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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0193
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III 4 a Kirchenordnung 1533

Und seitemal die tauf unser, der christen, punds-
zaichen ist im neuen testament gleich wie die be-
schneidung der Juden im alten testament, so soll
man die kindlein auf begern irer eltern aufs erst und
fürderlichst taufen. Dann auch die kindlein nach
dem befelch Gottes, Genesis 17 [12], bald am ach-
ten tag beschnitten wurden. Und Christus spricht,
wer nicht aus wasser und gaist widergeboren werde,
der mög Gottes reich nicht sehen [Joh. 3, 3], und
Paulus nennet die tauf ein bad der widergeburt
[Tit. 3, 5], Nun müssen ja die kindlein, wie jung ge-
born sie sein, widergeboren werden, sollen sie in Got-
tes reich kummen. Darzu giauben wir, die apostel
haben auch kinder getauft, dieweil sie ganze haus-
gesind getauft haben [Apg. 16, 33; 1. Kor. 1, 16],
und sein gewiß, das niemand mit der heiligen schrift
ein anders und widerwertigs könne beweisen.
Die pfarrherr und kirchendiener aber, sollen mit
allem fleiß darob sein, das zu solichem nötigen werk
der christlichen tauf verstendige gevattern genum-
men werden, die da wissen, warumb sie da seien,
auf das die tauf mitr echter andacht, zucht und ta-
pferheit gehandelt werde. Sie sollen auch ir selbs wol
warnemen, das sie nicht leichtfertig, unbesunnen,
verdrossen oder weinig seien, damit sie die christen-
lichen gebet und zuvor die wort, daran die tauf für-
nemlich gelegen ist, verstendiglich und ernstlich
sprechen, auf das sie nicht die umbsteenden zuhörer
zur leichtfertigkeit bewegen oder sunst ergern, sun-
der vil mer andacht und gute christliche gedanken
bewegen. Desgleichen sollen sie auch das volk, so
darbei ist, sunderlich aber die kinder darzu halten,
das sie alle leichtfertigkeit, unzucht und ergernus
vermeiden und dargegen mit andacht umb gnad,
hail, glauben und seligkeit des taufkinds bitten, die-
weil uns Christus so tröstlich zugesagt hat, was wir
in seinem namen bitten, das wöl er uns geben [Joh.
14, 13f.].
Und soliche zucht, ernst. und andacht wird on zwei-
fel folgen, nicht allein bei den kirchendienern, sun-
der auch bei den umbsteenden zuhörern, wann wir
fleißig zu herzen nemen die übermeßig groß woltat,
die uns der Vater aller barmherzigkeit aus milter
gnaden in dem sacrament der heiligen taufe durch
8 = irgend (Fischer, Herm., Schwäbisches Wörter-
buch. 4 [Tübingen 1914] 11).

unsern lieben Herrn Jesum Christum erzaigt, und des
großen hailsamen werks, das er in der kraft seines
ewigen worts alda an uns würket. Dann dardurch
werden wir geraizt, seinen heiligen, götlichen namen
zu loben, anzurufen und frei zu bekennen. Dann
nicht der diener noch kein creatur, sunder Gott sel-
ber würket alhie das ewig leben und seligkeit. Dar-
umb auch unser lieber Herr Christus Jesus befolhen
hat, nicht in unserm oder jendert8 eines heiligen
oder engels namen zu taufen, sunder im namen Gott
des Vaters und des Suns und Heiligen Gaists.
Auf das wir aber dester herzlich und ordenlicher
betrachten mögen dieses werk Gottes, sollen wir zum
ersten fleißig ansehen, in wie großem elend und jam-
mer nach anzaigung götlicher schrift wir alle sambt
gesteckt sein, darnach, wie große gnad Gott durch
unsern Herren Jesum Christum an uns erzaiget, in-
dem das er uns durch die tauf daraus erledigt, und
zum dritten, wie wir solicher gnaden der taufe alle-
zeit, sunderlich aber in der not sollen gedenken und
Gott darinnen loben und eeren.
Aufs erste
sollen wir mit hohem fleiß bedenken, das wir alle
durch die ubertretung Adams aus neid des Satans
in Gotes zorn, fluch, ungnad und vermaledeiung ge-
fallen waren und unter dem gewalt der sünden, des
tods und unter dem reich des Teufels und hellen ge-
fangen, also das wir von natur alle waren kinder des
zorns und aus allen unsern kreften, werken, übun-
gen und frümbkeit nichts vermochten, das Gott ge-
fellig, recht, gut und uns hailsam gewest were, sun-
der alles, was wir vermochten, teten oder würkten,
war aus unser verderbten natur vermaledeit, sünd-
lich und des tods wirdig, verdambt und dem Teufel
unterworfen. Dann dieweil unsere geburt aus Adam
(von dem wir zu natürlichem irdischem leben ge-
boren werden) der übertretung schuldig und von
Gott verflucht ist, also das alle menschen in ime ster-
ben und sein irdisch bild tragen müssen im sterb-
lichen leib der sünden, erfolgt, das all unser tun und
ganzes leben, so aus solicher natürlicher geburt
fleust, verdambt und vermaledeit sein muß, wie

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