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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0159
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III 4 a Kirchenordnung 1533

ordnung gehalten würde. So bezeugt auch Paulus
[1. Kor. 11, 30], das vil der Corinthier krank seien
worden und ein gut tail gestorben, darumb das sie
unschicklich und unordentlich mit dem nachtmal
des Herrn umbgingen. Daraus meniglich vernemen
mag, das Gott ein unordentlich wesen in der kirchen
gar ernstlich und heftig strafe. Und so den weibern
durch die heiligen schrift [1. Kor. 11, 10] befolhen
wird, das sie in der kirchen das haubt bedeckt sollen
haben umb der engel willen, vil mer gebüret es der
ganzen kirchenversamlung, beide weib und man,
jung und alt, kirchenvolk und kirchendiener, das sie
ein erbare ordenliche zucht in allen gepreuchen der
kirchen bei einander füren, dieweil doch nicht allein
die heiligen engel, sunder auch die hohe götlich
maiestat Gott Vater und Sun und Heiliger Geist selbs
in der kirchenversammlung gegenwürtig seien, das
gesang und gebet der kirchen annemen, durch das
götlich wort und sacrament mit der kirchen handeln,
wie Christus [Matth. 18, 20] sagt: Wo zwen oder drei
versamlet sein in meinem namen, da bin ich mitten
unter in. Wer wolt aber sich vor so hoher herrlicher
maiestat nicht entsetzen und sich nicht allein im her-
zen mit glauben, sunder auch eußerlich mit allem
leiblichen tun und geberden, züchtiglich und orden-
lich halten ? Es schreibt auch sanct Paulus [1. Kor.
14, 23 ff.], das die unglaubigen und ungelerten, so sie
bei den christen ein fein, ordenlich weissagung oder
kirchenhandlung sehen, selbs bekennen müssen,
Gott sei warhaftiglich in den christen. Darumb ist
hie ein kirchenordnung zusammengetragen und be-
griffen nicht der mainung, das sie dafür geacht werd,
als solt man mit dem werk solicher ordenlichen hand-
lungen die sünd büßen und Gottes gnad verdienen.
Dann Christus ist allein, der für der menschen sünd
genug getan und uns Gottes gnad erlangt und ver-
dient hat. Sunder das die erbar, ordenlich zucht ge-
mainer kirchenversamlung anraitzung und ursach
gebe, die predigt götlichs worts dester fleißiger zu
besuchen und die sacrament mit größerm ernst zu
empfahen. Dann dise zwei, nemlich predigt und die
sacrament, der christlichen kirchen notwendig stück
seien, dardurch der glaub in Jesum Christum unsern
Seligmacher von Gott durch den Heiligen Geist ge-

a 1591 : + 1.Teil. Das erste capitul.

pflanzt, gesterkt, ja die recht frümbkeit und selig-
keit ausgetailt und gegeben wird. Und damit menig-
lich sich in dise ordnung zu richten wiß, so wird im
ersten tail gehandelt von der leer, wie man predigen
sol, im andern tail von den ceremonien, wie man die
sacrament handeln, auch andere kirchengebreuch
halten sol.
a
Von der lere.
Dieweil der heilig Paulus in der epistel zum Tito
unter andern stücken, ein bischof belangend, erfor-
dert [Tit. 1, 9], das er halt ob dem wort, das gewiß
ist, und leren kan, auf das er mechtig sei zu ermanen
durch die hailsamen leer und zu strafen die wider-
sprecher,
so ist warlich hoch von nöten, das alle christliche
pfarrherrn, prediger und kirchendiener, so solichs
nützlichs und nötigs bischofampt in disen ferlichen
zeiten den maisten tail oder gar müssen verwalten,
sich der heiligen götlichen schrift mit ernst annemen
und mit höchstem fleiß sich tag und nacht darin
üben, dagegen aber allerlei falsche und verfürische
menschenlere mit aller fürsichtigkeit meiden, damit
sie irem ampt getreulich und fruchtbarlich mögen
nachkummen.
Dann zum ersten sein sie schuldig (wie das in den
obgemelten worten Pauli ordenlich und fein ange-
zaigt ist), das sie die unwissenden leren nicht ein
gering ding, sunder die aller größte und höchste weis-
heit, so je auf erden kummen ist, nemlich: wie man
Gott gefellig, frumm und selig werden soll, welichs
vil tapfere und redliche leut diser welt mit großem
fleiß und ernst gesucht, aber durch sich selbs noch
nie erfunden haben, wie Paulus zu den Corinthiern
bezeugt und spricht [1. Kor. 2, 7-10]: Wir reden von
der haimlichen verporgen weisheit Gottes, die Gott
verordent hat vor der welt zu unserer herligkeit,
welche keiner von den obersten diser welt erkannt
hat. Uns aber (spricht er) hats Got offenbart, durch
sein Gaist etc.
Und soll doch soliche leer nicht zweifenlich oder
ungewiß, sunder gewiß sein. Darumb taugt es war-
lich nicht, wann sie, die gerechtigkeit vor Gott zu

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