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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0196
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

Ordnung des taufens.
Erstlich soll der priester fragen, wes das kind sei,
wie es haißen soll und ob es nicht jachtauft sei.
a Wann man nun befindet, das das kindlein durch
die hebammen oder jemand andern in der not oder,
wie man es nennet, jachtauft ist, sol das keinswegs
widerumb getauft, sunder der christenlichen gemain,
die sambt dem kind bei der kirchen versammelt ist,
der weise befolhen werden.
Erstlich soll der diener, aus der vorgeschrieben13
betrachtung den andern und dritten artikel ver-
lesen, und den andern also angefangen: Ir allerlieb-
sten, nemet zu herzen, wie große gnad und barm-
herzigkeit etc., den dritten aber also: Darumb sollen
wir etc. und zu ende soll er also beschließen: Sunder-
lich aber an disem seinem diener N. oder an diser sei-
ner dienerin N., den oder die er zur gnad seiner tauf
berufen und gebracht hat. Sprecht ein Vater unser!
Darnach so er das evangelion lesen und zuletzt
also beschließen: Der Herr behüt dein eingang und
ausgang von nun an bis zu ewigen zeiten! Der frid
sei mit dir! Amen. Oder aber: Der allmechtig Gott
etc., wie zu ende der taufordnung geschriben ist.a
Wann baberb das kind nicht jachtauft ist, so soll
der diener nachfolgende vermanung14 sprechen und
keinswegs aus nachlessigkeit unterlassen, es were
dann zur zeit der not, so das kind in todsgefar were;
dann in solchem fall mag er nach gelegenheit sich
halten, wie oben gnugsamlich zu versteen geben ist.
Ir allerliebsten! Ich vermane und bitt euch alle,
die ir alhie zugegen versammelt seit, aus christlicher
lieb und treu, das ir erstlich zu herzen nemen und
mit fleiß bedenken wöllet, dises treffenlich werk Got-
tes und den großen ernst, der darinnen ist und an-
gezaigt würdet. Dann aus den worten dises gebets
höret ir, sehet auch aus dem werk, wie armselig und
elend die christlich kirch dises kindlein hieher tregt
und vor Gott so bestendiglich und offenbar beken-
net, das dasselb kindlein ein kind des zorns, der sün-

a-a Fehlt 1591. b-b 1591: nun.
c-c 1591: Weiche15.
13 Siehe oben S. 175 ff.!
14 Diese Ansprache ist die lediglich in die Form einer
solchen gebrachte Vorrede Luthers zur 2.Ausgabe
seines Taufbüchleins (1526) (WA 19,537f.).

den und ungnaden sei, und darumb so herzlich umb
hilf und gnad bittet, daß es durch die tauf ein kind
Gottes werden möge. Bedenkt auch mit fleiß, das
es je nicht ein scherz oder kinderspil ist, dises christ-
lich tapfer werk zu handeln, welches dem Teufel be-
gegent und in nicht allein von dem kind treibt, sun-
der auch das kind wider ine als wider ein steten ge-
wissen feinde sein leben lang zu streiten verpflicht.
Derhalben hoch von nöten ist, mit einem starken
glauben und herzlichen vertrauen zu Gott andech-
tiglich zu bitten, das Gott der almechtig das kind-
lein nicht allein von des Teufels gewalt erledigen,
sunder auch also sterken wölle, das es dem feinde
in leben und sterben statlichen widerstand tun und
erhalten werden mög. Darumb wöllet mit fleiß auf
euch selbs achtung haben, in einem rechten glauben
allhie zu steen, Gottes wort zu hörn und andechtig
lich zu Gott zu rufen und zu bitten; dann wir je al-
hie zum gebet nicht vergebenlich, sunder aus not er-
manet werden, auf das Gott unsern ernst und ein
recht vertreulich herz erkennen mög, auch dis hoch-
wirdig sacrament durch uns dem Teufel nicht zum
spot gesetzt und Gott der allmechtig geuneert werde,
der darinnen so ein überschwenklichen reichtumb
seiner gnaden über uns schüttet, das er die tauf selbs
ein neue geburt nennet, also das wir durch dieselben
von aller tyrannei des Teufels, auch der sünden, des
tods und der hellen erlediget, kinder des lebens und
erben aller güter Gottes und miterben Christi wer-
den. Hierumb last uns umb Gottes willen soliche
überreichliche götliche gnaden nicht verächtlich,
sunder mit aller schuldiger dankbarkeit handeln,
dieweil doch dis hochwirdig sacrament der tauf unser
ainiger trost und eingang ist zu allen götlichen gü-
tern und gemainschaft aller heiligen.
Die form aber, wie man taufen soll, ist diese.
Der pfarherr oder taufer sprech:
cFar ausc, du unrainer gaist, und gib raum dem
Heiligen Gaist!
15 Anlaß und Zeitpunkt dieser Änderungen sind trotz
Kapp Joh., Beitrag zur Geschichte des Exorzismus
in den bayreuthischen Landen (Bayreuth 1791) 46,
und Groß Joh. Matth., Historisches Lexikon evan-
gelischer Jubelpriester. Supplement zum 1.Teil
(Nürnberg 1732) 109 unklar. Schon der Konsistorial-
ordnungsentwurf von 1580 (NStA Bep. 103 [Ans-

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