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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0109
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II 6 Landtagsabschied 1526

Item die vier und andre opfer13 sollen meniglich
frei gelassen und niemand darzu bedrangt werden,
sunder zu eins jeden gewissen und gut willen stehen
und gesetzt sein.
Es soll auch hinfüro kein meß umb gelt14, sunder
allein umb der ere und lieb Gotts willen, so der cele-
brierer rechte andacht und begird darzu hat, gehal-
ten werden.

Vom heiligen sacrament des altars zu empfahen.
Nachdem bisher an vil orten eingebrochen ist und
gebraucht würdet, das vil menschen das heilig, hoch-
wirdig sacrament in beiderlei gestalt empfangen
haben, dieweil aber auf negstvergangem reichstag
zu Speyer nichts davon beschlossen, sunder im
reichsabschied ein artikel gesetzt, der oben im ein-
gang eingefurt ist, das ein jede obrigkeit mitlerzeit
des gemeinen conciliums oder nationalversamlung
mit iren undertanen also leben, regiren und es halten
sol, wie ein jeder solchs gegen Gott und keyserlicher
maiestat hoff und getrau zu verantworten,
lassen wir es bei solchem reichsabschied auch blei-
ben und wöllen uns versehen, das sich ein jeder mit
empfahung des heiligen, hochwirdigen sacraments
mitlerzeit also halten werde, wie er das gegen Gott
und kei. ma. getrau und verhoff zu verantworten.
Es sol auch wider die hochwirdigen sacrament (so
von Christo, unserm Herrn und Hailand, iren ur-
sprung haben), wie durch etliche böse, teuflische,
ketzerische geister beschehen (als ob in dem heiligen
sacrament des altars der leib und das blut Christi

= Pflichtleistungen der Gemeindeglieder für den
Pfarrer bei einem während der Messe vorgenomme-
nen Opfergang zum Altar an den hohen Festen (Weih-
nachten, Ostern und Pfingsten und Allerheiligen oder
Kirchweih). Sie gingen auch in katholischen Gebie-
ten trotz verschiedener Belebungsversuche ein
(Jungmann 2, 29f. - LThK 7, 663). Wann sie im
Brandenburgischen aufhörten, ist noch unbekannt.
Es war gewiß örtlich stark verschieden. - Im Früh-
jahr 1525 hatte der Markgraf unter den Forderun-
gen, die er dem Bischof von Würzburg als zur Auf-
rechterhaltung von Ruhe und Ordnung unerläßlich
vortragen ließ, auch die Abschaffung des Opfergeldes
bezeichnet (Schornbaum, Kasimir 69). In Nürn-
berg waren sie schon 1525 abgeschafft (nach dem bei

nit gegenwertig were)15, nit gepredigt, gelert noch
disputirt, sunder solchem heiligen sacrament in den
kirchen und, wann das zu den kranken uber die gas-
sen getragen würdet, alle gebürliche ererbietung ge-
ton und die uberfarer an leib, leben oder gut nach
eins jeden verwürkung ernstlich gestraft werden.
Und ob zu den zeiten und tagen, wann die com-
municanten das heilig, hochwirdig sacrament emp-
fahen, ichts von dem sacrament uberblieb, so sol
solchs nit verechtlich hinweg geton, sunder mit ge-
bürlicher reverenz in den sacramentheuslein zu be-
warung der teglich zufelligen kranken oder anderer
communicanten behalten werden.
Von der beicht.
Und auf das solch empfahung des heiligen hoch-
wirdigen sacraments mit rechter reu und beicht der
sünden und in einem waren glauben empfangen
werde, sollen alle pfarherrn und prediger ir pfarr-
volk zu solcher reu, beicht und glauben, auch bes-
serung irs lebens fleißig vermanen und underweisen,
warumb christlich, heilsam und gut sei, seine sünd
(on die doch niemant sein mag) einem rechtem, er-
barn, verstendigen priester zu beichten und also bei
demselben christlichen rat, underweisung und ab-
solution zu suchen, damit das christlich volk zu sol-
cher beicht mit christlicher unterweisung gereizt, auf
das sie solchs aus christlicher forcht, lieb und gehor-
sam williglich tun, das auch sunderlich dardurch das
gemein volk in christlicher zucht erzogen und erhal-
ten und das heilig sacrament andechtiglich und mit
von Schubert, Gottesdienstordnungen 327 abge-
druckten Bericht). Das mag in Zusammenhang mit
der im Bauernkrieg durchgeführten Abschaffung der
Stolgebühren (Engelhardt 1, 197) geschehen sein.
Diese wurden später wieder eingeführt. Das mag
dann auch mit den Opferpfennigen versucht worden,
aber anscheinend mißlungen sein. Nürnberg mag auf
Brandenburg ausgestrahlt haben.
14 Wie die sog. Votivmessen, die auf Bestellung zugun-
sten eines bestimmten Anliegens (Votum) des Be-
stellers gehalten wurden (Eisenhofer 163f.).
15 Wie es im Abendmahlsstreit seit 1524 durch Zwingli
und seine Anhänger geschah. - Vgl. etwa H. Graß,
in: RGG I3, 30ff.

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