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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0112
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Brandenburg-Ansbach-Kulmbach I

Von wegen der alten stiftungen der seelmessen,
vigilien35, bruderschaften36 und dergleichen.
Ist unser gütlich begern und meinung, das solch
alt stiftung, wie die beschehen und mit alter her-
kummen sein, also gehalten werden sollen bis auf
ferner handlung und beschluß eins gemeinen christ-
lichen concilien oder nationalversamlung oder un-
sern weitern bescheid. Wo aber ein oder mer pfar-
herr oder andre, darauf die stiftung beschehen we-
ren, solch stiftungen irs gewissens halben nit halten
könten oder wolten oder, ob sie die halten wölten
und in iren pfarren niemand uberkummen könten,
die inen darzu hilf teten37, so soll in der fundatores
oder irer erben willen steen, die stiftung von der jer-
lichen abnutzung durch ander person selbst halten
zu lassen. Wann aber die pfarherrn oder andre, dar-
auf wie vorgemelt die stiftung beschehen ist, der
stiftungen für sich selbst nit halten und die funda-
tores oder ire erben solch stiftungen von der abnut-
zung durch andre person auch nit halten lassen wol-
ten, sollen solch jerlich abnutzung derselben stiftung
in einem jeden flecken hinter die vom rat mit wissen
unserer amptleut hinderlegt und wolverwart beiein-
ander behalten und des von den amptleuten ein ver-
zeichnus, dergleichen durch die vom rat auch ein
verzeichnus gleichlautend ubernummen werden bis
auch, wie obstet, auf weitern beschluß eins conci-
liums oder nationalversamlung oder unsern fernern
bescheide.
So aber ein oder mer pfarherr oder andre, darauf
die stiftung steen, solch stiftung halten wöllen, sol-
len die fundatores oder ir erben dasselbig auch ge-
schehen lassen und nit darwider sein.
35 Vigil ist in diesem Zusammenhang das Totenoffi-
zium - ein Gebetsgottesdienst des Breviers das
von der Seelenmesse (missa de requiem) unterschie-
den ist und wie diese zur Wiederholung (meist am
Jahrestag des Todes gestiftet) wurde (Hartmann
116-121. 328. 337. - Braun 350. - Breviarium
Bambergense, pars hiemalis f. 142—152. - Beispiele
z. B. im Jahrtagverzeichnis von Hersbruck bei Wür -
fel, Andr., Historische Nachrichten zur... Nürn-
berger Stadt... geschichte. 2 [1768] 579-616 bes.
612f.).
36 Vielfach beruflich gegliederte Vereinigungen, vor
allen Dingen zu fürbittenden Gebeten und Seelen-
messen für die verstorbenen Mitglieder (Kolde,
RE 3, 434-441. - LThK 22, 719ff. - RGG 3 1,

Ob auch die fundatores zweierlei weren, also das
ein teil wolt die stiftung zu halten und der ander
teil wolt es nit, so es dan sunst der obgemelten man-
gel keinen hat, so soll hierinen dem teil gevolgt wer-
den, der die stiftung gehalten haben wil. Ob auch
die fundatores oder ire erben nit mer vorhanden
weren und die pfarrer, gotshauspfleger oder andre,
den es bevolhen ist, die stiftung nit halten würden,
das sie doch, wie obstet, nit ton, des sich auch ein
jeder amptman fleißig erkündigen, so sol dieselb
nutzung, zu solcher stiftung gehörig, durch die ampt-
leut an einem jeden ort hinderlegt werden bis auf
beschluß eins gemeinen concilien oder nationalver-
samlung oder, wie obstet, unsern weitern bescheide.
Ferner ob auch an etlichen orten bruderschaften,
die nit gestift weren und doch zins, guld oder ander
jerlich einkummen erkauft oder zu sich bracht het-
ten, welche dann derselben bruderschaften nit ge-
halten würden, der nutzung und gefell sollen auch
hinderlegt und es mit denselben gehalten werden
wie mit andern hinderlegten gütern, als obstet.
Und dieweil wir auch bericht werden, das mit der
kirchen gütern und derselben nutzung unzimlich
umbgangen werde, das auch vil davon entlehent und
genummen, das noch nit widergeben sei, ist unser
ernstlicher bevelh, das füran getreulich damit umb-
gangen und alles das, so von den kirchengütern ent-
lehent oder genummen wer, widerumb einbracht
und dieselben kirchengüter auch hinderlegt und es
damit.gehalten werd, wie obstet.
Zu welchem einbringen auch die amptleut eins
jeden orts getreulich beholfen sein sollen. Ob man
aber zu erhaltung der kirchengebeu und gepreuch
etwas darwenden müst, sol dasselb mit wissen der
1426-1430. - Werminghoff, Albert, Verfassungs-
geschichte der deutschen Kirche im Mittelalter. Leip-
zig 19132. 192ff.). - So hatte Ansbach z. B. eine
Bruderschaft der Schmiede, Schneider, Bäcker, Fär-
ber, Schuster, Hafner, Bader, Metzger und Bauern,
ferner eine Ottilien- und eine Sebastiansbruderschaft
und eine Elendenbruderschaft (NStA ARA 3 fol.
252). Letztere sorgte für Beherbergung Landfremder
und für Betreuung in Krankheits- und Todesfällen
(E. von Möller, Die Elendenbruderschaften. 1906.
- LThK 3, 618. - RGG 23, 415).
37 Zur Abhaltung von Jahrtagen verpflichteten die
Stifter die damit betrauten Geistlichen gewöhnlich
zur Beiziehung weiterer Geistlicher (Beispiele wie
bei Anm. 35).

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