichem gebot. zu der lieb Gottes und des nechsten bei
irer selen seligkeit verbunden seind, also das in er-
haltung solchs einichen götlichen gebots und einem
rechten warhaftigen vertrauen und glauben zu Got
alles christlich wesen steet, hat ein erber rat diser
stat Kitzingen Got dem almechtigen zu lob und in
bedacht, das nach ausweisung der götlichen gebot
und heiligen geschrift aus brüderlicher lieb niemant
seinen nechsten betteln lassen, sunder ein jeglicher
christenmensch dem andern nach seinem vermügen
mittailen und beholfen sein sol etc., guter mainung
fürgenummen, nun fürhin die armen dorftigen per-
sonen, so bei irer fleißigen arbeit krankhait oder
ander dergleichen zufell haben, mit eren und nit
durch müßiggeen, fullerei, spilen oder ander derglei-
chen unerbar handlung verarmt seind, alhie mit zim-
licher notdurft zu underhalten und damit das offent-
lich betteln in den kirchen, auf der gassen und
anderswo, darinnen bishere nit ein kleiner unge-
schickter mißbrauch geübt ist, durch diejenen, so
solich almusen unwirdiglich eingenummen, mit fül-
lerlei und andern offentlichen lastern unnützlich ver-
zert und ire kinder ganz zu kainer arbeit und eer-
lichen narung sunder allain auf den teglichen bettel
geweist und gezogen haben, abzustellen,
auf solichs ein erber rat ein gemainen kasten, mit
dreifachen schlossen verspert, in die pfarrkirchen
alhie an ein sichbarlich end stellen und setzen lassen
wil, welchen Got ermant, sein hilf und handreich
aus christenlicher, brüderlicher lieb zu disem löb-
lichen, christenlichen fürnemen zu underhaltung der
armen dorftigen, unser nechsten christenmensch,
Druckvorlage: Originaldruck (4°, 6 Bl. ohne
Drucker, Ort und Jahr) bei der Staatsbibliothek Straß-
burg (nach Photographie). - Druck: Winkelmann,
Armenordnungen, 11, 1-8.
mitzutailen und das in die truhen oder kasten ein-
zulegen. Darzu dann die prediger das christlich volk
an der canzel umb christenlicher und brüderlicher
liebe willen fleißig und getreulich vermanen sollen.
Es werden auch etlich verordent werden, die zu den
feiertagen in den kirchen und kirchhofen zu solichem
almusen, haus- und andern armen leuten sammeln,
das alles in den kasten fallen und eingelegt werden
sol.
Desgleichen zu der herbstzeit1 man auch etlich
verordnen wurd, die zu gemeltem almusen wein sam-
meln werden der hoffenlichen zuversicht, das aus
gnaden des Almechtigen solich almusen mit hilf
frummer, christglaubiger menschen hie zu Kitzi[n]-
gen, es sei in testamenten oder teglicher handrei-
chung, zu hilf und trost der haus- und ander frum-
men, armen leuten von tag zu tag reichlich geeufert2
werden. Und nach dem bisher zu herbst und andern
zeiten ein grosse summa den stationirern3 und an-
dern religiosen aus diser stat gefallen, bedenkt ein
erber rat, so es zu disem löblichen, christenlichem
fürnemen gewendt, das damit solich christenlich für-
nemen statlich angefangen und wol zimlich erhalten
werden mög.
Item man möcht auch mit zeit ander gestift al-
musen von den bruderschaften4, jartagen und andern
dergleichen orten mit wissen und willen in solchen
gemainen kasten wenden und ziehen, damit solich
almusen, baß dann bisher geschehen, ausgetailt wur-
den.
Und werdent hierauf sechs personen verordent,
nemlich zween aus dem rat und vier aus der gemain
alhie, die einander getreulich helfen und raten sol-
1 = Weinlese.
2 = vermehren (Schmeller 1, 43).
3 = Reliquienkrämer (Schmeller 2, 796), Ablaß-
prediger, Kollektanten. 4 Vgl. S. 94 Anm. 36!
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