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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0113
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II 6 Landtagsabschied 1526

amptleut davon genummen und fleißig aufgeschrie-
ben werden. Und was also hinderlegt würdet, des
sollen die amptleut zu einer jeder quottember ir lau-
ter underricht gein hof ton.
Von der priesterschaft leben in gemein.
Und nachdem im heiligen reich an vil orten mit
schwerer ergernus aller christenmenschen lange zeit
gesehen, wie unzüchtig und unpriesterlich sich die
priesterschaft zum teil gehalten haben, ist unser be-
geren und ernstliche meinung, das sich alle priester
mit iren cronen38, kleidungen und allem andern eins
erbarn, züchtigen, reinen, keuschen, priesterlichen
lebens und wandels halten und kein concubin oder
verdechtlich weibsperson bei inen noch auch wesent-
lich oder teglich zu und von inen geend haben, da-
mit sich das gemein volk ob irem erbarn, züchtigen
wesen und wandel bessern mög und allenthalben er-
gernus verhüt werde. Aber der eelich verheiraten
priester halben lassen wir es bei dem artikel im
reichsabschiede zu Nürnberg irenthalben gesetzt
(den wir nit endern können)39 bleiben. Ferner sollen
alle geistliche ungebürlich spil und leichtfertig gesell-
schaften vermeiden und sich derselben enteußern,
auch sich zu unzimlicher weil und zeit der wirts-
häuser enthalten, und welcher das aber uberfür, der
sol ernstlich darumb gestraft werden.
Von der weltlichen uneelichen beisitz.
Dergleichen wöllen wir bei unsern weltlichen un-
dertanen, die in eelichem stand sind, auch keinen
uneelichen beisitz gedulden, sunder, wo wir diesel-
ben erfaren, mit ernst und dermaßen strafen, dar-
aus unser mißfaflen und gemüt dermaßen vermerkt
werde, das wir solch und ander öffenlich schand und
laster als christliche fürsten in unsern landen und
gebieten nit leiden wöllen.
Von allen andern ceremonien in gemein.
Sollen alle aufgesetzte ceremonien allenthalben in
unsern fürstentumben und landen gehalten werden,
38 Tonsuren
39 Reichsabschied des 1. Nürnberger Reichstags vom
6. März 1523, in dem gesagt wurde, daß es ,,bei der
Straf der geistlichen Rechte bleiben... und die Ordi-
narien von der weltlichen Obrigkeit... nicht verhin-
dert werden sollen“ (Egelhaaf 1,431).

wie die von der heiligen christlichen kirchen auf-
gesetzt worden sein, und sollen alle prediger dem ge-
meinen volk erzelen, woraus sie iren ursprung haben
und warumb sie aufgesetzt sein, auch was damit ge-
meint sei, damit sie irer aufsatzung nach und ande-
rer gestalt nit gebraucht werden, also das niemand
darin sein seligkeit, sunder allein die er und lob Got-
tes bedenken und suchen sol. Alles bis auf ein ge-
mein christlich concilium oder nationalversamlung
oder unsern weiter bescheid, damit allenthalben einig-
keit gehalten und zwispalt verkummen40 werde.
Und nachdem diser zeit vil mengel und anfech-
tung in der heiligen christenheit vor augen sind, das
auch der Türk41 und feind unsers heiligen glaubens
zu Hungern im sig und fürnemen stet, der christen-
heit weiter abzubrechen und unsern heiligen glau-
ben zu vertilgen, wenn man dann in der kirchen zu-
samenkumbt, sollen die prediger das volk getreulich
vermanen, zu Got dem almechtigen in der gemein
herzlich zu bitten umb alles anligen der ganzen
christenheit, zuvorderst aber umb ein waren, christ-
lichen glauben, auch einen steten, ewigen fried und
für alle obrigkeit, das Gott der almechtig sein göt-
liche gnad wöl verleihen, damit der christlich glaub
in den herzen der menschen gesterkt, der götlich
fried erhalten, auch dem Türken und seinem tyranni-
schem fürnemen, der ausreutt und verbrent die
christlichen stet und flecken, alle christglaubige men-
schen, jung und alt, weib und kind, jemmerlich er-
würgt und in allweg zu verderbnus der christenheit
grausamlich handelt, widerstant geschech, und das
wir alle dermaß leben mögen, auf das Gottes will
volbracht und alle gebrechen der ganzen christen-
heit nach seinen götlichen gnaden in besserung ge-
wendt werden.
Von der geistlichen burgerlichem mitleiden in
stetten und ambten.
Und dieweil bisher bei den weltlichen gegen den
geistlichen ein großer widerwill gewesen ist, das die
40 = vorbauen, verhüten, verhindern (Schmeller 1,
1248).
41 In der Abwehr gegen den vordringenden Sultan Su-
leiman war so eben am 29. Aug. 1526 das böhmisch-
ungarische Heer bei Mohacs vernichtend geschlagen
worden.

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