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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0136
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Überall wurde Osianders Entwurf abgelehnt und die Arbeit der Kommission zugrunde gelegt. Da-
zu wurden verschiedene Änderungsvorschläge gemacht, die aber im einzelnen nicht bekannt sind. Der
Rat der Stadt Nürnberg zögerte aber weiter. Er verwies auf eine gemeinsame Kirchenordnung aller evan-
gelischen Stände. Den eifrigen Bemühungen des Ansbacher Kanzlers Vogler gelang es schließlich, Osian-
der wieder zur Mitarbeit an der weiteren Verbesserung des Kommissionsentwurfes zu bringen. Dieser
machte jetzt mit seinen Nürnberger Amtsbrüdern Vorschläge zu dem von dem brandenburgischen Theo-
logen überarbeiteten Entwurf und übersandte sie am 4. Mai an Vogler. Dazu äußerten sich sofort die
Ansbacher Theologen35 und Brenz36, an den sie die nürnbergischen Vorschläge weitergeleitet hatten.
Schon am lß.Mai konnte Vogler beide Stellungnahmen an Osiander zurückgeben31. Unter anderem war
man über einen Synodus oder Senatus presbyterorum verschiedener Meinung. Auf einem solchen be-
standen die Ansbacher - ebenso wie auch Brenz - nachdrücklich. Sie wollten diese Frage aber gesondert
weiter behandeln lassen, damit die Kirchenordnung ja nicht verzögert werde.
Bevor die beiden Stände aber weiter arbeiteten, wollten sie erst doch noch einmal die Frage einer
gesamtevangelischen Kirchenordnung klären. Zu diesem Zweck beantragten sie auf einer Tagung aller
evangelischen Stände in Frankfurt die Schaffung einer solchen. Der Antrag wurde am 9. Juni 1531
abgelehnt. Nun war auch der Rat der Stadt Nürnberg zur weiteren Mitarbeit bereit38.

Der Fortgang der Arbeit.
Der Rat Nürnbergs hatte eine Menge Ausstellungen an der inzwischen vorliegenden Arbeit. Er wollte
die Pflicht zur Einzelbeichte festgelegt, aber den Bann getilgt wissen und ebenso die von Ansbach vor-
geschlagene höhere geistliche Behörde, einen senatus presbyterorum. Dagegen wollte er die Stillmesse und
die Elevation der geweihten Abendmahlselemente beibehalten haben. Außerdem wollte er weder in der
Überschrift noch im Text zum Ausdruck gebracht sehen, daß es sich um eine Anordnung einer Obrig-
keit handelte - wie das ja auch im sächsischen , ,Unterricht“ nicht geschehen war -, während Markgraf
Georg gerade darauf besonderen Wert legte39.
In der Frage der Messe ohne Kommunikanten40 wurde der Markgraf auch von seiten der katho-
lischen Richtung seines Landes, zu der man unter den Statthaltern Hans von Seckendorff rechnen könnte,
gedrängt. Er wandte sich deshalb sowohl an Brenz wie an Luther und Melanchthon41, erhielt aber von
allen Dreien ablehnende Gutachten. Brenz antwortete schon am 30. August 153142, Luther am 14. Sep-
tember43 und Melanchthon am gleichen Tag44.
Unterdessen arbeitete Nürnberg nun einen ,,neuen Begriff“ der Kirchenordnung aus. Dieser Ent-
wurf wurde die Grundlage der späteren Kirchenordnung. Dabei fand der ursprüngliche Entwurf Osian-
ders in sehr starker Weise Verwendung. Über diese Arbeit ist nichts Näheres bekannt. Sie ging sehr lang-
sam vor sich. Der Markgraf mußte ständig drängen. Am 13. November 1531 konnte der Entwurf aber
doch nach Ansbach gehen45. Die dortigen Theologen arbeiteten unter maßgebender Mitarbeit von Brenz,
der dazu nach Ansbach gekommen war, ein Gutachten aus. In ihm beharrten sie weiterhin ebenso auf

35 NStA ARA 9f. 40-43. 36 NStA ARA 44-50 (= 63-70 Abschr.). - Pressel 112-119.
37 NStAARA 9f. 39. 38 Schornbaum, Georg 179. 502 Anm. 812. 39 Engelhardt 2,114-120.
40 DerAusdruck für diese Messen wechselt (Messe ohne Kommunikanten, Stillmesse, missa sicca, trockenmesse,
privatmesse). Natürlich ist nicht (wie Götz, Glaubensspaltung 163 meint) die missa sicca der mittelalterlichen
Liturgie (aaO. - Braun 225. - E isenhofer 231. — Rietschel 300) gemeint.
41 Brief vom 25. August 1531 (WA Briefe 6, 170ff.). 42 NStA ARA 11, 268jf. - Pressel 106-111.
43 WA Briefe 6, 192jf. 44 CR 2, 5 38- 541. 45 NStA ARA 9f. 98.

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