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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0189
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III 4 a Kirchenordnung 1533

freitag nicht flaisch essen, die sieben gezeiten3 zu
beten und der gleichen. Solche mainung ist wider
Gott. Darumb mag man soliche gepot fallen lassen;
dann Paulus haist es teufelslere, soliche ordnung der
mainung halten oder fordern, das damit gnad er-
worben werde oder das sie von nöten sind, gnad von
Gott zu erlangen.
a
Von menschenleren.
Dieweil auch die welt mit mancherlei menschen-
leren fast uberschüttet, beschwert und gefangen ist,
erfordert die not, das man die gewissen unterricht
und davon ledig mache; dann weliche damit gefan-
gen und verstrickt sein, können die woltat Christi
nicht versteen noch begreifen. Es geschicht aber ge-
mainklich, wo man wider menschenler redet, das es
mißbraucht wird und alle gute ordnung, der man
doch nicht geraten kann, dardurch zerrüttet wer-
den und diejenen, so soliche gute ordnung erhalten
oder, wo sie gefallen sein, wider aufrichten wöllen,
werden von den unverstendigen beschuldigt, als wol-
ten sie menschenler vertaidingen und aufrichten, und
werden also durch ir toll geschrai gute ordnung, dar-
zu uns doch Paulus in der ersten epistel zu den Co-
rinthiern am 14. capitel [40]. vermanet, verhindert,
oder aufs wenigest verächtlich gemacht. Damit nun
solichs fürohin verhütet werde, sollen die pfarherrn,
prediger, kirchendiener dise nachfolgende mainung
von menschenleren wissen, sich darnach richten und
andere auch also leren.
Das menschenleer vor Gott vergeblich und ver-
worfen, darzu von allen rechtgeschaffnen menschen
zu meiden seien, darf keins zweifels. Dann Christus
unser Herr der die ewig warheit ist, spricht selbs,
Mathei am 15. [9]: Vergeblich dienen sie mir, dieweil
sie leren solche leer, die nichts dann menschen ge-
pot seien. Ist es dann ein vergeblich ding, so lest es
je ein Christ billich unterwegen, dieweil er wol et-
was bessers und, das er zu tun schuldig ist, dieselben
zeit kann ausrichten. Nun were es ein geringer schad,
wann noch nicht größere gefar und nachtail daran
hing; dann der Jesaias (auß welchem Christus die
a 1591+: Das zehnde capitul.
3 = 7 Gebetszeiten, horae canonicae (Laudes, Prim,

vorgemelten wort genummen) spricht weiter [Jes.
29, 14]: So will ich auch mit disem volk wunderlich
umbgeen, aufs wunderlichst und seltzamist, das die
weisheit seiner weisen untergeen und der verstand
seiner klugen verplendet werde. Das geschicht auch
gewißlich; dann wo menschenleer regieren und über-
handnemen, da erblindt man, das man Gottes wort
nicht allein nicht mer versteet, sunder auch als den
höchsten irtumb und ketzerei verfolgt, wie man di-
ser zeit offenlich in der welt sihet und greift, dar-
umb die Christen menschenler nicht allein als ein
vergeblich ding, sunder auch als ein tödlich, sched-
lich gift sollen meiden.
Es ist aber nicht alles menschenleer,was Gott nicht
selbs geordent oder gepoten hat, sunder es gehören
uber das andere zwen umbstende auch darzu.
Zum ersten, das solche ordnung, die man ein men-
schenleer will schelten und verwerfen, nicht in das
reich diser welt gehöre, weliches Gott geordent und
eingesetzt hat, zu regieren leib, eer und gut, zu be-
schützen die frummen und zu strafen die bösen, sun-
der das sie gezogen und gesetzt werde in das reich
Gottes, weliches das gewissen regiret und füret vor
Got und leret uns, wie wir selig sollen werden; dann
Gott hat die weltlich oberkeit eingesetzt und beste-
tigt und ir doch gar wenig gepot geben, wie sie re-
gieren sollen. Das aber hat er inen fleißig und für-
nemlich befolhen, das sie sich seinem wort und gaist-
lichen reich, das ist seinem eingeburnen Sun Jesu
Christo, dem Herren aller Herren, unterwerfen sol-
len, wie er spricht im andern Psalm [10ff.]: So seit
nun klug, ir könig, und last euch züchtigen, ir richter
im lande! Dienet dem Herren mit forcht und freuet
euch mit zittern! Küsset den Sune, das er nit zürne
und ir den weg verlieret; dann sein zorn wird bald
anbrinnen! Aber wol allen, die auf ine trauen! Des-
gleichen, das sie sollen die frummen schützen und
die bösen strafen, zu den Römern am 13. [3 f.].
Wie sie aber das sollen ausrichten, hat er nichts ge-
poten, sunder irem rat und verstand haimgesetzt
und doch sie darbei getröst, das er mit ine sein und
sie haimlich laiten wölle, wie Salomon in sprüchen
sagt am 21. capitel [1]: Des Königs herz ist in der
Terz, Sext, Non, Vesper, Komplet) = Breviergebet
(LThK 12. 679-684. - Goltzen, Herrn., Der täg-
liche Gottesdienst, in: Leiturgia 3,99-296.

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