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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0182
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

doch nicht durchs leiden umbs glaubens willen, sun-
der des natürlichen tods in gutem alter ließ sterben.
Zum vierten sollen sie auch leren, das unserm
alten Adam das kreuz nicht allein nütz, wie vor-
gemelt, sunder auch also nötig sei als dem leib das
täglich brot; dann im glück und wolfart wird er ge-
mainlich gail, vergißt Gottes und felt dahin in aller-
lei sünde und schand, wie Moses Deutero. 32 [15]
sagt: Da er faist und satt ward, da ward er gail und
hat den Gott lassen faren, der in gemacht hat, und
hat den felsen seines hails gering geachtet. Darumb
auch in sprüchen Salomonis am 30. [8f.] also ge-
beten wird: Herr, armut und reichtumb gib mir
nicht! Ich möcht sunst, wo ich zu satt würde, ver-
laugnen und sprechen: Wer ist der Herr ?
Solichs zu verhüten ist uns nütz und nötig, das
wir unser creuz tragen, also gar, wann uns Gott kein
leiden schickt, das wir selbs unsern leib zu kasteien
und zu beteuben schuldig sein, wie Paulus getan
hat; dann er spricht 1.Corinth. 9 [27]: Ich beteube
meinen leib, das ich nicht den andern predig und
selbs verwerflich werde.
Dann der alt Adam muß doch untergedrückt und
getötet werden, sol der neu mensch zunemen und
volkummen werden, wie vor angezaigt ist. Das würkt
aber der Heilig Gaist am allermaisten durchs gesetz
und kreuz und darumb haben wir in der tauf alle
in allerlei leiden und in den tod bewilligt, wie Pau-
lus bezeugt zu den Römern am 6. [3f.] und spricht:
Alle, die wir in Jesum Christum getauft sein, die sein
in sein tod getauft. So seind wir je mit ime begraben
durch die tauf in tod etc. Und abermals [Röm. 6, 6]:
Wir wissen, das unser alter mensch mit ime gekreu-
zigt ist, auf das der sündliche leib aufhöre, das wir
hinfüro der sünde nicht dienen. Das ist: Gott hat uns
in Christo ein exempel geben und ein prob sehen las-
sen, wie der alt Adam muß leiden und sterben, soll
er anderst aufhören zu sündigen; dann wer gestor-
ben ist, der ist gerechtfertigt von sünden spricht
Paulus [Röm. 6. 7.].
Als nötig nun zur seligkeit ist, das der alt mensch
absterbe und von sünden aufhöre, also nötig ist uns
auch das kreuz, on weliches der alt Adam nicht ge-
zemet und getödt kan werden.
Zum fünften, sollen sie auch leren, das das leiden
ein eerlich und herrlich ding sei vor den augen Got-

tes; dann Gott der Herr, der an seinem eingebornen
Sun Jesu Christo ein sunder wolgefallen hat, wie er
sich selbs von himel herab hat lassen hören [Mk
1,11; Luk 9, 35], der hat ine durchs leiden des tods
gekrönet mit eeren, Hebre. 2 [10]. So nun der Sun
Gottes hat gelitten und ist dardurch zu seiner herr-
ligkeit eingangen, so ist gewiß, das Gott nichts baß
gefelt dann das leiden; dann were etwas im himel
und erden zu finden gewest, das Gott baß gefiel dann
das kreuz und leiden, Christus würde dasselbig auch
gefunden und dem Vater zu gefallen an sich genum-
men haben. Nun ist aber der jünger nicht über den
maister. Darumb soll ers auch nicht besser haben
dann der maister. Und wann nun gleich kein ander
nutz aus dem leiden köme, so sollen wir dannocht ge-
dultiglich und gern leiden allein darumb, das wir
Christo gleich würden; dann darumb, das Christus
seinem himlischen Vater im leiden am höchsten an-
genem gewest ist, hat er auch beschlossen, das alle,
die mit ime zur herrligkeit kummen sollen, müssen
vor auch leiden, wie das Paulus bezeuget zu den
Römern am 8. [29] und spricht: Weliche er zuvor für-
sehen hat, die hat er auch verordent, das sie gleich
sein sollen dem ebenbilde seines Suns, auf das der-
selbig der erstgeborne sei unter vilen brüdern.
Es ist auch unser leiden in das leiden Christi ein-
geleibt und wir sein durch den tauf in seinen tod
gepflanzt, Roma. 6 [5], auf das wir ja gewfiß mögen
sein, das unser leiden Gott auch wolgefalle wie das
leiden Christi. Dann ist er unser haubt und wir seine
glieder, so muß das leiden gemain sein. Darumb
saget er zu Paulo, da er die Christen verfolget: Saul,
Saul, warumb verfolgest du mich ? [Apg. 9, 4f.] Und
hat das haubt gelitten, so müssen die glieder auch
leiden. Darumb spricht Paulus Colos. 1 (24): Ich
freue mich in meinem leiden, das ich für euch leide,
und erstatte an meinen flaisch, was noch mangelt
an trübsaln in Christo.
Darzu ist das leiden ein fürderung und eingang zu
der herrligkeit wie Paulus sagt, 2. Timoth 2. [11ff.]:
Das ist je gewißlich war: sterben wir mit, so wer-
den wir auch mit leben; dulden wir mit, so wrerden
wir mit herschen; verlaugnen wir aber, so wird er
uns auch verlaugnen, und ist doch das leiden nir-
gent so groß als die frücht, die wir dardurch erlan-
gen, wie Paulus zu den Römern am 8. [18] spricht:

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