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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0111
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II 6 Landtagsabschied 1526

mögen der heligen götlichen schrift bei seiner seelen
seiligkeit zu tun schuldig ist.
Und dieweil man sich nach ordnung etlicher hei-
ligen veter und concilien ein lange zeit an den be-
stimpten fasttegen fleisch, eir und anders zu essen
Got zu lob und ere enthalten hat, wiewol on zweifel
derselbigen heiligen veter und concilien meinung nit
gewesen ist, jemand dardurch in geferlichkeit seiner
seelen oder leibs zu setzen oder einen strick der sün-
den zu legen oder ein neue todsünd zu machen, sun-
der mer damit den menschen zu christlicher castei-
ung seins leibs zu furdern, so sollen hinfuro die pfar-
herrn ir pfarrvolk getreulich zu teglicher meßigkeit
und casteiung irs fleisch, wie obstet, vermanen, aber
inen doch kein sunderlich geordent fasten noch ver-
meidung des fleischessens bei dem bann oder tod-
sünden anders, dann die geistlichen recht ausweisen,
nit gebieten. Es soll auch meniglich, alle tag eir, milch,
buttern, kes und ander dergleichen weise oder milch-
speis zu essen, unverpoten sein20 - ausgenummen
in der karwochen, da sollen sich alle christenmen-
schen, Gott und dem leiden unsers Herrn Jesu Chri-
sti zu eren billich freiwilliglich eiressens enthalten.
Und ist dabei unser gnedig begern, das sich unsere
undertanen in unsern landen und gebieten uns zu
undertenigem willen und gefallen an den vierzigteg-
lichen und andern bisher gehalten fasttagen, freitag
und sambstagen fleisch zu essen und andern zu spei-
sen enthalten wöllen bis auf weiter handlung und
beschluß eins gemeinen concilien oder nationalver-
samlung oder unsern weitern bescheid, allerlei erger-
nus zu verhüten. Ob aber jemand aus schwacheit
oder krankeit seins leibs (denen auch die recht solche
zulassen) in zeit der vierzigteglichen fasten oder an-
dern obberurten tegen fleisch essen würde, sovern
das von ime nit mit offenlicher ergernus seins neg-
sten und nit aus frevenlicher verachtung, sunder in
seinem haus oder wonung on mutwillen beschicht,
so sollen der oder dieselben unsern halben nit ge-
straft werden.

Vom feiern.
Weiter: nachdem der sontag zu lob der aufer-
stehung Christi, unsers seligmachers, vom anfang
der kirchen bis auf uns in ubung gewesen und dann
die festen Christi der Gepurt oder Weihenachten21,
Circumcisionis22, Epiphanie23, Palmtag, Karfreitag,
Ostertag, Ascensionis, Pfingstag und Corporis Chri-
sti24 zu erhaltung und ubung unsers heiligen glau-
bens in herzen der gemeinen christen angesehen und
aufgesetzt worden, auch zu lob und ere Gott dem
allmechtigem, der in seinen heiligen will gelobt wer-
den, die festen seiner heiligen mutter und jungfrauen
Marie, nemlich das fest irer Gepurt25, Annuntiatio-
nis26, Purificationis27 und Himelfart28, desgleichen
die fest der heiligen apostel Sant Johans Baptiste29
als den ersten verkünder unsers glaubens, auch Sant
Michels30 und der heiligen merterer Stephani31, Lau-
renti32, Katherine33 und Aller heiligen gemeinen
tag34 von alter bei den christen begangen und er-
halten worden ist, sollen dise feirtag nochmals un-
abgengig gehalten werden, also und in der gestalt,
das nit allein auf solch tag eußerlich arbeit under-
lassen, sunder das darauf gepredigt, gesungen und
gelesen und, was zu götlichem lob und reizung zu
andacht dinstbar, in kirchen geübt werde und darzu
alle offne spil, füllerlei und ander ergerlich bös ge-
sellschaften vermitten bleiben. Doch mag und sol
ein jeder pfarherr, sunderlich zu summerzeiten und,
so unstet wetter ist, dem gemeinen man sagen, das
er nach beschehener predig und götlichen emptern
(die auch die pfarherr nach gelegenheit dest zeit-
licher halten sollen) an sein arbeit zur einbringung
des heus, gromats, korns, haberns, weins oder an-
derer früchten geen und ton mög on einich beschwe-
rung seins gewissens. Doch auch, das hierin kein
frevel, verachtung oder mutwill gebraucht werde.
Aber sunst alle feirtege durchs ganz jar aus sollen
in der kirchen geert und gehalten werden, wie bis-
her gebraucht worden ist.

20 Diese Erlaubnis (d. h. zum Genuß der nach heutiger
Vorstellung als Fastenspeisen geltenden Lebensmit-
tel) hatte Nürnberg 1445 und erneut 1476 für seine
Untertanen erreicht (Kraus 40ff.). 1490 verschaffte
der Bischof von Bamberg vorwiegend im Blick auf
diesen Umstand dieses Recht seiner ganzen Diözese,
wobei es sich aber jede Person noch einmal gegen

ein jährliches Opfer von 5-8 Pfennigen erwerben

mußte (Loosho
21 = 25. Dez.
24 Fronleichnam
27 = 2. Febr.
30 = 29. Sept.
33 = 25. Nov.

rn 4, 403f.).
22 = 1. Jan.
25 = 8. Sept.
28 = 15. Aug.
31 = 26. Dez.
34 = 1. Nov.

23 = 6. Jan.
26 = 25. März
29 = 24. Juni
32 = 10. Aug.

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