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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0103
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II 5 Der Markgrafen Anzeigen 1525

sich bringt oder zuleßt, als lieb euch allen und einem
jeglichen in sunderhait sei, unser schwere ungnad
und straf leibs und guts zu vermeiden. Verlassen wir
uns zu geschehen ernstlich und genzlich zu euch. Da-
tum Onolzbach am mitwoch nach Bartholomei apo-
stoli [30. Aug.] Anno 1525.
Nachdem die vergangen empörung und aufrurn
den merern tail durch ungelert und ungeschickte
prediger und predig entstanden sind, ist vor allen
dingen der durchleuchtigen hochgebornen fürsten
und herren, herren Casimirn und herren Georgen,
als der eltesten regierenden gebrüdere, marggraven
zu Brandenburg etc., meiner gnedigen herren, be-
velh und mainung, das in irer Fürstlichen Gnaden
fürstentumben, landen und gebieten alle solche un-
gelerte, ungeschickte, aufrürische prediger von stund
an abgeschafft und kainswegs geduldet, sunder, wo
man der einen oder mer (die offentlich oder beweis-
lich wider das heilig evangelion und lauter, klar wort
Gottes aufrürisch predigten) betreten möge, das die-
selben von stund an an einem jeden ort gefenklich
angenummen und nach irem verschulden an leib,
leben und gut oder mit verweisung des lands nach
erkantnus irer Fürstlichen Gnaden oder derselben
hofmaister, stathalter und rete ernstlich und unnach-
leßlich gestraft werden.
Herwiderum, dieweil auch die aufrurn und em-
pörungen der undertanen nit wenig durch frumm,
erbar, gelert, christlich prediger und predig abge-
stelt und fürkummen werden mag, so ist auch irer
F. G. ernstlich bevelh, das das heilig evangelion und
wort Gottes alts und neus testaments allenthalben
in irer F. G. fürstentumben, landen und gebieten
lauter und rain gepredigt werden sol und nichts, das
darwider ist, wie dann ir Fürstlich Gnad davor auch
ernstlich bevolhen haben3 und füran mit ernst darob
sein und halten, auch kain anders gestatten.
Ir Fürstlich Gnaden wöllen auch ob denselben
rainen predigern des götlichen worts gnediglich und
getreulich halten und wider nichts sein noch han-
deln, das das heilig, unuberwintlich wort Gottes
nach rechtem, lautern verstand mit sich bringt oder
zuleßt.

Und als aber vil mißverstands aus dem gevolgt,
das man ein zeitlang bisher gepredigt hat, das der
glaub allain in Got und Jesum Christum, seinen eini-
gen Sune, unsern Herren, erlöser und seligmacher,
zu erlangung der ewigen seligkait genug sei, als auch
die warhait, wo der selbig glaub im grund des her-
zen recht und lebendig ist - dann vil grober und ein-
feltiger menschen gemaint und gesagt haben, wann
es dann allain gnug an dem glauben, so sei on not,
gute werk zu tun, gleich als ob auch ein rechter,
warer, liebreicher glaub in Got unsern Herren on
gute werk sein könt oder möcht, so doch ein guter
baum (dabei ein rechter, warer glaub nach inhalt der
götlichen schrift bedeut würdet) nit on frücht sein
kan -,
sol allen predigern in obgenanter meiner gnedigen
herren landen ernstlich bevolhen werden und hiemit
bevolhen sein, wann sie predigen, das der glaub allain
zur seligkait genug sei, das sie allwegen erkleren, das
es nit ein solcher schlechter, erdichter, toter (wie der
arm, grob oder einfeltig mensch vermaint), sunder
ein warer, lebendiger, liebreicher, woltetiger glaub
sein, daraus allzeit rechte (von Got gebotne) gute
werk gegen Got und dem nechsten von not wegen
volgen müssen; dann wo dieselben guten werk nit
volgen, da sei auch kein warer, rechter, liebreicher,
sehgmachender glaub. Also, das die rechten (von
Got gebotnen), guten werk allzeit frücht und gezeu-
gen eins rechten, waren, lebendigen, ungefelschten,
liebreichen, woltetigen glaubens seind und kains on
das ander sein kön.
Weiter, nachdem auch etlich zeit ganz verfürlicher
weis in vil leut eingebildet worden ist, als solten die
menschlichen gesetz die seelen selig machen oder
verdamnen mögen (welchs doch Got und seinem
wort allein zu gebürt), das also die not erfordert hat
solchs abzulainen und die christlichen freihait wider-
umb in den herzen der glaubigen zu erwecken, das
aber etlich ungeschickte prediger je zu zeiten nit
gnugsam underschieden und erklert haben, daraus
der gemain man ein solchen unverstand genummen,
als solten die christen, iren obrigkaiten zeitliche ge-
rechtigkait zu tun, nicht schuldig, sunder aus göt-
lichem gesatz darfür gefreit sein (aus welchem dann

3 In den Landtagsabschieden von 1524 (siehe S.80f.)
und 1525 (siehe S. 82f.).

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